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"Es wird die Pille danach ja nicht im Supermarkt geben"

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In 28 europäischen Staaten und den USA bekommt man das Medikament zur Verhütung nach dem Geschlechtsverkehr, die "Pille danach", ohne Rezept in der Apotheke. In Deutschland allerdings muss die Pille danach noch immer von einem Arzt verschrieben werden. Die Bundestagsfraktion der SPD hat in der vergangenen Woche einen Antrag auf Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung gestellt, der die rezeptfreie Abgabe des Medikaments anstrebt. Dorothee Kleinschmidt ist Ärztin und Familientherapeutin sowie Sprecherin des medizinischen Arbeitskreises pro familia NRW und hat mit jetzt.de über die Konsequenzen einer möglichen Abschaffung der Rezeptpflicht, die Gefährlichkeit von Aspirin und veraltete Gegenargumente gesprochen.

jetzt.de: Frau Kleinschmidt, wie wirkt die Pille danach?
Dorothee Kleinschmidt: Die Pille danach verschiebt den Eisprung oder verhindert ihn. Zur Zeit gibt es zwei verschiedene Präparate auf dem deutschen Markt. PiDaNa, die Pille danach mit dem Wirkstoff Levonorgestrel oder LNG, hemmt den Eisprung. Auf die Einnistung hat sie keinerlei Einfluss. Diese Pille ist altbewährt und schon in 28 europäischen Ländern rezeptfrei. Seit ungefähr einem Jahr gibt es die neue Pille danach, EllaOne, mit einem Anti-Gelbkörper-Hormon. Die Untersuchungen deuten an, dass auch sie nur den Eisprung verhindert, aber man muss noch abwarten, ob sie sich vielleicht auch auf die Einnistung des Eis auswirkt, da sie noch am Tag vier und fünf nach ungeschütztem Verkehr sehr gut wirkt. Da sind die Zahlen der Studien aber noch zu gering. 

Geht es in der Diskussion um die Abschaffung der Rezeptpflicht um beide Pillen?  
Nein, nur um die erste. Die neuere ist ja erst ein Jahr auf dem Markt und wird noch lange nicht rezeptfrei sein. Ein neu zugelassenes Medikament kann frühestens nach acht oder zehn Jahren rezeptfrei werden.

Wie lange gibt es die Pille danach auf LNG-Basis schon?  
Das Hormon gibt es schon seit dreißig Jahren und es ist in vielen gängigen Pillen enthalten. Als Pille danach wird es seit ungefähr zehn Jahren angewandt.  

Wie kommt man momentan in Deutschland an die Pille danach?  
Zur Zeit ist jede Pille danach rezeptpflichtig. Das heißt, bei einer Verhütungspanne muss die Frau einen Arzt aufsuchen und der muss ihr das Medikament nach einer kurzen Befragung verschreiben. Normalerweise wird die Frau einfach zu ihrem Gynäkologen gehen. Am problematischsten ist es aber, wenn es Freitagabend passiert. Da kann sie sich noch an den ärztlichen Notfalldienst wenden oder schauen, ob das nächste Krankenhaus eine gynäkologische Abteilung hat.

Kann nicht jeder Arzt die Pille danach verschreiben?
Jeder Arzt kann sie verschreiben. Aber er muss es nicht. Wenn er sich nicht damit auskennt, wird er die Frau vielleicht eher zum Gynäkologen in die Montagssprechstunde schicken.

Also stellt der Arztbesuch eine Hürde für die Betroffenen dar?
Ja und zwar für Frauen jeder Altersgruppe. Das Angebot ist nicht niederschwellig genug, deutlich besser wäre es, wenn die Frau die Pille Freitagabend in der Apotheke kaufen könnte. Wenn man das Ganze noch auf den ländlichen Bereich überträgt, wo die nächste Klinikambulanz weit weg ist und eventuell die Apothekendichte gering ist, da muss man sehr weit fahren, bis man alles zusammen hat.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Falls sie das Kondom vergessen, muss sie danach zum Arzt und sich die Pille danach verschreiben lassen - denn in Deutschland ist sie (noch) rezeptpflichtig.

Ist es nicht problematisch, dass bei einer rezeptfreien Abgabe der Pille danach kein Beratungsgespräch mit einem Arzt geführt wird?
Es muss natürlich immer möglich sein, Kontakt zu einem Arzt aufzunehmen. Aber auch, wenn man die Rezeptpflicht aufgibt, kann man die Pille danach ja nicht sofort im Supermarkt kaufen. Sie wird in Deutschland mit Sicherheit apothekenpflichtig bleiben. Dafür gibt es gute Konzepte aus anderen Ländern. Dort werden Apotheker geschult, um Fragen beantworten zu können oder die Frau im Zweifel noch mal zum Gynäkologen zu schicken, zum Beispiel in einer Situation, in der es unklar ist, ob die Frau durch einen vorherigen sexuellen Kontakt schon schwanger ist oder wenn ein Leberschaden besteht. Die Erfahrung ist aber, dass die Pille mit Levonogestrel sehr ungefährlich ist. Wenn sie das zum Beispiel mit Aspirin vergleichen, das ist rezeptfrei und in jeder Apotheke zu haben. Aspirin hat deutlich bedenklichere Nebenwirkungen als PiDaNa. Es kann zum Beispiel zu Vergiftungserscheinungen kommen, wenn ich zu viel davon nehme. Das Risiko gibt es bei der Pille danach nicht. 

Viele haben aber dennoch Angst vor den Nebenwirkungen. Mit welchen ist denn zu rechnen?
Es gibt Nebenwirkungen, die unangenehm, aber nicht lebendbedrohlich oder gesundheitsschädigend sind. Zum Beispiel Übelkeit, Brustspannen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Schwindel. Und Zwischenblutungen, denn die Pille danach stört ja den Zyklus, das ist also eher ein Zeichen, dass sie gewirkt hat. Nur jede vierte Frau hat überhaupt Nebenwirkungen. Bei der EllaOne ist das etwas anders, da gab es zumindest in den Zulassungsstudien noch stärkere Nebenwirkungen mit Muskelzittern oder Infektionen, da hätte ich zur Zeit noch mehr Bedenken. Deswegen ist es auch wichtig, dass diese Pille rezeptpflichtig bleibt.

Wird die Pille danach in Ländern, in denen sie rezeptfrei zu haben ist, öfter eingenommen als in Deutschland?
In Frankreich gibt es die rezeptfreie Pille danach schon seit zehn Jahren. Dort hat der Verkauf zugenommen, aber es hat auch der Verkauf anderer Verhütungsmittel zugenommen. Man hat das als Beweis dafür genommen, dass, wenn die Pille danach frei verkäuflich ist, nicht jeder Sex ohne Verhütung hat und am Tag danach in die Apotheke geht. Es ist eher so, dass mit dem Bewusstsein für die Pille danach auch das Bewusstsein für eine konsequente Verhütung und für Verantwortungsübernahme gesteigert wird, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen „Es wird schon nichts passiert sein."

Ein Argument der SPD für die Abschaffung der Rezeptpflicht ist, dass dadurch Schwangerschaftsabbrüchen vorgebeugt werden könne. Glauben Sie, dass man das an den Zahlen sehen wird?
In Schweden hat man beobachtet, dass die Zahl von Schwangerschaften bei Jugendlichen zurückgegangen ist. In der Tendenz scheint es sich nicht besonders stark auf die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche pro Jahr in einem Land auszuwirken, aber es kann sein, dass eine Zunahme verhindert wird. Das ist schwer zu untersuchen.

Das Gegenargument der Union sind „religiös-ethische Bedenken", weil die Einnistung einer befruchteten Eizelle verhindert werden könnte. Stimmen diese medizinischen Fakten in Bezug auf die Pille auf LNG-Basis?
Das ist ein sehr altes Argument, aber ich würde sagen, dass es heute vor der Wissenschaft keinen Bestand mehr hat. Es gibt inzwischen sehr viele Studien, auch der WHO, die bestätigen, dass die Pille danach sich nicht auf die Einnistung auswirkt. Sie soll ja auch deswegen so schnell genommen werden, weil sie nach einem Eisprung keine Wirkung mehr hat. 

Im Frühjahr hat eine amerikanische Universität einen alten Getränkeautomaten zu einem Pille-danach-Automaten umgerüstet. Ist das eine gute Sache? Wie niederschwellig soll das Angebot werden?
Ich persönlich bin eher gegen eine Abgabe außerhalb der Apotheke. Immerhin handelt es sich noch immer um ein Medkament. Denkbar wäre es vielleicht für Regionen, wo es kaum Apothekenversorgung gibt oder Ärzte sehr weit weg sind und man dort so eine Ersatzlösung schafft. Das ist in Deutschland aber kaum der Fall. Ich denke, vom Wirkstoff her könnte man das verantworten. Aber es gibt immer noch zwei, drei Sachen, bei denen es wichtig ist, sich den Beipackzettel durchzulesen und wenn es die Pille wie eine Dose Cola am Automaten gibt, würde man das vielleicht nicht so sorgfältig machen. In einer Apotheke ist immerhin noch eine Nachfrage möglich.

Mehr Infos zur "Pille danach" findest Du im Lexikon des guten Lebens und auf den Seiten von pro familia.


Text: nadja-schlueter - Foto: herzschlag / photocase.com

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