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Interview: Florian ist einer von 100 jungen Kommunal-Stadträten
Morgen trifft sich der Dammer SPD-Stadtrat Florian Ewald zusammen mit 99 anderen jungen deutschen Kommunalpolitikern in Berlin. Dort sollen sie gemeinsam zum Thema Nachhaltigkeit tagen und ihre praktischen Erfahrungen auf der lokalen Ebene einfließen lassen. Florian Ewald hat gerade seinen Zivildienst abgeschlossen und ist mit 20 Jahren einer der jüngsten Kommunal-Politiker Deutschlands. Im Interview mit jetzt.de erzählt er von seiner Basis-Arbeit, dem Dasein als junger Kommunal-Politiker und davon, warum er mit jungen Menschen so selten über Politik diskutieren kann Florian, du bist gerade mit dem Zivildienst fertig und schon im Stadtrat von Damme. Kannst du mal erzählen, wie man so eine steile Karriere hinlegt? Ich würde das nicht unbedingt eine steile Karriere nennen. Bei uns in Damme war es so, dass es einen sehr veralteten Stadtrat gab und irgendwann haben dann die Jugendlichen gemerkt, dass es gar keinen Vertreter für sie gab. Ich wurde dann von der SPD angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, zu kandidieren und dachte mir dann: das mache ich. Ich war schon vorher politisch sehr aktiv in der SPD und Kreisvorsitzender der Jusos in Vechta. Und als ich dann kandidierte, wurde ich mit einer großen Mehrheit gewählt. Wie viel Zeit musst du für deine Arbeit als Stadtrat investieren? Es gibt da keinen vorgeschriebenen Stundenplan und ist, je nach Sitzungsperiode, sehr unterschiedlich. Pro Jahr gibt es sechs Sitzungsperioden. Ich bin in zwei Ausschüssen Mitglied und habe sechsmal im Jahr jeweils vier Sitzungen. In diesen Sitzungswochen arbeite ich pro Woche gut zehn bis dreizehn Stunden mit allem Drum und Dran. Aber zwischen diesen Perioden gibt es Zeiten, in denen gar nichts los ist und ich nur mal von Bürgern auf die Arbeit angesprochen werde. In welchen Ausschüssen bist du? Ich bin im Ausschuss für Schule, Jugend und Soziales, sowie im Planungs- und Umweltausschuss.
Florian Ewald Bild: privat Warum engagierst du dich in der Lokal-Politik? Das Schöne an der Arbeit auf Kommunal-Ebene ist, dass man unmittelbar davon profitiert, wenn man etwas beschlossen hat. Alles passiert vor Ort und man hat die Möglichkeit, seinen Wohnort so zu gestalten, wie man möchte und sich einsetzen kann. Bei uns geht es zum Beispiel gerade darum, dass unsere Hauptschule stark an Schülern verliert und sie vielleicht schließen muss. Jetzt kann man darauf hoffen, dass sich das Problem von selbst wieder löst und demnächst wieder mehr Schüler an die Hauptschule kommen, oder man überlegt sich etwas anderes. Wir setzen und dafür ein, eine Kooperation mit der Realschule hinzukriegen und streben einen integrativen Unterricht und gezielten Leistungsunterricht an. Bei dem Beispiel kann man meiner Meinung nach sehr gut sehen, dass wir direkt etwas für die Jugendlichen vor Ort unternehmen können.
Bist du als jüngstes Ratsmitglied arg auf „jugendliche“ Themen abonniert? Gar nicht so unbedingt. Wenn jugendliche Themen auftauchen, bin ich schon an vorderster Front dabei, aber weil ich eben 20 bin und mich für diese Themen interessiere. Ich mische mich aber durchaus auch bei anderen Themen ein. Wie groß ist der Altersunterschied zu deinen Kollegen? Wir sind momentan zwei jugendliche Vertreter. Ich bin 20, die Nächste ist 27, und der danach ist dann schon gut Mitte 40. Du fährst morgen nach Berlin zum Treffen der 100 jüngsten Kommunalpolitiker, um über Nachhaltigkeit zu sprechen. Was versprichst du dir von diesem Treffen? Ich hoffe sehr, mit vielen anderen jungen Kommunalpolitikern zu sprechen, weil man so selten Gleichgesinnte trifft. Und zusammen mit denen zu überlegen, wie man nachhaltige Politik machen kann. Aber auch abseits von dem Thema Nachhaltigkeit hoffe ich sehr, mich mit den anderen auszutauschen. Dafür gibt es nämlich sehr wenige Möglichkeiten. Ab und zu trifft man mal auf Partei-internen Veranstaltungen ein paar andere junge Politiker. Aber das ist viel zu selten und geht auch fast nie in die Tiefe. Wo betrifft dich das Thema Nachhaltigkeit in deiner Arbeit als Stadtrat? Vor dem Treffen in Berlin sollte jeder der Teilnehmer ein Beispiel für nachhaltige Politik aus seiner Kommune erarbeiten, um es dann auf der Konferenz vorzustellen. Ich habe mir dafür als Beispiel einen landwirtschaftlichen Betrieb bei uns ausgesucht, den wir umgesiedelt haben. Das Problem war, dass durch die Emissionen der Schweine- und Rindermast in der Nachbarschaft des Betriebs kein Gewerbe-Gebiet entstehen konnte. Wir haben den Betrieb dann umgesiedelt, auch wenn der Protest und die Kosten erheblich waren. Diese Maßnahme ist für mich ein Beispiel für Nachhaltigkeit, weil wir da etwas gemacht haben, das uns jetzt finanziell stark belastet. Aber in 20 Jahren, wenn von den Ratsmitgliedern vermutlich keiner mehr auf seinem Posten sitzen wird, kommt durch die Ansiedlung von Gewerbe das Geld wieder rein. Bist du in deinem Freundeskreis eigentlich der Einzige, der sich politisch engagiert? In dem Maße – auf jeden Fall. Es gibt schon immer mal wieder Jugendliche, die sich in den Jugendorganisationen der Parteien engagieren, aber fast immer eher passiv als Konsumenten. Bisher habe ich in meinem Freundeskreis noch niemanden getroffen, der so viel macht wie ich. Frustriert es dich manchmal, dass es so wenig junge Menschen gibt, die sich dafür interessieren? Ich würde mir vor allem wünschen, wenn ich mit Jugendlichen in meinem Alter diskutieren könnte und die sich auch auskennen würden. Ich erlebe es meistens, dass kaum Wissen vorhanden ist, sondern eher Meinungen und Ansichten wiedergegeben werden, die sie zum Beispiel von ihren Eltern gehört haben und sie fast nie das Wissen haben, um fundiert zu diskutieren.