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„Diese Band ist die Arche unseres Lebens”

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Jaleel, ihr habt TV On The Radio in New York gegründet, ihr lebt in New York und habt eure Alben bisher auch immer in New York aufgenommen. Nun ist Gitarrist und Keyboarder Dave Sitek nach L.A. gezogen und hat sich dort ein Studio aufgebaut. Ihr seid ihm gefolgt und habt zum ersten Mal ein Album außerhalb von New York aufgenommen. Habt ihr womöglich zweimal überlegt, ob ihr das machen solltet – schließlich ist L.A. für den typischen New Yorker nicht gerade the place to be, oder?
Stimmt, allerdings muss man auch sagen, dass für den typischen New Yorker auch New York nicht unbedingt the place to be ist. Die New Yorker beschweren sich genauso oft über ihre eigene Stadt wie über andere Städte. Der Grund, warum wir jetzt in L.A. aufgenommen haben, war dass wir dort in Daves Haus 24 Stunden am Tag an den Songs arbeiten konnten. In New York hätten wir ein Studio mieten müssen. Ich gebe aber zu: Wir haben mindestens zehnmal überlegt, ob wir nach L.A. gehen sollten. 

 Hat euch L.A. denn auch inspirieren können?
Ein wenig schon. In New York ist man ja ständig von unglaublich vielen Menschen umgeben. In L.A. hat man etwas mehr Platz und kann sich freier bewegen. Das entspannt und wirkt sich auch auf die Kunst aus, die man dort macht. Genau wie das Wetter. 

 Steckt das Wetter womöglich auch im Titel eures neuen Albums „Nine Types Of Lights”?
Ich werde nicht verraten, welche Bedeutung der Albumtitel für uns als Band hat. Das wäre ja langweilig.  

Die Bedeutung der neuen Songtexte ist dagegen weniger rätselhaft. Im Gegensatz zu den eher düster-melancholischen Geschichten auf den Vorgänger-Platten dreht sich jetzt alles um leicht verdaubare Liebeslyrik. Wie kommt’s?
Wir haben eine neue Herausforderung gesucht. Meistens fällt es einem doch viel leichter, ein Pessimist anstatt ein Optimist zu sein. Schon als Teenager sagt man ja ständig: ‚Das mag ich nicht! Das finde ich doof! Und das ist mir nicht cool genug!’ Es ist auch viel einfacher, einen Hass-Song auf George W. Bush zu schreiben, als einen Song über etwas, das einen gerade total glücklich macht. Und genau das haben wir jetzt versucht – ohne dabei weniger punkrock sein zu wollen. Nachdem wir in der Vergangenheit viele Songs über Sachen geschrieben haben, die uns aufregen, war es nun mal an der Zeit, ein paar Dinge anzusprechen, die in unserem Leben für Freude sorgen.

http://www.youtube.com/watch?v=oMi6NVd6_aI

    Entstanden sind dabei Songs wie ,,Will Do”, worin es ganz einfach heißt: ,,Our heart doesn’t play by rules and love has its own demands”. Und in „You” wird gesungen: „You’re the only one I ever loved”. Müssen gute Liebeslieder schnell verständliche Texte haben?
Ich finde es vor allem wichtig, dass die Musik es schafft, eine bestimmte textliche Message zu übermitteln. Gestern Abend waren wir in einer Bar, wo „If You Want Me To Stay“ von Sly & The Family Stone gespielt wurde. Darin heißt es auch einmal ganz simpel: „If you want me to stay, I’ll be around today.” Ein ganz einfacher Reim, der zusammen mit der Musik aber so toll klingt, dass man den Song einfach lieben muss! Und genauso verhält es sich mit Zeilen wie „you’re the only one I ever loved“. Wenn man das richtig zum Klingen bringt, kann man darin auch echte Hingabe und Liebe erkennen. Manchmal kommt es eben nicht so sehr darauf an, was man sagt, sondern wie man es rüberbringt.  

Alles andere als einfach gehalten ist die Musik, die ihr dazu spielt. Da gibt es Pop, Rock, Funk, Soul und Rap – nicht selten alles in einem Song. Wann ist ein Song denn für euch fertig gestellt?
Ich muss zugeben, dass wir es tatsächlich oft mit der Musik übertreiben und vielleicht mehr in einen Song stecken, als nötig. Das liegt ganz einfach daran, dass wir keine Ideen verwerfen wollen. Wir wollen alles immer mit einbauen und überladen deshalb häufig unsere Songs. Das Schwerste ist es für uns, am Ende irgendetwas wieder raus zu streichen, weil man es eigentlich nicht braucht  

TV On The Radio-Alben klingen immer, als wäre es euer oberstes Ziel, bloß keine gängigen Radio-Klischees zu erfüllen.
Das ist auch unser Ziel. Ich war noch nie ein großer Freund von Mainstream-Musik, nicht mal als Kind. Und gerade weil wir nichts imitieren, was im Radio gespielt wird, bin ich froh, dass wir trotzdem eine populäre Band geworden sind, die mit Musik Geld verdienen kann.   

Du hast TV On The Radio schon häufiger mit einem „Labor“ verglichen. Kannst Du dieses Labor ein wenig beschreiben?
Ich habe immer noch das Gefühl, dass wir auf die ein oder andere Weise dort geblieben sind, wo wir mit TV On The Radio angefangen haben: im Schlafzimmer. Damals haben wir noch mit einem Vier-Spur-Gerät aufgenommen, das ist heute natürlich anders. Aber unsere Songs sind immer noch Collagen, die wir aus vielen verschiedenen Ideen zusammensetzen. 

 Ist es nicht anstrengend, wenn so viele Multiinstrumentalisten aufeinander treffen und jeder ständig mit neuen Ideen ankommt? Braucht nicht auch eine Band einen Anführer?
Nicht wirklich. Ich stelle es mir stressiger vor, wenn niemand mit neuen Ideen ankommen würde. Bei uns gibt es ja auch keine wirkliche Hierarchie in der Band und auch keinen Wettstreit darum, wer die besten Einfälle hat. Bei uns tritt keiner dem anderen auf die Füße.  

In einem Interview hast du kürzlich gesagt, TV On The Radio sei wie eine Familie – was jedoch nicht immer so gewesen wäre. Wie seid ihr euch näher gekommen? Wir gehen uns auch jetzt manchmal auf die Nerven – aber nur noch so sehr, wie sich Brüder auf die Nerven gehen können. Diese Band ist die Arche unseres Lebens geworden! Und ich bin nicht mehr einfach nur Jaleel Bunton, sondern vor allem ein Teil von TV On The Radio. Das alles beeinflusst natürlich auch das Leben außerhalb der Band. Zum Beispiel bedeutet es, dass mir meine Freunde fremder werden, je länger wir unterwegs sind. Als TV On The Radio bewegen wir uns in einer Blase, in der wir die Veränderungen drum herum kaum wahrnehmen.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


„Nine Types Of Light“  erscheint am 15. April auf Interscope/Universal.

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