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Eine illegale Geste

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Ein Graffiti-Sprayer hat in Augsburg über mehr als ein Jahr hinweg knapp fünfhundert Blumen illegal an Hauswände, Briefkästen, Türen, Trafohäuschen und viele andere Stellen gemalt. Die Meinung der Augsburger ist seitdem gespalten. Straftäter sagen die einen, kreativ-subversives Genie und liebenswerte Aktion die anderen. Anfang April gab die Polizei bekannt, den Blumenmaler ermittelt zu haben, der Verdächtige hat indes nicht gestanden, der Prozess steht ihm noch bevor. So weit, so normal. Die Augsburgblume aber ist zwischenzeitlich das inoffizielle Logo der Stadt geworden. Sie wird auf T-Shirts gedruckt und die Stadt will auch ganz offiziell mit ihr werben, während ihrem Erfinder eine hohe Geldstrafe droht. Wir konnten ein Interview mit ihm führen, wegen des laufenden Verfahrens will er unerkannt bleiben.
 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



jetzt.de: Wie soll man dich eigentlich nennen, Blumenmaler oder Blumenmann?
Belassen wir es einfach bei Blumenmaler, obwohl der „Malende Gärtner“ auch seinen Reiz hätte.
 
Von deinen Blumen gibt es angeblich 470 in der Stadt, kommt das hin?
Das dürfte bei Weitem untertrieben sein.
 
Was war deine Motivation?
Die Menschen an die kleinen und schönen Dinge im Leben zu erinnern, denn in meinen Augen sind die meisten Menschen einfach unglücklich.
 
Wieso?
Wir leben in einer Konsumgesellschaft, die systematisch unsere Erde tötet, die Reichen werden reicher, die Armen immer ärmer. Wie lang soll das noch gut gehen? Es kann doch nicht sein, dass es so was wie Mitmenschlichkeit gar nicht mehr gibt! Wie die Leute sich freuen, wenn du ihnen ein einfaches „Hallo“ oder „Guten Tag“ entgegenbringst, als ob es was Besonderes wäre. Meine Blume ist so ein „Hallo“. 
 
Eine Blumenrevolution?
In gewisser Weise kann man schon von einer Revolution im Ansatz sprechen, allerdings bringen Revolutionen Veränderungen mit sich und ich glaube, trotz allem nicht, dass die Blume eine große Veränderung für Augsburg ist.
 
Hast du die Reaktionen der Leute auf die Blume beobachtet?
Aber sicher, es ist ja nicht zu übersehen, wie die Leute mit einem Lächeln an den Blumen vorbeigehen oder sogar stehen bleiben. Es freut mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich Menschen bei so etwas beobachten kann. 
 
Hast du auch schon mal die Reaktionen der Hausbesitzer mitbekommen, deren Wände du verändert hast?
Mal ’ne Gegenfrage: Können sich die Blumen, also die echten Blumen, auf die ein Haus gebaut wurde, beschweren?
 
Ist die Blume nun Kunst, Klamauk oder was ganz anderes?
Von allem ein bisschen, das kann der Betrachter für sich selber entscheiden. In meinen Augen ist es einfach eine nette Geste für meine Mitmenschen.
 
Allerdings eine illegale Geste.
Aber trotzdem eine nette Geste.
 
Manche Leute werfen dir ja vor, dass du die Blume nur nachgemacht hast, die Originalblume gäbe es in New York.
Das wurde mir oft vorgeworfen, dass ich Michael De Feo die Idee geklaut und ihn kopiert habe, aber ich habe erst lange nachdem ich die erste Blume gemalt habe von ihm gehört und Kontakt zu ihm aufgenommen. Ich habe ihn angeschrieben und gefragt, was er so von meiner Arbeit hält und er meinte, dass er von einem deutschen Blumenmaler gehört hat. Er meinte, dass die Welt mehr Blumenmaler gebrauchen kann.
 
Die Stadt Augsburg will die Blume ja für Werbezwecke verwenden, es gibt T-Shirts mit dem Blumenmotiv zu kaufen, was sagst du zu der Idee?
Schöne Sache, noch mehr Blumen!
 
Schon mal dran gedacht zu sagen: Leute, ich will auch was davon haben?
Nein, Geld war nie ein Thema und ist es auch jetzt nicht.
 
Würdest du die Blumenaktion mit dem Wissen von heute noch mal starten?
Definitiv, mit einem Unterschied. Ich würde weniger privates und mehr staatliches bzw. städtisches Eigentum bemalen.
 
Kommen neue Blumen auf Augsburg zu oder was ganz anderes?
Zu dieser Frage sage ich nichts.
 
Willst du mal an die Öffentlichkeit treten, du hast schließlich auch Fans?
Ich will nur meine Botschaft verbreiten, dass die Leute ihr Leben genießen sollen.    
 



Text: marcus-ertle - Foto: Marcus Ertle

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