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Hatten Sie schon einen Orgasmus? Dania studierte den Sex der Schweizer

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Wie kommst du dazu, eine riesige Studie über das Sexualverhalten der Schweizer anzufertigen? Aus persönlichem Interesse, in Gesprächen mit Freunden. Ich habe gemerkt, dass Sex nur so lange ein Thema ist, wie die Beziehung neu ist. In längeren Beziehungen ist er nicht mehr so ein Thema und wenn es Schwierigkeiten gibt gar nicht mehr. Mir ist auch aufgefallen, dass im Gespräch sehr schnell eine Schamgrenze erreicht ist. Aber eher, wenn es um das „Normale“ geht. An der Uni habe ich ein Seminar über Sexualstörungen gehabt und in Gesprächen ist schnell das „Spezielle“ ein Thema. Aber der „normale“ Sex geht unter. Was wolltest Du von den Schweizern wissen? Ich wollte wissen: Was ist das Normale? Was macht Herr und Frau Schweizer? Ich wollte ein ganzes Bild, in dem alles dargestellt ist - von Orgasmus über Verhütung über Wohlbefinden in der Partnerschaft. Wie sah dein Fragebogen aus? Je nach dem, ob man manche Fragen mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortete, hat es kürzer oder länger gedauert, die Fragen zu beantworzen. Je nach dem, welche Erlebnisse man gemacht hat, kam man auf ungefähr 100 Fragen, plus minus. Was wolltest Du wissen? Erster sexueller Kontakt? Hatten Sie schon einen Orgasmus? Wie wichtig ist der für Sie? Wie wohl fühlen Sie sich in der Partnerschaft? Haben Sie beim ersten Verkehr verhütet? Wenn ja: Wie? Haben Sie schon mal einen sexuellen Übergriff erlebt?

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Dania Schiftan. (Foto: privat) Die Ergebnisse sind unter anderem, dass Paare ein- bis dreimal die Woche Sex haben, dass fast alle Männer onanieren oder dass mehr als 50 Prozent der Frauen vor dem 16. Geburtstag sexuelle Erfahrungen machen. Das klingt - normal. Haben dich diese Ergebnisse überrascht? An sich - nein. Die ähneln den gängigen Zahlen. Es gibt aber auch traurige Ergebnisse: Ein Fünftel hat Vorbehalte gegenüber Homosexualität. Und relativ viele Frauen haben Übergriffe sexueller Art erlebt. Wieviele? Ein Viertel. Aber wir haben den Schweregrad nicht erhoben. Darunter kann auch ungewolltes Berühren in der Tram-Bahn fallen. Wieviele Männer haben das angekreuzt? Sechs Prozent. Gut 30 Prozent der Männer und gut 40 Prozent der Frauen geben an, sie würden sich "nicht ausschließlich als heterosexuell" bezeichnen. Knapp 20 Prozent der Frauen und Männer hatten bereits einmal homosexuelle Kontakte ... Das ist nicht ungewöhnlich. Die Zahlen decken sich mit anderen Untersuchungen. Und grundsätzlich kommen bei Frauen viel häufiger irgendwelche Kontakte vor: Frauen sind offener und Männer haben schneller Angst vor Stigmatisierung. Frauen berühren sich in unserem Kulturkreis ja auch in der Öffentlichkeit viel häufiger. Wie hast Du deine Fragebögen bekannt gemacht? Erst habe ich sie an sehr viele Freunde geschickt und die haben sie weitergeschickt. So sind über 1.000 Bögen zurückgekommen. Soviel? Ja, die Bereitschaft war groß, das weiterzugeben. Die Kritik an den Fragen habe ich umgesetzt und die zweite Version des Bogens – genauer gesagt den Link zu der Internetseite mit den Fragen – an verschiedene Medien geschickt. Gut zwei Monate lang konnte man dann online den Bogen ausfüllen. Wieviele Leute haben mitgemacht? 15.000. Soviele hättest Du früher, ohne Internet, wohl nicht zusammen bekommen, oder? Ja, aber die waren nicht vollständig. Für die Arbeit haben wir gut 6.500 ausgewertet. Unter anderem gab es im Schweizer Fernsehen eine Sendung zu deiner Studie. Wie waren die Reaktionen? Die Leute waren durchweg sehr positiv gestimmt. Auch von professioneller Seite gab es Lob. Konkret rausgeschaut hat aber noch nichts. Was hätte rausschauen sollen? Finanzielle Zuwendung. Ich würde gerne zu dem Thema promovieren – man kann daraus noch viel mehr machen. Die Betreuung und Zusicherung des Instituts ist auch vorhanden. Aber mit dem lieben Geld ist es schwierig. Weil es in der Schweiz mit der Sexualforschung noch nicht so weit her ist? Das gibt es in der Schweiz noch verhältnismäßig wenig - in Deutschland zum Beispiel gibt es in dem Bereich in der Forschung viel mehr Stellen. Ich persönlich glaube, die Schweiz hat in der Beziehung noch viel Bedarf.

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