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Frauenversteher, berufeshalber: Quirin J. Bauer, erster Frauenbeauftragter Deutschlands
Quirin J. Bauer Sie sind jetzt seit drei Monaten Frauenbeauftragter. Haben Sie das Gefühl, Frauen nun besser zu verstehen als vorher? Ich glaube, den Job kann man mehrere Jahre machen und man würde die Frauen trotzdem nicht besser verstehen. Der erste männliche Stellvertretende Universitätsfrauenbeauftragte Deutschlands. Wie kam es überhaupt dazu? Ich beschäftige mich seit meinem Studium mit dem Thema Gender Mainstreaming. Ich war bereits studentischer Vertreter im Senatsausschuss für Gleichstellungsfragen und in der Steuerungsgruppe des Gender Mainstreaming Projektes der Universität Augsburg. Wie ich hörte, dass die Stelle zu besetzen ist, sprach ich mit der Universitätsfrauenbeauftragten Frau Prof. Dr. Macha, die mich mit offenen Armen empfangen hat. Stellen Sie sich vor, Sie stehen in der Disco und werden gefragt, was ihr Job ist. Was sagen Sie? Bei wenig Zeit: wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Augsburg. Bei genügend Zeit: Lehrbeauftragter an der Fachhochschule und der Universität Augsburg, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Gender Mainstreaming Projekt der Universität und im Projekt Gender Mainstreaming an Hochschulen, schließlich „Frauenversteher“. Sie sind ja für Universitätsverhältnisse sehr jung, gerade 26. Macht das Probleme? Nein – keine Probleme. Nachdem ich ja seit mehreren Jahren aktiv im Gleichstellungsprozess der Universität Augsburg tätig bin, kennen mich viele KollegInnen. Deswegen war ich nach der Wahl kein „neues“ Gesicht, sondern nur in einer neuen Position. Auch in der Arbeit mit Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten sowie Rektoren und Präsidenten gab es bis jetzt keine Probleme. Zusätzlich zur Frauen-Gleichstellung arbeiten Sie seit September 2006 im Projekt Gender Mainstreaming an Hochschulen und seit diesem Juli auch im Forschungsprojekt Gender-Mainstreaming der Universität Augsburg mit. Wo ist der Unterschied? In dem Projekt „Gender Mainstreaming an Hochschulen – Bilanzierung und Optimierung“, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wird, versuchen wir bei 15 beteiligten Kooperationshochschulen den Ist-Stand des Gender Mainstreaming zu bilanzieren und erfolgreiche Maßnahmen systematisch herauszuarbeiten, um so eine „ideale Hochschule“ abzubilden. Im Gender Mainstreaming Projekt der Universität Augsburg wird eine Doppelstrategie verfolgt: Einerseits werden klassische frauen- und gleichstellungspolitische Maßnahmen umgesetzt, andererseits wird ein Wandel der Organisation mit dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit in Gang gebracht. Diese beiden Projekte haben mit meiner Position im Grunde genommen nichts zu tun, allerdings ergeben sich durch die Vernetzung der verschiedenen Bereiche nur Vorteile. Ihren Berufsalltag stellt man sich als Laie ja sehr dramatisch vor – Heulende Blondinen, sexuelles Mobbing im Seminar... Wie sieht es denn tatsächlich aus? Tatsächlich ist es sehr viel nüchterner. Meine Arbeit findet hauptsächlich in Kommissionen statt. Dort muss zum Beispiel bei Beschlüssen darauf geachtet werden, den Gleichstellungsaspekt zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu intervenieren. Das gleiche gilt bei Diskussionen zu bestimmten Themenbereichen. Zur Arbeit gehört ebenfalls der regelmäßige inneruniversitäre Austausch, wie zum Beispiel in der Frauenbeiratssitzung. Hat sich durch den neuen Job im Verhältnis zu ihrer Freundin etwas geändert? Die Aufgabenteilung zu Hause ist gleich geblieben. Aha. Wo ist denn am Geschlechterverhältnis noch die meiste Arbeit zu leisten? Ich würde diese Frage erst einmal relativieren und nicht von der „meisten“ Arbeit ausgehen. Ganz einfach: Arbeit ist dort zu leisten, wo die Gleichstellung bis dato noch nicht erreicht wurde – und da gibt es genügend Bereiche: vom Studium bis zur Professur. In einigen geisteswissenschaftlichen Studiengängen liegt der Frauenanteil bei über 90 Prozent: Braucht es da nicht vielmehr einen Männerbeauftragten? Das stimmt. Tatsächlich ist es so, dass gerade darüber diskutiert wird, nur noch die neutrale Bezeichnung „Gleichstellungsbeauftragte/r“ zu verwenden. Ich denke, das wird auch in ein, zwei Jahren landesweit so gelten. Allerdings ist der Herrenanteil, wenn man so will, bei unserer Arbeit immer noch sehr gering – weit unter zehn Prozent. Können Sie uns zu guter Letzt eine lustige Episode aus dem Leben eines Frauenbeauftragten erzählen? Bei der letzten Landeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Bayerischen Hochschulen begrüßte uns Herr Staatsminister Dr. Goppel mit den Worten: „Sehr geehrte Damen, geschätzte Minderheit“. Er war sichtlich überrascht, zum ersten Mal einen männlichen Frauenbeauftragten zu begrüßen. Generell muss ich anfangs immer mit einem Schmunzeln der männlichen Kollegen rechnen, wenn ich von meiner Arbeit erzähle. Allerdings – mit der Zeit gewöhnen sich immer mehr daran und es wird auch zunehmend zur Normalität. Foto: oh