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"Ich genieße es, ich selbst zu sein" Liam Gallagher im Interview
Wie hast du die Planung für das neue Album empfunden? Liam Gallagher: Nein, wir planen nichts, man. Wir machen einfach Musik. In Abbey Road. Das wars. Musik machen. Ich dachte man hat euch verboten in den Abbey Road Studios aufzunehmen? Liam: Nein, nicht verboten. Einmal haben sie uns gesagt wir sollen abhauen, wenn du verstehst was ich meine. Aber, ähm, sie haben uns wieder rein gelassen. Nein, man, wir planen sowas nicht. Wir machen einfach nur Musik. Und wie entscheidet ihr…? Liam: Wir haben immer Songs. Wir sitzen nicht rum und sagen „Okay, wir schreiben jetzt eine neue Platte”. Die beschissenen Songs sind schon geschrieben. Die neue, nächste Platte ist schon fertig. Wir sind unserer Zeit immer voraus, verstehst du? Darum, yeah, wir haben ´ne Menge Songs. Für die auf dem neuen Album haben wir uns entschieden, weil sie gut zusammen passen.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Liam bei der Arbeit: Auf die Bühne geht er wie andere in den Job. Am liebsten ist der Oasis-Sänger mittlerweile Zuhause. Wie kommt es zu der Entscheidung: „Jetzt fangen wir an aufzunehmen“? Liam: Naja, ich hab unser Küken (gemeint ist sein Bruder Noel) angerufen und gesagt: „Lass uns eine neue Platte machen“. Er sagte „Alles klar.“ Ich meinte „Machen wir es in Abbey Road“, er sagte „Ich will es nicht in Abbey Road machen“, dann sagte ich „Ich mach es verdammt noch mal in Abbey Road, bis dann“, Er wollte dort nicht aufnehmen, Er wollte wieder genauso bescheuert faulenzen, wie wir es beim letzten Mal gemacht haben Wieviele deiner eigenen Songs hast du eingebracht? Liam: Wir haben fünf von mir aufgenommen, drei sind auf dem Album und zwei auf der B-Seite. Und du hast immer noch ungefähr vierzig zu Hause? Liam: Wahrscheinlich. Ich hab 'ne Menge Songs. Manche sind fertig. Manche nicht. Manche werden vermutlich nie fertig. Aber sie sind gut, man. Und ich habs' nicht eilig. Entweder es passiert oder es passiert nicht. Ich lauf nicht rum und rauf mir die Haare “Verdammte scheiße, ich bin nicht fertig!” Musik sollte nicht erzwungen sein: Wenn es klappt, klappt es. Wenn nicht, dann nicht. Beides ist okay für mich. Trotzdem scheinst du es immer mehr zu genießen, Songs zu schreiben. Liam: Naja, ähm, ich genieße es ich selbst zu sein. Und ich bin gern ein Teil einer Band. Und all das. Ich würde nicht sagen, ich genieße es – es ist einfach so. Ich mach das nur, weil ich das halt mache. Ich schaue fern, habe eine Gitarre im Zìmmer und spiele. Wenn ich merke es könnte mehr daraus werden, wenn ich etwas spüre, nehme ich auf. Hast du mehr Spaß daran, seitdem du nicht mehr soviel Ärger mit Schlagzeilen und dem ganzen Zeug hast? Liam: Ohne jeden Zweifel, ich freue mich, nicht mehr die ganze Zeit in der Presse zu sein. Ich freue mich, dass keine bescheuerten Idioten mehr irgendeinen Scheiß über mich schreiben, ganz klar. Das war nicht das, was ich wollte. Aber ich verstehe schon, wenn ich raus gehe und irgendeinen Scheiß baue, dass die dann drüber schreiben werden. Deshalb versuch ich nicht mehr raus zu gehen. Ich bleibe einfach daheim. Hat es dir nicht auch ein bisschen Spaß gemacht, die Leute zu ärgern und die Reaktionen abzuwarten?. Liam: Ich bin gerne bei Oasis. Immer noch gerne. Aber ich hatte Spaß auch bevor ich in einer Band war. Es war nicht so, dass ich mir automatisch dachte, wow, ich bin in einer Band, ich benehme mich jetzt wie ein absoluter Vollidiot. Ich war davor schon einer. Ihr macht jetzt Musik auf einem anderen Level, seid nicht länger die größte Band innerhalb einer Trendwelle. Ihr seid populär genug, um machen zu können was ihr wollt, völlig unabhängig vom aktuellen Trend. Beeinflusst euch das? Liam: Ähm, inwiefern? So… Liam: Das Ziel ist dasselbe. Wir wollen die verdammt größte Band der Welt sein. Offensichtlich sind wir es nicht, und darüber bin ich mir im Klaren. Mir egal, solange wir die verdammt Besten sind. Und ich weiß, dass wir das sind. Wir sind die Besten und die Größten in England. Die Welt ist riesig. Wir haben genügend Zeit auch das zu regeln. Aber wir sind viel größer, als die Leute meinen. Auf der nächsten Seite: Liam erklärt, was er unter Erfolg versteht, warum er sich ein paar Sachen von seinem Sohn abschauen will und was er morgens um sechs im Park macht.
Euer letztes Album war ziemlich erfolgreich… Liam: (abschätzig) Es war nicht so erfolgreich, hätte besser sein können. Aber das Ziel ist nicht, erfolgreicher zu sein, sondern immer weiter Musik machen zu können. Und wenn es Leuten nicht gefällt? Bring sie dazu, dass es ihnen verdammt noch mal gefällt. Kümmere dich nicht darum, ob du angesagt bist oder nicht. Wir waren sowieso nie eine Modeerscheinung. So wollte ich das auch sagen. Ihr ward mal Mode, in den Britpop Jahren, aber jetzt seid ihr ein Genre und könnt machen was ihr wollt. Liam: Wir sind keine trendy Band. Alle haben immer gesagt wir wären bescheuerter Retro oder so eine beschissene Sparten-Sache der 60er Jahre, aber was ist denn Trend? Fans ist Trend egal.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Wie kam es deiner Ansicht nach zu dem Einfall, weniger Gitarren und mehr Mellotron mit auf das Album zu nehmen?
Liam: Ich weiß nicht, es kam einfach dazu. Ich glaube mich zu erinnern, dass Noel sagte er wolle mehr eine „groove-fucking-based“ LP machen. Ich habe damit nichts zu tun. Für mich ist es einfach eine weitere Oasis Platte. Nur, dass die Songs besser sind. Wir gehen absolut in die richtige Richtung.
Es gibt auf der CD einige fantastische Grooves..
Liam: Yeah. So ist es, man! Aber trotzdem bin ich nie an die Sache heran gegangen mit dem Gedanken „Wie machen eine anders klingende Platte“. Die Songs sind einfach verdammt gut. Wenn sie das nicht wären, gäbe es keine Platte. Verstehst du?
Wie regelt ihr das unter euch, wessen Songs auf die Platte kommen?
Liam: Keine Ahnung, wie wir das geklärt haben. Klar, Noel hätte das ganze verdammte Album schreiben können, er hat haufenweise Songs. Er hat sich dann einfach für sechs von sich entschieden, für meine drei und jeweils einen von den anderen.
Gibt es Bands, die du zur Zeit gut findest?
Liam: Mhm. Ich mag Kasabian. Die machen gute Musik, ich glaube die werden klassische Roch'n'Roll Musik machen. Ich mag die Typen. Menschlich. Die haben es drauf, finde ich. Mir gefällt die spezielle Stimme von Kings of Leon. Das wars.
Hörst du daheim immer noch die gleichen Sachen, Beatles?
Liam: Oh ja. Naja, ich höre nicht wirklich Rock Musik. Wenn ich es tue, du weißt schon, dann diese Musik. Ich höre überhaupt nichts Modernes. Ich höre weder Rap noch Dance.
Ich habe euch bei den Proben in den Black Island Studios gesehen. Du hattest deinen Sohn Gene dabei. Er hatte offensichtlich ziemlich viel Spaß.
Liam: Oh ja, ihm gefällt das sehr. Gestern war er mit mir hier. Heute wollte er auch kommen. Aber dann kommt man zu nichts, weißt du. Er hat viel Spaß dabei. Er ist ein guter Junge.
Er war sehr brav als er da auf dem Stuhl neben deinem Mikrofon saß.
Liam: Oh ja, ja. Kann man sich was abschauen, man.
Würdest du versuchen ihm davon abzuraten, wenn er das gleiche machen wollen würde wie du?
Liam: Nein, würde ich nicht, nein. Er soll machen was er will. Wenn er 'ne Ballerina sein will, kann er eine Ballerina sein, man. Wenn er bei Oasis sein will oder irgendeiner Band kann er das machen. Mir scheiß egal. Er ist mein Junge und kann machen, was immer er möchte. Und ich werde ihn unterstützen.
Erzähl mal: Wie verläuft ein typischer Tag von dir?
Liam:
Mein Tag? Ich stehe um 6 Uhr früh auf, gehe jeden Tag 8 Meilen joggen. Heute war ich nicht, aber werde es später noch tun.
Verarschst du mich?
Liam: Ich verarsch dich nicht.Ich steh da voll drauf! 6 Uhr an jedem verfluchten Morgen. Ich bin für etwa eineinhalb Stunden unterwegs, wenn die Kinder für die Schule fertig sind, bringe ich sie hin, gehe heim, schaue fern, relaxe, frühstücke, erledige Krimskrams - so schaut’s aus. Ich bleibe immer in der Nähe des Hauses. Ich gehe nie weiter weg.
Das Oasis-Album "Dig out your Soul" ist bereits erschienen. Es erreichte auf Anhieb Platz eins der britischen Charts.
Text: hanspeter-kuenzler - Fotos: AP, Übersetzung: natalie-berner