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„Es gab kein Fremdkörpergefühl, sondern hat direkt geknallt“
jetzt.de: Mathias, wie ist das, der Sänger einer Band zu werden, die jahrelang einen anderen Frontmann hatte?
Mathias Reetz: Ich muss sagen, dass ich gefühlsmäßig schon immer nah an Blackmail stand. Ich konnte mich mit der Band gut identifizieren. Es fühlt sich jetzt auch gar nicht fremd an, dabei zu sein. Das ist ein schönes Gefühl.
Warst du vorher Blackmail-Fan?
Ich mag das Wort Fan nicht so gerne. Ich würde sagen: Die Musik hat mich berührt.
Ist die neue Situation für dich nicht mit Erfolgsdruck verbunden? Du trittst schließlich in die Fußstapfen von Aydo Abay, der 14 Jahre lang das markante Gesicht von Blackmail war.
Ach, Erfolgsdruck – den spüre ich gar nicht. Wir haben lange zusammen diskutiert, warum wir das so weitermachen wollen. Wir sind alle der Meinung, dass das Songwriting das Elementare bei Blackmail ist und wollen uns komplett frei machen von diesen Business-Fragen. Wir wollen Songs schreiben, bei denen Anderen die Knie weich werden. Wir glauben, das zu können – das ist der Grund, warum wir Blackmail weitermachen. Ich nehme mich außerdem als jemand wahr, der aktiv mitmacht und Aufgaben für unser eigenes Label übernimmt.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Aus alt mach neu: Blackmail 2011 sind Carlos und Kurt Ebelhäuser, Mario Matthias und seit Kurzem Mathias Reetz (v.l.n.r.).
Was unterscheidet dich vom alten Blackmail-Star Aydo Abay?
Ich müsste Aydo gut kennen, um diese Frage beantworten zu können. Wenn du im Bereich der Texte guckst: Aydo hat immer super Texte geschrieben, teilweise sehr kryptische, was ich ziemlich cool fand. Ich versuche da, direkter zu formulieren, aber nicht plump zu klingen. Es ist nicht einfach, etwas geradeaus zu texten, was dann nicht kitschig oder plump ist.
Wäre es nicht eigentlich konsequenter, eine neue Band mit neuem Namen zu gründen, wenn der Sänger ausgetauscht wird?
Die Frage ist legitim. Wir haben uns die auch gestellt, aber im Endeffekt fühlt sich das alles zu sehr nach Blackmail an. Wenn ein Haus einstürzt und nicht mehr existiert, aber die einzelnen Steine noch intakt sind, dann haben wir diese Steine genommen und ein neues Haus gebaut. Es sieht anders aus, besteht aber fast aus denselben Elementen. Das war der Grund zu sagen: Wir bleiben Blackmail.
Wie darf man sich das vorstellen – „Blackmail suchen neuen Sänger“? Musstest du ein Casting durchlaufen?
Wir kannten uns vorher schon flüchtig. Das hing damit zusammen, dass ich mit Junias, meiner ersten Band, Blackmail supportet habe. Kurt (Ebelhäuser, Gitarrist und Produzent von Blackmail, Anm. d. R.) hat mich gefragt, ob wir im Proberaum gemeinsam an Songs arbeiten wollen. Durch das Tonstudio 45 haben wir uns dann richtig kennengelernt: Wir haben gemeinsam aufgenommen und produziert. Dabei haben wir gemerkt, dass wir künstlerisch auf der gleichen Welle sind. Ich glaube, dem Kurt war das schon klar. Er hatte eine Vision und wollte keine 15 Sänger durchtesten, weil dieses Gefühl da war, dass das passen könnte.
Zusammen habt ihr ein neues Album aufgenommen. Die siebte Blackmail-Platte „Anima Now!“ erscheint am 29. April. Konntest du dich direkt gut einbringen beim Songwriting und den Aufnahmen?
Ja, das hat von Anfang an super geklappt. Es gab da auch kein Fremdkörpergefühl, sondern hat direkt geknallt. Wir hatten relativ wenig Zeit im Studio und haben teilweise drei oder vier Songs an einem Tag gemacht. Das war eine echte kreative Entladung. Am Ende waren wir alle ziemlich k.o.
http://www.youtube.com/watch?v=T4wrWNJ-m4k
Wie würdest du das Album beschreiben?
Es ist positiv. Es ist hoffnungsvoll und euphorisch.
Was hat der Titel „Anima Now!“ mit dieser Stimmung zu tun?
Der Begriff „Anima“ kommt aus der Psychologie. Man kann das mit „Seele“ oder „Atem“ übersetzen. „Anima“ ist außerdem ein phonetisch schönes und lauttreues Wort. Es ist immer schwer, einen Albumtitel zu nehmen, der so viel Überschriftencharakter hat. Wir fanden aber, dass das sehr beseelt klingt und dadurch sehr gut passt. Und dass dieses Album genau jetzt – „now“ – passiert ist, war uns wichtig.
Wie sehen deine Pläne mit Blackmail aus?
Im Mai gehen wir auf Tour. Wir spielen drei Termine in der Schweiz und fünf in Deutschland. Dann fangen die Festivals an und im Herbst gibt’s den Nachschlag, eine größere Tour. Und was dann kommt, das weiß ich noch nicht. Jetzt wird erst mal live gespielt.