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Get Well Soon: „Ich schlüpfe da in eine Rolle“

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Der Titel deiner neuen Platte bedeutete übersetzt „Ärgernisse“, und du sagst, es handelt sich hierbei um deine „Reibung an der Welt“. Ganz schön große Worte. Auf jeden Fall, aber die sind ja auch ein bisschen aus der Verlegenheit heraus entstanden, dass ich dem Ganzen einen Namen geben musste. Und es ist ja auch Lyrik, was ich da mache, deshalb wollte ich es auch lyrisch formulieren. „Reibung an der Welt“ muss aber gar nichts Großes sein. Es kann auch einfach nur bedeuten, dass sich jemand an einem anderen Menschen reibt. Oder dass der Kabelanschluss nicht funktioniert. Es geht in den Songs um Stoizismus. Was heißt für dich denn emotionale Selbstbeherrschung? Die Themen entstanden aus meiner Überlegung, dass es eigentlich relativ wenig wert ist, sich darüber aufzuregen. Es geht darum, seine Emotionen nicht für falsche Dinge zu verschwenden. Man sollte damit haushalten. Viele Songs sind wieder sehr melancholisch und traurig. Ist diese Stimmung einfach in dir drin – oder kannst du Melancholie auf Knopfdruck entstehen lassen? Da ich in letzter Zeit viel Auftragsarbeit gemacht habe, kann ich sagen, dass Musikschreiben auf Knopfdruck tatsächlich funktioniert. Aber ich kann nicht auf Knopfdruck eine Stimmung erzeugen. Wenn ich das Album höre, weiß ich auch nicht so genau, wo diese Stimmung jetzt herkommt. Das ist ja das Interessante dabei, wenn man Musik macht: Man sitzt nicht komplett am Steuer. Das ist ein Akt, bei dem man Dinge zu Tage fördert, die sonst vielleicht nicht entstehen würden. Man trägt ja nicht ständig seine Seele im Gesicht herum. Das hat dann wieder etwas Therapeutisches: Wenn ich diese melancholischen und düsteren Dinge beim Musikmachen veräußere, dann geht’s mir halt auch besser. Ich schreibe mir das sozusagen von der Seele. Ich würde mich aber nicht als tiefmelancholischen und traurigen Menschen bezeichnen. Ich würde schon sagen, dass ich auch Humor habe. Als Mensch bin ich vielleicht gerade nicht melancholisch, weil ich das in der Kunst auslebe. Ich schlüpfe da in eine Rolle, das passiert einfach. Ich konsumiere selber auch ernstere Musik, tendenziell lese ich auch ernstere Bücher. Und dann kommt das dabei raus. Was denn so für ernste Bücher? In letzter Zeit habe ich ein paar Bücher von Joseph Winkler gelesen. Der schreibt fast ausschließlich über den Tod. Ich glaube, das hat mich beschäftigt und auch fasziniert, und das musste ich dann wohl wieder veräußern. Melancholie ist ja nicht nur traurig, sondern auch romantisch. Bist du auch romantisch? Das hat dann vielleicht eher etwas mit dem Epochenbegriff von der Romantik zu tun. Es ist eher Nachdenklichkeit. Ich bin auf jeden Fall ein nachdenklicher Mensch, tendenziell auch besorgt. Machst du manchmal melancholische Musik, um Mädchen zu beeindrucken? Nein, gar nicht. Selbst wenn: Es funktioniert nicht so richtig. Weibliche Groupies gibt’s bei mir nicht. Trauen sich die Mädchen vielleicht einfach nur nicht, dich nach Konzerten anzusprechen? Ich stelle nach Konzerten immer fest, dass alle anderen aus der Band viel schneller mit Leuten ins Gespräch kommen, als ich. Das kann natürlich auch an mir liegen, aber vielleicht denken die Leute auch, dass ich kein Typ bin, der gerne redet. Ich mache jetzt seit 15 Jahren Bandmusik und trete damit auf. Ich könnte in dem Zusammenhang keine einzige Mädchengeschichte erzählen. Das stellt man sich immer so vor, und ich weiß nicht, was die Kings Of Leon so treiben, aber bei mir und auch keinem anderen, mit dem ich je zusammen Musik gemacht habe, ist das so. Wir sind aber auch dahingehend eine relativ langweilige Band, weil alle vergeben sind. Von Anfang an war das so. Findest du, ich mache Mädchenmusik? Ich kann mir schon vorstellen, dass viele Mädchen sich in deine Songs gerne hineinwiegen. Kann man so sehen, aber das habe ich nicht mit Absicht gemacht. Ich könnte jetzt aber auch nicht sagen, was per se Mädchenmusik ist. So was gibt es ganz bestimmt. Rein empirisch kann ich sagen, dass die Verteilung was Alter und Geschlecht bei den Konzerten angeht, sehr ausgewogen ist. Man geht ja auch mal auf Konzerte von Adam Green oder so, da habe ich beobachtet, dass 80 Prozent Frauen waren. Ich war neulich bei Jochen Distelmeyer, und da waren komischerweise fast nur Männer. Der macht das doch auch sehr gefühlsbetont und schlaumeiert nicht mehr so herum. Ich hätte eher gedacht, dass das den Männern zu gefühlsduselig ist. Auf dem neuen Album gibt es kleine Fieldrecordings aus deiner Heimat, der oberschwäbischen Provinz. Kapieren die Menschen dort eigentlich deine Musik, und wissen sie deinen Erfolg zu schätzen? Die Konzerte dort sind immer sehr gut besucht, und die Menschen verstehen die Musik auch. Es funktioniert da aber schon ein bisschen anders, was auch daran liegt, dass die meisten Leute in meinem Alter nicht mehr da sind, die wohnen mittlerweile alle in Großstädten. Ich kriege das dann eher von meinen Eltern und deren Generation mit. Wenn der Junge in der Zeitung steht! Da liest man ja auch nur die Schwäbische Zeitung, vielleicht noch die Süddeutsche. Oder nein, eigentlich nur die Schwäbische. Alle bringen meinen Eltern immer Zeitungsausschnitte mit. Dabei ist es aber gar nicht so wichtig, was ich für Musik mache. Du lebst in Berlin. Wie wichtig ist die Stadt für dein Songwriting – oder brauchst du die Stadt dafür gar nicht? Gar nicht. Ich brauche Berlin nicht für die Musik, aber auch nicht unbedingt das Land. Eher die Isolation. Isolation heißt für mich, dass ich nicht abgelenkt bin. Ich kann dann meinen Tagesrhythmus so haben, wie ich ihn will, und muss auf nichts Rücksicht nehmen. Ich habe mir auch schon vorgenommen, mal auf so eine richtige Berghütte zu gehen, das hat sich zeitlich aber noch nicht ergeben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

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