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Eine Zeitung für Trier - im Netz
16vor - das ist für Menschen, die nicht aus Trier kommen schwer zu verstehen. Was bedeutet euer Name? 16 vor Christi Geburt ist Trier gegründet worden. Und wir haben einen Namen gesucht, der einen regionalen oder Stadt-Bezug hat, aber nicht so platt ist wie Porta Nigra Online oder so. Und mit 16vor haben wir jetzt einen Bezug, der sich aber nicht direkt aufdrängt.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Und Menschen aus Trier wissen damit auch was anzufangen? Neun von zehn müssen nachfragen. Aber die Resonanz auf unser Portal ist riesig. Wenn ich mir die Mails angucke, die wir wirklich tagtäglich bekommen, sehe ich: Die Leute sind dankbar. Endlich haben sie eine zweite Quelle. Und die meisten schätzen auch, dass wir anders schreiben. Wir sind schon frecher, süffisanter und auch meinungsstärker als die Lokalzeitung. Ich vergleich das manchmal ein wenig mit Spiegel Online. Wir wollen schon Hintergründe bieten und durchaus auch kommentierend schreiben. Und das kommt offensichtlich gut an. Wusstet ihr das schon vorher oder wie seit ihr auf die Idee zu 16vor gekommen? Wir haben beide beim Trierischen Volksfreund als freie Mitarbeiter angefangen und haben da auch lange geschrieben. Wir sind aber immer wieder damit konfrontiert worden, dass die Stadt eigentlich auch eine Alternative zum Volksfreund braucht. Und wie seid Ihr auf online gekommen? Naja, eine Tageszeitung zu drucken, ist völlig illusorisch. Deshalb hatten wir immer überlegt, ob man vielleicht ein Monatsmagazin drucken könnte oder so. Und durch das Portal hunderttausend.de sind wir dann eigentlich auf die Idee gekommen, das ganze im Netz auszuprobieren. Hundertausend? Trier kämpft seit langem genau mit der Zahl, die Stadt hat nämlich immer rund um 100.000 Einwohner. Mittlerweile ist man drüber. Und danach hat sich die Website benannt, ein Veranstaltungs-Kalender beziehungsweise ein Kleinanzeigen-Portal für Trier. Und die haben uns auf die Idee gebracht, Trier auch im klassischen Journalismus ins Netz zu bringen. Also das zu tun, was eine klassische Lokalzeitung macht - nur eben im Internet. Das ist günstiger zu produzieren, als wenn es drucken würde. Das zum einen. Andererseits kann man aber auch schneller sein. Und wir wollen mit 16vor zeigen, dass sich Qualität und Aktualität nicht ausschließen müssen. Aber es stimmt, ein Internet-Magazin hat auch finanzielle Vorteile. Die Leser bezahlen aber nicht für das, was ihr schreibt. Man kann alles kostenfrei lesen, oder? Das stimmt. Wir finanzieren uns über Anzeigen. Wobei aber klar ist, das ganze läuft noch nebenbei. 16vor ist noch keine Geldmaschine. Allein davon zu existieren, wird mittelfristig nicht möglich sein. Wir arbeiten freiberuflich auch noch für andere Medien. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen: Wir haben auch keine großen Ausgaben. Das sind ja eigentlich nur die Providerkosten ... ... und Euch selber beutet Ihr aus. Sozusagen. Wir haben das anfangs ein bisschen unterschätzt. Es gibt schon Tage, an denen wir acht bis zehn Stunden an 16vor sitzen. Dass wir das ganze aber praktisch ehrenamtlich machen, ist uns gar nicht so bewusst, weil es uns beiden - und auch den anderen Mitarbeitern - auch wahnsinnig viel Spaß macht.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Wie viele Mitarbeiter habt Ihr? Das ist ganz unterschiedliich. In der Sportberichterstattung sind Leute dabei, die uns regelmäßig Berichte liefern. Im Bereich Kultur gibt es auch Autoren, die unregelmäßiger schreiben. Alles in allem sind es so zehn Mitarbeiter, auf die wir uns wirklich verlassen können. Die allermeisten Texte liefern aber Christian und ich. Habt ihr als so kleines Team überhaupt eine Chance gegen eine große Regionalzeitung? Naja, es ist ja oft so, dass viele Kollegen in Lokalredaktionen wegen zahlreicher anderer Arbeiten gar nicht mehr dazu kommen, in Ruhe zu recherchieren. Da ist eine gewisse Verflachung eingetreten - und nur so können wir uns erklären, dass wir so eine Resonanz haben. Wenn es eine Top-Zeitung gäbe, wäre da auch kein Markt für uns. Und der andere Punkt ist: Wir verzichten auf Ringelpitz-Veranstaltungen und konzentrieren uns auf das Kerngeschäft, wir informieren über die Stadt. Bei uns gibt es erstmal auch kein Web-TV oder so. Und die meisten Leute sind genau darüber sehr froh. Euer Angebot hat bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt, weil manche glauben, diese Idee könnte auch auf anderen Städte zu übertragen sein. Wir machen das jetzt seit März und wir sind mit jedem Tag mehr davon überzeugt, dass die Idee funktionieren kann. Wir glauben, dass viele Leute - nicht nur in Trier - mit ihrer Regionalzeitung unzufrieden sind, aber keine wirkliche Alternative haben, da die oft ein Monopol hat. Viele haben sich dann für eine überregionale Tageszeitung wie die Süddeutsche Zeitung entschieden und verzichten auf regionale Nachrichten - für die haben wir jetzt ein Angebot. Wie geht es jetzt weiter? Unsere Vision ist schon, in ein oder zwei Jahren mit 16vor vielleicht als Monatstitel ans Kiosk zu kommen. Aber zunächst mal müssen wir gucken, ob das ganze weiter im Netz funkioniert. Im Frühjahr nächsten Jahres werden wir uns die Perspektiven genauer angucken und entscheiden, wie es weiter geht.