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Die Ankunft der Leuchtrakete
jetzt.de: Auf deinem Blog wirst du mit den Worten beschrieben: „Niemand verkörpert die Mischung aus Chuzpe und ‚extraordinaire’ besser, als die gebürtige St. Petersburgerin mit den immer bunten Nägeln.“ Ist es das, was die Leute meinen, wenn sie dich als Stilikone bezeichnen?
Palina: Zuerst einmal: Das habe ich nicht selbst geschrieben, finde mich aber durchaus darin wieder. Aber in meinem Leben gibt es genau so Tage, an denen ich mich unwohl fühle, kein Kleidungsstück passen will und alles doof aussieht – wie bei jedem Anderen auch. Gutes Aussehen liegt doch sowieso immer im Auge des Betrachters, deshalb achte ich lediglich darauf, dass es mir gefällt – zumindest für den Moment.
Das klingt so, als hättest du ab und an auch mal mit Kritik zu kämpfen.
Natürlich. Früher in der Schule wurde ich ständig wegen meiner Outfits gehänselt. Ich war den Leuten immer schon viel zu bunt angezogen, und dann hieß es immer: „Seht mal: Die Leuchtrakete kommt!“
Als Prominenter ist man angehalten, darauf zu achten, bei öffentlichen Events nicht ständig in der gleichen Garderobe gesehen zu werden. Eigentlich albern, oder?
Ja, absolut. Als ob man jede Klamotte nur einmal tragen und danach in die Tonne kloppen würde. Zumal Prominente das Leben abbilden und keine Roboter sind, die auf den Händen stehend auf dem roten Teppich posieren.
Für die meisten Menschen haben Prominente jedoch einen Status, der über dem eines „Normalsterblichen“ liegt – das wird ja auch medial so dargestellt.
Was mich betrifft, fühle ich mich gar nicht so prominent; selbst wenn ich ab und an im Fernsehen zu sehen bin. Ich laufe bei irgendwelchen öffentlichen Events auch nicht großartig anders herum als sonst.
Wenn man medial zum It-Girl stilisiert wird wie du, geht das manchmal mit einer zweifelhaften Berichterstattung einher. Ich habe zum Beispiel einen anderthalb Jahre alten Online-Artikel über dich gefunden, in dem stand: „Sie ist so eine Art Kreuzung aus sprechendem Einrichtungsgegenstand und Nummernmädchen in der MTV-Live-Sendung ‚Home.’“
Geil (lacht)! Das ist sehr gut beobachtet. Aber selbst, wenn ich anderer Ansicht wäre: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung.
Was geht denn in dir vor, wenn du so etwas über dich liest? Ist dir das wirklich egal?
Ja, ist es. Es gibt doch immer Leute, die einen nicht mögen. Das fängt in der Schule schon an. In meiner Schulzeit gab es immer Mädchen aus höheren Klassen, die mich nicht mochten. Ich war auf neun verschiedenen Schulen, und das war tatsächlich überall das Gleiche - ob Vorschule, Grundschule oder Gymnasium. So etwas kann man dann auch nicht ändern.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Palina
Vielleicht waren deren Mitschüler in dich verliebt und sie waren eifersüchtig?
Keine Ahnung. Ich konnte mir damals zumindest nie vorstellen, dass jemand auf mich steht. Das war echt ein Problem, deswegen hatte ich auch ganz lange keinen Freund. Und was die Kritik angeht: Bei „MTV Home“ habe ich drei Monate lang nur den Vorhang aufgemacht und hatte einen Redeanteil von maximal fünf Prozent. Da kann ich schon verstehen, dass man das nicht gerade als große Kunst begreift.
Bei „MTV Home“ gab es die Rubrik „99 Dinge, die ein Mann getan haben sollte“, im Zuge derer du dich an diese Dinge herangewagt hast. Was erwartest du tatsächlich von einem Mann?
Er muss Holz hacken können – eine der letzten Männerbastionen, die es noch gibt. Außerdem muss er Felsen besteigen und gut Auto fahren können. Und wenn es darum geht, was wirklich wichtig ist: Humor.
In der Sendung solltest du dir beispielsweise einen Furz anzünden und auf dem Alexanderplatz einen Orgasmus vortäuschen. Waren dir manche Dinge peinlich?
Klar, der vorgetäuschte Orgasmus war extrem unangenehm. Da hat mein Herz wirklich gerast, weil da wahnsinnig viele Leute um mich herum standen. Auf einer Promi-Party sollte ich auch mal Frauen anbaggern und Franziska Knuppe bei der Begrüßung an die Brust fassen. Das war auch nicht von schlechten Eltern und hat mich wirklich Überwindung gekostet.
Wie oft packt sich denn dein Umfeld an den Kopf, wenn wieder abstruse Aktionen von dir gesendet wurden?
Ach, das hält sich in Grenzen. Meiner Schwester ist es allerdings immer wahnsinnig unangenehm, weil sie viel konservativer ist als ich. Aber was soll ich machen: Das ist nun mal mein Job.
Demnächst bist du im Film „Rubbeldiekatz“ von Detlev Buck zu sehen. Ist die Schauspielerei der Bereich, in dem du deine berufliche Zukunft siehst?
Ich habe glücklicherweise mehrere Standbeine, lege aber keine Schwerpunkte. Ich nehme alles mit, was mich interessiert und mir Spaß macht. Die Schauspielerei fordert mich sehr, da lerne ich jeden Tag etwas dazu – das hält es für mich nach wie vor spannend.
Du bist nicht nur Moderatorin, DJ und Schauspielerin, sondern hast auch viel Werbung gemacht, unter anderem für die Dating-Plattform Friendscout24. Wie ist deine persönliche Einstellung dazu?
Dazu kann ich nicht viel sagen: Ich war da noch nie und habe es auch nicht vor. Ich bin mit meinem Freund seit vier Jahren zusammen und habe ihn über gemeinsame Freunde „in real life“ kennengelernt. Da aber zunehmend alles digitalisiert wird, werden Kennenlern-Geschichten übers Internet sicherlich zunehmen. Ob man das nun gut oder schlecht findet, das muss jeder selbst für sich entscheiden.
Du hast eben gesagt, dass du erst sehr spät einen Freund hattest. Wäre Online-Dating für dich damals eine Option gewesen?
Nein, dafür bin ich viel zu körperlich. Außerdem finde ich es schwierig, jemanden übers Internet als sympathisch einzustufen. Da ist eben noch ein Medium zwischengeschaltet, da würde mir die direkte Kommunikation fehlen. Mir gefällt auch diese Entwicklung der ständigen Erreichbarkeit nicht. Alle Leute sind ständig auf Twitter, Facebook und sonstigen Netzwerken unterwegs, und das finde ich furchtbar. Vielen Menschen fällt es heute bereits ungeheuer schwer, sich mal über längere Zeit auf ein persönliches Gespräch zu konzentrieren. Wie soll da noch zwischenmenschliche Tiefe entstehen? Dadurch entsteht die bereits angesprochene Oberflächlichkeit – und das finde ich beängstigend.
Text: daniel-schieferdecker - Foto: viva.de