- • Startseite
- • Interview
-
•
„Ich kriege mich selbst nicht mit“
Leslie Clio, in einer Presseinformation wirst du als „Prototyp einer neuen Art von Künstlerin“ beschrieben. Weißt du, was der Autor damit meint?
Nicht wirklich (lacht). Vielleicht, dass ich etwas neu zusammen gewürfelt habe. Denn auch wenn ich eine soulige Stimme habe und mit meiner Musik in die Winehouse-Duffy-Adele-Richtung gehe, sind meine Produktionen doch etwas dunkler. Dazu mein Look - vielleicht ist das zusammen für den Autor der Prototyp einer neuen Art von Künstlerin.
Wann hast du denn gemerkt, dass du eine Künstlerin bist oder zumindest mal eine werden willst?
Also Sängerin bin ich schon immer. Klingt ein bisschen pathetisch, aber ich glaube, ich bin zum Singen auf die Welt gekommen.
Wie kommst du darauf?
Meine Mama meint, ich habe schon vor dem Sprechen gesungen. Und als Kind habe ich immer Bilder von Sängerinnen auf Bühnen gemalt.
So prinzessinnenmäßig?
Nee, so sängerinnenmäßig (lacht).
Hattest Du auch schon früh eine Sängerin als Vorbild und wolltest genau so sein wie sie?
Mein erstes richtiges Idol war Lauryn Hill. Ihre Platte kam raus, als ich 13 war. Ich erinnere mich noch, dass ich in der Schule meine Stifte und Dosen mit Bildern von ihr voll geklebt habe.
Was war so toll an ihr?
Alles. Die Stimme, die Texte, die Musik. Aber auch sie als Person.
Und heute? Noch Vorbilder?
Nein, heute nicht mehr. Es gibt niemanden, wie die oder wie der ich unbedingt sein will.
Vielleicht aber jemanden, wie die oder wie der du unbedingt nicht sein willst?
Nein, solche bösen Gedanken habe ich nicht.
Und die Musikindustrie? Keine Angst vor diesem Haifischbecken?
Nein, gar nicht. Wenn man sich ganz für etwas entscheidet, gibt es immer auch eine Kehrseite. Es gibt dann nicht nur Gutes, sondern auch Schlechtes. Und wenn man mit der Musikindustrie herum fuchtelt, wird das vielleicht noch etwas offensichtlicher als im privaten Bereich. Man liefert sich ein Stückweit aus, aber das gehört zu diesem Beruf eben dazu.
So richtig glücklich klingt das nicht.
Doch, noch ist mir ja nichts passiert. Eine persönliche Kehrseite gab es noch nicht. Mir wurde bis jetzt in nichts reingeredet, weder was die Musik betrifft, noch mich als Person. Ich durfte immer so sein, wie ich bin. Mit meiner Plattenfirma bin ich sehr zufrieden. Die macht ja auch mehr als ich als einzelne Person machen könnte. Ich kann nur jeden Tag meine Übungen machen, viel Sport, meine Stimme ölen, gut drauf sein und gute Konzerte abliefern. Aber die Vermarktung muss ich in andere Hände legen. Und da ich bei einer großen Plattenfirma bin (Universal Music; Anm.d.Verf.), stehen die Weichen auch schon mehr auf Erfolg, als wenn ich jede Nacht mit der Klampfe auf der Oberbaumbrücke stehen würde. Was ich auch schon gemacht habe.
Was bedeutet für dich denn Erfolg?
Ich bin jetzt schon glücklich. Ich finde es toll, dass meine Musik so gut ankommt. Dadurch habe ich die Chance, ganz viele Konzerte zu spielen. Und natürlich zu singen.
http://www.youtube.com/watch?v=t2aQiun69M4
Dein Song „Told You So“ läuft seit Wochen auf allen Kanälen. Neulich bist du damit sogar im ARD-Morgenmagazin aufgetreten. Macht der schnelle Erfolg irgendwas mit dir? Verändert der irgendwas?
Nein. Ich habe mein Lied auch noch gar nicht selbst im Radio gehört.
Dann hast du den ARD-Morgenmagazin-Moderator aber angelogen, als du ihm sagtest, du hättest dich sehr gefreut, als du „Told You So“ zum ersten Mal im Radio gehört hast.
Das war ja live, da musste ich schon mal so was sagen. Ich habe den Song aber wirklich noch nie im Radio gehört. Ich höre kaum neue Musik und kriege mich dementsprechend auch selbst nicht mit.
Wieso keine neue Musik?
Ist nicht meine Welt. Ich höre viel alte Musik. Die Musikgeschichte ist so unerschöpflich, auch im Rückwärtsgang. Ich entdecke immer wieder Künstler, die ich noch nicht kannte. Manchmal frage ich mich auch, warum manche von denen total berühmt wurden, und manche gar nicht, obwohl sie eigentlich noch brillanter waren. Lag wahrscheinlich auch an der unterschiedlichen Vermarktung. Mal sehen, wie es in 20 Jahren aussehen wird. Man kann ja jetzt schon alles im Internet machen.
Wie findest du das?
Finde ich gut. Für musikinteressierte Menschen ist das Internet ja ein wahrer Himmel. Aber es kann eben auch jeder Idiot im Internet über einen schreiben. Damit muss man leben.
Text: erik-brandt-hoege - Universal