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„Humor ist wie große Möpse“

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Caro Kornelis Videos als Außenreporterin in der NDR-Satiresendung „Extra3“haben sich zum Youtube-Dauerbrenner entwickelt. Auf der Straße lässt die 30-Jährige von der „religiösen Verblendung“ Apple abschwören und verhandelt mit der „Radikalen Terror Liga“ RTL wegen der Geiselnahme „der gesamten deutschen Unterschicht“ im „Dschungelcamp“. Sie schafft es, dass die Leute bedenkenlos zustimmen, ob sie nun behauptet, dass Guttenberg „die Massen wie kein anderer Politiker seit den dreißiger Jahren begeistert“ oder dass man linke Abgeordnete unbedingt abhören muss. Vor der Zeit beim NDR war Caro Korneli Außenreporterin im Team von Harald Schmidt und wurde für die  Fernsehsendung „TV Helden“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Neben den Clips für „Extra3“ schreibt sie gerade an einem Buch, macht eine Kolumne und zwei Sendungen bei Radio Fritz und kümmert sich um ihre beiden Kinder.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
Caro Korneli schafft es, dass Passanten und Politiker sich selbst entlarven. 

jetzt.de: Wir kennen dich vor allem als Reporterin in der NDR-Satiresendung „Extra3“. Wie funktioniert Satire?

Caro Korneli: Du willst ja wirklich von mir wissen, wie Satire funktioniert. Da hast du mich kalt erwischt. Bekomme ich einen Telefon-Joker?

Leider nein.

Es gibt bestimmt eine richtige Definition dafür, aber bei „Extra3“ funktioniert es so, dass wir auf einen Missstand zeigen und den so stark überhöhen, dass jedem auffallen muss, dass hier was nicht stimmt.

Wie sieht das konkret aus?

In der Sendung gestern ging es um die Überwachung von 27 Abgeordneten der Linken durch den Verfassungsschutz. Wir haben das Thema einfach umgedreht und gesagt, dass der Verfassungsschutz die Linken natürlich beobachten muss, weil die ja wahnsinnig gefährlich sind. Dann sind wir durch die Stadt gelaufen und haben Beweise dafür gesucht, dass die Linken überall sind – und natürlich auch gefunden. Ich sage nur so viel: Auch das Internet ist komplett infiltriert. Alles voller Links. Bei Günther Jauch war ein CSU-Heini, der in seiner schneidigen Politiker-Manier ganz ernsthaft gesagt hat, die Linken seien echt gefährlich. Das ist dann ein Fall von Real-Satire. Der hat das richtig ernst gemeint.

Willst du mit Satire Kritik üben?

Mit Satire kann man ganz toll Sachen, die nerven, anprangern. Ein Film war ziemlich beliebt, da waren wir bei der CDU-Medianight. Dass ich wirklich einen CDU-Politiker dazu gebracht habe, sich selbst zu entlarven, dass er keine Ahnung von seinem eigenen Metier hat, ist einfach großartig. Ich habe gemerkt, dass ich durch geschicktes – oder eher dämliches – Fragen die Leute dazu bringe, sich selbst total zu blamieren.

Damals hast du bierernst den Kulturstaatsminister Bernd Neumann gefragt, was die CDU dagegen tut, wenn bald das Internet voll ist.

Wenn er ein bisschen smarter gewesen wäre, hätte er gelacht oder gesagt „Jaja, deine Mudder“. Hat er aber nicht.

Dämliche Fragen sind schon irgendwie dein Markenzeichen, oder?

2004 habe ich meine ersten Straßenumfragen für MTV gemacht, schon damals wollte ich als mein Markenzeichen etablieren, dass ich die Leute nicht bösartig vorführe. Natürlich kommt es vor, dass einer ein bisschen dumm aussieht, das ist dann aber wie im Fall von Bernd Neumann wirklich auf seinem eigenen Mist gewachsen. Wenn man ganz dumme Fragen stellt, sieht man dabei selbst ein bisschen dumm aus und stellt sich nicht über die Leute, das mag ich ganz gerne. Richtig gemein verarscht oder hinterher noch blöd kommentiert habe ich noch nie. So wie die Interviews geführt werden, werden sie auch immer ausgestrahlt. Ich muss da sehr vorsichtig sein. Ich lebe ja auch davon, dass Leute manchmal lustig aussehen.

Deine Videos über Dschungelcamp sind schon richtige Klassiker von dir. Sobald diese Themen wieder in den Medien sind, werden deine Videos wieder auf Facebook verlinkt. Wie erlebst du das?

Ah toll, das war mir nicht bewusst, aber auf Youtube hat der Ruhm auch etwas Nachhaltiges. Wenn die Frau von Jürgen Drews in einer Fernsehshow ihre Dinger auspackt und Muttermilch rumspritzt, dann haben das nicht einfach bloß 200.000 oder 300.000 Leute im Fernsehen gesehen. Nun sollte man seine Muttermilch am besten gar nicht ins Fernsehen bringen, aber auf Youtube kann man das wie in einem Fotoalbum immer wieder ankucken.

Machst du das manchmal?

Ja, schon.

Was hältst du für dein gelungenstes Video?

Das war noch bei Harald Schmidt, da habe ich „Jingle Bells“ auf den Glocken der Chippendales gespielt, die waren von hinten zu sehen und ich war der Dirigent, immer wenn ich auf einen gezeigt habe, musste der mit dem Po wackeln. Hinterher haben sie dann so ein Klingeln drauf gelegt, als ob seine Eier klingeln. Das fand ich sehr schön. Ich mochte bei Harald Schmidt auch mein Video mit der Jugendsprache sehr gern. Da war ich auf der Jugendmesse und habe die Leute in Jugendsprache interviewt. Da ist mir der regierende Bürgermeister von Berlin ins Messer gelaufen, das ist mir seitdem nicht mehr gelungen. Der hat genau das gesagt, was ich hören wollte. Ich habe ihn gefragt, „welche Emotions gerade sein mind moven, ob er sich flowing, chilling oder depressing“ fühlt. Er sagte „moving“.

Liest du auch die Kommentare auf Youtube?

Nicht mehr. Jeder wird ja gerne gelobt, manchmal stehen da aber so gemeine Sachen, das ist mir das Gelobtwerden nicht wert. Wir haben so einen Kommentierungswahn, jeder kommentiert alles und kann immer alles besser.

 

Wie gehst du mit so einer Kritik um?

Manchmal haben die User auch Recht, da fällt ihnen was auf, was stimmt, das würde ich mir auch zu Herzen nehmen. Aber ich lese es ja nicht mehr. Reagieren fänd’ ich uncool. Ich probiere eher, die Kritik umzusetzen, als jemandem die Genugtuung zu geben, zu schreiben, „Ja, Schnecki667, ich bin voll der Loser, du hast Recht.“

 

Einmal hast du Westerwelle bei einem Auftritt gefragt, wie viel Milch zwei Kühe in einer Woche geben, wenn sie an einem Tag fünf Liter geben. Danach wurdest du aus dem Raum geschickt. Da wirst du nicht mehr eingeladen, oder?

Bei so offiziellen Veranstaltungen der FDP, wo man sich mit vollem Namen akkreditieren muss, wahrscheinlich nicht mehr so schnell. Aber es gibt Schlimmeres. Ich muss auch sagen, ich habe noch keinen drangekriegt, den ich richtig cool fand. Na gut, ich habe eine heimliche Verehrung für die Kanzlerin. Aber das darf ich nicht so laut sagen.

 

Das musst du schon genauer erzählen.

Ich bin weiß Gott kein CDU-Wähler, aber wenn sie in der Nähe ist, bekomme ich immer so ein ganz sicheres Gefühl, das mag ich. Wenn sie auf der Bühne ist und weiß, das ist ihre Bühne, dann hat sie so eine ganz coole Art, mit ihrem Ruhm umzugehen. Mittlerweile weiß sie, dass sie eigentlich ganz beliebt ist und ich sehe ihr gern zu, wenn sie sich dann so wohlfühlt. Und den ein oder anderen Gag rauslässt.

 

Würdest du sie dann nicht drankriegen wollen?

Doch, wenn ich die Möglichkeit hätte, ihr für „Extra 3“ ein gutes Zitat zu entlocken, dann würde ich das natürlich machen. Habe ich auch schon, und auch da war sie viel souveräner als Guido Westerwelle, wo ich gar nicht mehr im Raum bleiben durfte.

 

Wie war das mit Angela Merkel?

Die Kanzlerin war in der Hip-Hop-Academy in Hamburg Billstedt und ich habe sie gefragt, was ihr besser gefallen hat, die „tighten Beats, die derben Skills oder die freshen Flows“. Sie hat geschmunzelt und gesagt, dass ihr alles wunderbar gefallen hat und sie hier gelernt hat, "dass auch die, die nicht so ein tolles Talent haben, herzlich aufgenommen werden", was im Video einfach lustig war. Hinterher hat sie sich fast totgelacht.

 

Du bis oft im Fernsehen und ständig online zu sehen. Bist du eitel?

Schon. Bei den Straßenumfragen geht es mir ganz oft so, dass nur der Interviewte im Bild war und von mir sieht man nur die Nase. Oft ist von mir minutenlang nur meine Nase im Bild. Vielleicht ist es einfach schwer, meine Nase rauszuhalten, das weiß ich nicht, ich bin ja kein Kameramann. Mit 13 oder 14 hat mich meine große Nase gestört. Aber da war mein Gesicht noch viel kleiner, aber meine Nase war schon so groß wie sie jetzt ist. Das sah schon ein bisschen komisch aus.

 

Bist du privat auch lustig oder ist es schon anstrengend genug, beruflich immer lustig sein zu müssen?

Ich bin schon gern lustig, nur manchmal ist es anstrengend, wenn man Leute trifft, die dann meinen, ich muss lustig sein. Hast du „Findet Nemo“ gesehen?

 

Ja.

Nemo und sein Papa sind ja Clownfische. Als der Papa seinen Sohn verliert, ist er ganz durch den Wind, da halten ihn ein paar andere Fische auf und sagen „Du bist ein Clownfisch, sei lustig!“. Da kann mich gut hineinversetzen. Ich meine, wenn ich jetzt für meine riesengroßen Möpse bekannt wäre, würde ich sie vielleicht nicht immer jedem zeigen, aber ich würde sie die ganze Zeit mit mir herumtragen.

 

Ein interessanter Vergleich.

Humor ist wie große Möpse. (lacht) Ich hätte gern größere Brüste, fällt mir dabei ein. Ich habe halt den Humor.

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