Als "Queens of Kitsch" mindestens ebenso berüchtigt wie als bonbonbunt gekleidete Erneuerer des Glamrock bejubelt, machten die Scissor Sisters mit ihrem Debütalbum (mit ganz großen Synthie-Pop-Songs wie "Take Your Mama Out") vor zwei Jahren nicht nur Elton John nachhaltig auf sich aufmerksam – in Großbritannien wurde die Platte mit sage und schreibe neunmal Platin geadelt. Jetzt legen die Sisters "Ta Dah!" ihr zweites Album vor. Und Sir Elton, ihr großes Idol, ist auch mit dabei. Ein jetzt.de-Gespräch mit Bandgründer Jake Shears und der einzig weiblichen Sister Ana Matronic.
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jetzt.de: Ana, Jake, wie war denn jetzt anfänglich die Stimmung im Studio, nach dem großen Erfolg des Debütalbums?
Jake:Also Babydaddy und ich sind nach der letzten Tour sofort wieder ins Studio.
Ana: Und ich habe gesagt, dass die beiden total verrückt sind, weil sie keinen Urlaub gemacht haben. Das nach einer Tour, die über eineinhalb Jahre gedauert hat. Zwar liebe ich beiden, habe ihnen aber doch erklärt, dass ich ihre Gesichter erstmal für eine Weile nicht sehen will.
Jake: Unser Problem war, dass wir uns ein Leben ohne einen konkreten Tagesplan, den du eben auf Tour hast, nicht mehr vorstellen konnten. Ich bin mit meinem Lebensgefährten eine Woche nach Hawaii geflogen.
Ana: Das ist ungefähr das Dümmste was man nach einer Tour machen kann: Verreisen. Ich will danach nur heim. Und zwei Wochen in meinem eigenen Bett liegen. Mit meinem Freund. Und dann irgendwann mal die Koffer auspacken, nachdem ich zwei Jahre auf Tour war.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Eines eurer neuen Lieder heißt „Paul McCartney“…
Ana: Da geht es aber weniger um die Person als vielmehr darum, dass es eben eine kreative Person gibt, die wiederum jemand anderen inspiriert kreativ zu sein.
Mit Elton John habt ihr aber eine ganz konkrete Beziehung und einen ganz großen Förderer.
Ana: Elton hat uns von Beginn an großartig unterstützt. Er ist eine faszinierende Persönlichkeit wenn es sich um die neuere Musik dreht. Jede Woche kauft er sich wirklich jedes Album das auf den Markt kommt und hört es sich an. So hat er immer einen genauen Überblick über das was aktuell ist und er kann sich auch immer eine Meinung bilden. Das witzige ist: Wenn er etwas findet, das ihm gefällt kauft er davon gleich ganz viele Alben ein und gibt diese seinen Freunden weiter. Von unserem Debütalbum hat er 50 Exemplare gekauft und verteilt.
Da kann ja dann nichts mehr schief gehen, wenn Elton John euch so oft weiter empfohlen hat.
Ana: Nicht nur das: Wir durften bei im auch auf seinen Konzerten auftreten. Und das hat uns sehr geschmeichelt, denn Elton hatte in den letzten zehn Jahren keine Vorband. Irgendwie ist er für uns in vielen Beziehungen eine Art Mentor. Und kein schlechter, denn er hat in diesem Geschäft schon alles gemacht was möglich ist. Und das bestimmt dreimal. Er ist ja auch auf dem neuen Album dabei.
Ana: Ja. Jake und Babydaddy haben mit ihm in Las Vegas gearbeitet. Und auch als wir in New York mal ein kreatives Tief hatten, kam er zu uns ins Studio. Wir brauchten ein paar fröhliche tanzbare Akkorde. Und daraus entstand das Lied „I don’t feel like dancing“, in dem Elton Klavier spielt. Ebenso bei „Intermission“.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Komischer Titel übrigens: „I don’t feel like dancing“ ist doch die totale Abtanznummer.
Ana: Da gibt es etlicher dieser Songs. Ich nenne sie fröhlich-traurige Lieder. Denn die Melodie ist zum Zappeln, die Texte aber melancholisch. Aber zum Schluss ist „I don’t feel like dancing“ eigentlich ein Liebeslied. Denn es geht darum, dass man mit seinem Liebsten am Ende des Tages im Bett liegen will anstatt mit den Freunden die Stadt unsicher zu machen.
Geht es denn in euren Liedern um das echte Leben? Oder erfindet ihr alles nur?
Ana: Wir sind definitiv eine Band die gerne Geschichte erzählt. Jake hat nämlich eine gute Gabe sich Sachen vorzustellen und dann darüber zu schreiben. Er kann auch Unsinn schreiben und es hört sich großartig an.
Jake: Aber es ist gefährlich ein Lied zu schreiben, hinter dessen Text man nicht steht. Denn wenn es dumm läuft, dann müssen wir es unser Leben lang singen. Außerdem kann man sehr schnell als Lügner dastehen, wenn das rauskommt.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
"Ta-Dah" von den Scissor Sisters ist diese Woche erschienen. Wie die Platte klingt, steht hier.
Fotos: scissorsisters.com