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Eine gemeinsame Band, eine gemeinsame Beziehung
So kitschig, plump und abgedroschen es auch klingen mag, aber die Geschichte von YA-HA! ist eigentlich eine Liebesgeschichte: Die Geschichte der Liebe zwischen Blumentopf-Rapper Flo „Schu“ Schuster und Sängerin und Filmemacherin Johanna „Janna“ Wonders, deren Herzen schon bei ihrem ersten Kennenlernen im Münchener Nachtleben unverkennbar im selben Takt schlugen. Die Geschichte ihrer unbändigen Liebe zur Musik, die seit mehr als zehn Jahren bereits die Akkorde und Harmonien für das gemeinsame Miteinander vorgibt. Und die Geschichte ihrer Liebe fürs Detail, die im lang erwarteten YA-HA!-Debütalbum nun endlich ihre Entsprechung findet.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
jetzt.de: Ihr seid bereits seit zehn Jahren ein Paar. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Schu: Wir haben uns ganz unspektakulär beim Weggehen kennengelernt. Ich hieß bei der Janna anfangs nur „Die Mütze“, weil ich nie ohne Kopfbedeckung aus war. Sie hat ihre Leute dann immer gefragt: „Und, ist ‚die Mütze’ auch da?“
jetzt.de: Und irgendwann hast du dir dann ein Herz gefasst und sie angesprochen?
Schu: Um ehrlich zu sein, weiß ich das gar nicht mehr so genau. Ich kann mich nur noch dunkel erinnern.
Janna: Ich hingegen weiß es noch: Ich habe ihn angesprochen. Ganz fortschrittlich. Was ich genau gesagt habe, weiß ich allerdings nicht mehr.
jetzt.de: Viele Menschen versuchen, Arbeits- und Privatleben strikt zu trennen. Bei euch ist das hingegen nicht der Fall. Gab es bei der Bandgründung keine Bedenken, dass diese Verbindung von Arbeits- und Privatleben negative Auswirkungen auf eure Beziehung haben könnte?
Schu: Nein, eigentlich nicht. Wir waren immer schon gemeinsam kreativ, allerdings hat sich der Einfluss der Kunst auf unsere Beziehung im Laufe der Zeit ziemlich gewandelt; und ist vor allem mehr geworden.
jetzt.de: Wie hat sich die Situation denn früher für euch dargestellt?
Schu: Wenn damals einer von uns ein künstlerisches Großprojekt am Bein hatte – ich eine Platte oder die Janna einen Film – dann war das immer ein bisschen wie eine kleine Auszeit voneinander; weil man sich natürlich auch weniger gesehen hat.
jetzt.de: In einer gemeinsamen Band fallen diese Auszeiten nun weg. Fehlt euch das manchmal?
Janna: Nein, überhaupt nicht. Aber klar, plötzlich läuft das ganze Leben nur noch zu zweit ab – das ist schon eine andere Situation als noch vor ein paar Jahren.
Schu: Ich empfinde es auch als besonders schön, wenn man selbst nach stressigen Zeiten mit der Band merkt, dass man trotzdem noch gerne Zeit mit dem anderen verbringt – und zwar nicht nur beruflich, sondern auch privat. Denn wenn man viel zusammen arbeitet und es dann nicht mehr schafft, gemeinsam abzuschalten, dann wäre das furchtbar – ist bei uns aber glücklicherweise nicht der Fall. Und das ist wichtig, ansonsten wäre nicht nur die Band, sondern auch die Beziehung zum Scheitern verurteilt.
jetzt.de: Streitet ihr viel?
Janna: Nein, eigentlich nicht. Und wenn es tatsächlich mal Diskussionsbedarf gibt, dann dreht es sich meistens um die Arbeit.
jetzt.de: Kann man das denn immer trennen?
Schu und Janna unisono: Ja, das kann man absolut trennen.
Janna: Trotzdem hängt das Eine natürlich mit dem Anderen zusammen, sodass sich dadurch herauskristallisiert, an welcher Stelle es Verbesserungsbedarf gibt im Umgang miteinander. Aber ich finde es gut, zusammen kreativ zu sein und gleichzeitig an seiner Beziehung feilen zu können.
http://www.youtube.com/watch?v=xl_lBnD8YQY
jetzt.de: Ihr profitiert von der gemeinsamen Arbeit als Band also auch in eurer Partnerschaft?
Schu: Ja, auf jeden Fall. Es klingt immer blöd, wenn die Leute sagen, man müsse an Beziehungen arbeiten. Aber wenn man gemeinsam so etwas macht wie Janna und ich, dann passiert es doch automatisch, dass man auch über sich selbst und den Umgang mit dem Anderen nachdenkt; sodass einem bewusst wird, wenn man irgendwas versemmelt hat oder sich an irgendeiner Stelle etwas ändern muss.
Janna: Ganz wichtig ist aber auch: Wir beide haben dieselbe Vision – sowohl für die Band als auch für uns. Und wenn beide dasselbe wollen und ihren Teil dazu beitragen, dann klappt das auch.
jetzt.de: Schu, auf dem aktuellen Blumentopf-Album gibt es das Stück „Sie tanzt die Nächte durch“, auf dem Janna den Refrain singt und in dem es um einen One-Night-Stand geht. Wie kam es zu diesem Song?
Janna: Das habe ich mich auch gefragt (lacht). Ich habe da zwar gerne mitgemacht, die Idee zu dem Song fand ich allerdings nicht so wahnsinnig toll.
Schu: Ja, ich kann mich daran erinnern: Für große Begeisterungsstürme habe ich damit bei der Janna nicht gesorgt.
jetzt.de: Als die Platte damals rauskam, habe ich mit deinen Blumentopf-Kollegen Cajus und Roger über diesen Song gesprochen und die meinten, der wäre „typisch Schu.“ In Anbetracht der Tatsache, dass du seit über zehn Jahren fest liiert bist, hat mich das ein wenig verwundert.
Schu: Mir haftet leider der Ruf an, dass es bei mir stets ums Saufen, Weggehen und Frauen geht. Cajus hat mir sogar mal erzählt, dass er seinen Eltern früher immer unsere Songs vorgespielt hat, als die mich noch nicht so gut kannten. Die haben dann immer gesagt: „Das ist ja voll gut, aber dieser Schu, der ist ja unmöglich.“ Und Cajus hat dann tatsächlich gesagt: „Das ist nur ein Feature. Der Typ ist nicht immer dabei.“ (lacht)
Janna: Du erzählst aber tatsächlich ganz gerne solche Geschichten.
Schu: In diesem Song geht es mir aber vorrangig um diese Verlogenheit der Spaßgesellschaft; darum, dass mich die Leute furchtbar nerven, die einem immer sagen, dass man doch mal ein bisschen Spaß haben soll, die in Wirklichkeit aber selbst die traurigsten Gestalten sind.
jetzt.de: Einige Songs auf der Platte handeln vom Verliebtsein. Hatte das Verfassen der Texte für euch auch etwas von „Liebesbrief schreiben“?
Schu: Oh Gott, nein (lacht). Es war uns extrem wichtig, dass es nicht so rüberkommt, als würden wir uns da gegenseitig ansingen und anschmachten. Das hätte ich als peinlich empfunden.
jetzt.de: Janna, du bist im sogenannten „Harem“ von Rainer Langhans aufgewachsen, weil deine Mutter, zusammen mit einigen anderen Frauen, damals mit ihm zusammen war. Demzufolge hast du schon recht früh alternative Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens kennengelernt. Inwiefern hat dieser Umstand dich und deine Sicht auf Beziehungen geprägt?
Janna: Schwer zu sagen, aber ich denke, dass mich diese Offenheit sicherlich beeinflusst hat. Es war aber nicht so, dass wir in diesem Harem alle zusammengewohnt hätten, jeder hatte seine eigene Wohnung. Aber die haben sich alle jeden Tag getroffen und psychologische und spirituelle Gespräche geführt. Die haben sehr intensiv an sich gearbeitet und versucht, den Anderen einen Spiegel vorzuhalten. Ich habe dort auf jeden Fall gelernt, dass man vor Problemen nicht davonrennt.
jetzt.de: Ist das eine Form von Beziehung, die auch für dich in Frage käme?
Janna: Nein. Ich habe recht früh gemerkt, dass ich, im Gegensatz zu den Leuten in diesem Harem eher jemand bin, der an die Langfristigkeit einer partnerschaftlichen Bindung glaubt.
jetzt.de: In den Leben der meisten Jugendlichen gibt es irgendwann eine Phase der Rebellion gegen die Eltern – du bist als Jugendliche zum Beispiel Punk gewesen. Im Gegensatz zu vielen anderen Elternhäusern wurde das im Zuge deiner antiautoritären Erziehung jedoch von deiner Mutter gebilligt und unterstützt – hat dir da rückblickend etwas gefehlt?
Janna: Rebellieren konnte ich tatsächlich nicht. Selbst, als ich eines Tages mal mit einem Nasenring nach Hause kam, fand meine Mutter das vollkommen okay. Wahrscheinlich hätte ich stattdessen eine Ausbildung in einer Bank anfangen müssen, um sie zu schocken (lacht). Kreativität hat meine Mutter jedoch immer gefördert, sie war ja selbst Fotografin. Und Kreativität gehört zum Punk-Sein natürlich dazu.
jetzt.de: Es hat dich also nie genervt, dass du deine Mutter nicht provozieren konntest?
Janna: Nein, ich fand es sogar gut, eine Freiheit zu haben, die anderen Kindern in meinem Alter gefehlt hat. Eine Freundin von mir hatte beispielsweise eine sehr christlich-konservative Mutter, die meine Mutter als Hexe beschimpft hat. Da war ich schon froh, dass meine Mutter da anders war. Und die Beziehung zu meiner Mutter ist nach wie vor sehr gut – und das nicht zuletzt aufgrund dieser Offenheit, die stets gelebt wurde.