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Ein Leben wie im Bilderbuch? Die Comicbiografie von Elvis
Mit unterschiedlichen Zeichenstilen und erzählerischen Herangehensweisen werden bekannte, aber auch die unbekannten Details aufs Papier gebracht. Nichts wird ausgelassen: Der Tod des Zwillingsbruders bei der Geburt, die musikalische Erfolgsstory, aber auch die privaten Niederlagen. jetzt.de sprach mit Comiczeichner und Mitherausgeber Titus Ackermann.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Wie kommt man denn darauf, ein Comic über das Leben von Elvis Presley zu machen? Reinhard Kleist und mir ist die Idee am letzten Comic-Salon in Erlangen gekommen. Nachdem Reinhard damals seinen Comic über das Leben von Johnny Cash gemacht hat, fanden wir, dass das mit Elvis auch ein sehr schönes Thema ist, weil Musik und Comics eh sehr viele Schnittmengen haben und sich viele Zeichner auch mit Musik auseinandersetzen. Und eh wir uns versahen, hatten wir auch nach ein paar Tagen schon ein Angebot bekommen. Das hat uns selbst überrascht. Wir hatten also den Vertrag schon in der Tasche, bevor es ein richtiges Konzept gab. Was gibt denn das Leben von Elvis an Erzählstoff her? Ich finde an seinem Leben spannend, dass er zwar das Klischee des dicken und tablettensüchtigen Fresssacks bei allen hat, aber dann doch als der super erfolgreiche Sunnyboy und nette Junge von nebenan wahrgenommen wird. Für mich ist sein Leben auf privater Ebene aber schon fast so was wie eine Chronik des Scheiterns. Und gleichzeitig hat er beruflich alles erreicht, was man erreichen kann. Und damit war er auch nicht richtig glücklich. Und das alles mal so zu beleuchten fand ich recht reizvoll. Andere Biografien konzentrieren sich auf bestimmte Aspekte, zum Beispiel auf seine Fraueneroberungen oder seine Kinofilme. Wir versuchen aber sein Scheitern in vielen kleinen Dingen aufzuzeigen und konzentrieren uns dabei auf Sachen, die viele vielleicht gar nicht wissen. Wie macht sich denn Elvis so als Comicfigur? Er ist eigentlich gar nicht so einfach zu zeichnen. Wie bei allen Leuten, die sehr symmetrische Gesichter haben, gibt es kaum was, an dem man sich festhalten kann. Hätte er jetzt eine riesige Gurke im Gesicht oder einen Leberfleck wie Marilyn Monroe, dann könnten alle sagen: Hey klar. Bei Elvis kann man sich eigentlich nur retten, wenn man ihm gigantische Haare auf den Kopf setzt, oder den weißen Anzug tragen lässt. Ansonsten muss man einfach schauen, dass man ihn einfach als Person rüberkriegt. Es sind ja zehn unterschiedliche Zeichner, die Elvis im Buch interpretiert haben und es gibt jetzt bestimmt Leute die sagen: Was hat denn der für Arme oder sein Hals ist ja zu dünn. Es ist natürlich ok, wenn einem Leser die Darstellung von Elvis nicht gefällt. Wenn das so ist, dann muss er sich eben ein anderes Buch suchen. Es sind halt Interpretationen von guten Zeichnern und hinter denen kann ich voll und ganz stehen. Warum ist es denn überhaupt ein Teamprojekt und keine Einzelarbeit wie etwa beim Johnny Cash - Comic? Vom letzten Sommer bis jetzt war nicht genug Zeit, um sich alleine nonstop an so ein Buch mit fast 130 Seiten zu setzen. Dann haben wir uns überlegt, aus der Not eine Tugend zu machen und versuchten zu jedem Abschnitt einen Zeichner zu finden, der dazu passt. Die Zeit von Elvis in Deutschland als G.I. hat zum Beispiel Isabel Kreitz gezeichnet, die sich schon sehr oft mit der Zeit der 50er Jahre in Deutschland auseinandergesetzt hat. Das passt sehr gut, der Strich selbst atmet die 50er Jahre. Wir haben den dickeren, aufgeschwemmten Elvis von Uli Oesterle, der wahnsinnig gut dazu passt. Er kann solche Leute gut charakterisieren. Wir konnten uns immer die Zeichner suchen, die unsere Vorstellungen gut umsetzen konnten.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Die einzelnen Episoden sind sehr unterschiedlich. Manche sind überzeugend und können auch für sich stehen. Elvis fliegt zum Beispiel in einer Geschichte mal eben nach Las Vegas, nur um einen Hot Dog zu holen. Das sagt schon ziemlich viel aus über den verkorksten Lifestyle am Ende. Viele andere Geschichten funktionieren aber nur in der chronologischen Abfolge und haben nicht immer einen Spannungsbogen. War das so beabsichtigt? Es war eigentlich nicht geplant, dass die einzelnen Episoden auch für sich stehen können. Das war nicht beabsichtigt. Wir haben uns im Gegenteil überlegt, dass wir einzelne Elemente oder Handlungsstränge aus vorherigen Kapiteln immer wieder anklingen lassen, um einen roten Faden reinzubekommen. Es ist letztendlich so, wie wenn man mit dem Scheinwerfer zehnmal im Dunkeln auf das Leben von Elvis leuchtet. Im Endeffekt haben wir die Geschichte so interpretiert, wie wir es für gut gehalten haben. Für Hardcore-Fans, die genau wissen, wann Elvis welche Schnürsenkel getragen hat, ist das wahrscheinlich nicht das richtige Buch. Aber vielleicht lässt sich ja der ein oder andere Elvis Fan, der sonst keine Comics liest, auf so ein Experiment ein. Ihr reiht euch jetzt mit eurem Elvis-Comic in die Reihe von Musikcomics ein, die in letzter Zeit immer häufiger erscheinen. Bob Marley, Kurt Cobain, 2Pac und viele mehr gibt’s jetzt auch als Comic. Hast du eine Idee, warum gerade solche Stoffe verhandelt werden? Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Entwicklung ist, die nur mit Musik zu tun hat. Ich glaube eher, dass der Comic in den letzten Jahren immer mehr in die Gesellschaft hineinkommt. Ich hab zum Beispiel vor ein paar Tagen den „9/11 Report“ als Comic gelesen. Natürlich ist so was im vergleich zum Original-Buch destilliert und ohne alle Feinheiten. Aber es bringt den Lesern was, um den Kern einer Sache etwas besser zu verstehen. Und das ist eine Entwicklung, die auch noch ein bisschen weiter gehen wird. Und vielleicht haben Musikcomics da eine kleine Vorreiterrolle. Elvis – Die illustrierte Biografie“ herausgegeben von Reinhard Kleist und Titus Ackermann und einem Vorwort von Bela B., 126 Seiten, farbig, erscheint bei der Ehapa Comic Collection und kostet 19 Euro. ELVIS - Originalcomics und Illustrationen aus dem Comic. Ausstellung bei Knoth und Krüger, Oranienstr 188 Berlin - Kreuzberg 17. August bis 12. September 2007 Vernissage 16. August ab 19:00 Uhr