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Romy Madley Croft, Oliver Sim und Jamie Smith sind drei erstklassige Leisetreter. Mit ihrem stillen aber hypnotisierenden Synthiepop auf dem vor drei Jahren veröffentlichten Debüt "The xx" verankerte sich das Trio weltweit in den Herzen und Hinterköpfen, heimste Musikpreise ein und war sogar ein kommerzieller Erfolg. Jetzt ist endlich das heiß erwartete zweite Album fertig. Es wurde "Coexist" (erscheint am 7. September bei XL Recordings) genannt und ist tatsächlich genauso wunderbar wie das erste. Wir haben zum Gratulieren bei Klangmeister Jamie Smith in Toronto angerufen, wo The xx am Abend ein Konzert spielten.

jetzt.de: Jamie, gleichzeitig auf Tour zu sein und Interviews fürs neue Album zu geben ist anstrengend, oder?
Jamie Smith: Es ist viel Arbeit. Aber ich beschwere mich nicht darüber. Ich mache lieber das, was ich jetzt mache, als irgendetwas anderes.
 
Ihr seid unlängst in Deutschland bei den Festivals gewesen. Wie haben die Leute auf die neuen Lieder reagiert?
Es ist immer eine schwierige Geschichte, den Menschen neue Songs vorzusetzen. Songs, zu denen sie noch keine Verbindung aufbauen konnten. Aber so insgesamt lief es wirklich hervorragend.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Romy Madley Croft, Oliver Sim und Jamie Smith
 
„Coexist“ ist hübsch geworden. Zufrieden?
Ja, sehr zufrieden. Wir haben lange für diese Platte gebraucht und sind glücklich, dass sie fertig geworden ist. Und naja, sie ist ja auch nicht übel.
 
Warum hat es so lange gedauert?
Weil ich das so wollte. Wir alle wollten das so. Ich brauchte Zeit für mich. Zeit, in der ich zu Hause bleiben und mir neue Musik ausdenken konnte. Kreativ zu sein, das ist der Aspekt unseres Jobs, den wir alle drei am meisten genießen. Viel mehr als live zu spielen. Dazu kommt, dass wir Perfektionisten sind. Es hat einfach so lange gedauert, bis wir das Ergebnis hatten, das wir wollten.


http://vimeo.com/48352434
 
Das heißt, ihr wolltet das perfekte Album?
Nein, das will ich so nicht ausdrücken. Aber wir müssen doch Songs schreiben, die so gut sind, dass wir bis in alle Ewigkeit mit ihnen glücklich sind. Sonst bist du irgendwann 50 und denkst „Mist, was habe ich denn da mit 25 nur für einen Müll gemacht?“ Das geht doch nicht.
 
Ihr baut auf eurem Album eine Art Landschaft aus Klängen. Siehst du dich beim Komponieren wie ein Gärtner?
Nun, unser Sound entsteht nicht im Kopf von drei Gartenarchitekten. Was ich sagen will: Die Musik entsteht und entwickelt sich ganz natürlich, wenn wir drei zusammen spielen. Das näher zu erklären, fällt mir immer schwer. Es hängt einfach mit unseren Geschmäckern zusammen, mit uns dreien und wie wir als Einheit funktionieren.
 
Das bedeutet, die Koexistenz zwischen Romy, Oliver und dir ist ... 
... beträchtlich. Aus diesem Grund heißt das Album auch „Coexist“. Nachdem wir so lange auf Tour waren und immer zusammenklebten, in der Arbeit wie in der Freizeit, hat sich so eine Art Menschenklumpen gebildet. Das Verhältnis ist sehr eng. Was auch bedeutet, dass man bestimmte Dinge lernen muss, damit so ein Aufeinanderhocken gelingt.
 
Ist es toll, so symbiotisch zu sein?
Das Bild, das sich daraus ergibt, ist nicht immer so hübsch wie das Bild, das ich gerade hier male. Ich denke, es ist gesund, dass man sich ab und zu gegenseitig ankotzt.

Und was gilt es dann zu lernen?
Wann man sich zurückhalten, den Weg des anderen nicht kreuzen sollte. Und auch, wann man teilen kann. Wichtig: Man muss ehrlich miteinander umgehen. Immer noch unternehmen wir auch Sachen zusammen, die nichts mit der Band zu tun haben, gehen ins Kino oder in die Kneipe. Wir drei sind wirklich allerbeste Freunde.
 
Ihr kanntet euch schon, bevor ihr mit 16 The xx gestartet habt. Was hat sich zwischen euch geändert?
Wir haben jeder für sich an Selbstvertrauen gewonnen. Und wir haben viel Vertrauen in die jeweils anderen beiden gewonnen.

Ihr seid immer noch jung, du bist 23. Hast du angesichts der Reife eures Sounds und eurer Songs das Gefühl, seelisch älter zu sein?
Diese Vermutung äußern die Leute häufig. Ich habe keine richtige Antwort darauf, denn ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten. In meinen Augen klingen wir wie: wir. Und so allgemein als Menschen würde ich ausschließen, dass wir irgendwie sonderlich reifer sind als andere Leute in unserem Alter. 
 
Ihr kennt euch aus der Schule. Wann habt ihr gemerkt, dass mit eurer Band etwas Großes passiert?
Für mich ist das bis heute schwer zu glauben. Es ist komplett nicht das, was wir oder sonst jemand für uns erwartet hätten. Auch, weil wir nicht die Typen sind, die gerne da vorne im Scheinwerferlicht stehen. Was geschehen ist, seit wir unser erstes Album aufnahmen, ist eine Sensation für uns. Wir sind sehr dankbar.
 
Wärst du gerne extrovertierter?
Nein, nein. Wir haben ja auch jetzt schon Übung darin, auf der Bühne zu stehen oder Interviews zu geben. Neuerdings stellen wir fest, dass wir bei unseren Konzerten richtig Spaß haben. Was ich mir nie hätte vorstellen können, wenn ich daran denke, wie viele Leute da zugucken oder was alles schiefgehen könnte. 
 
Alle fanden euer erstes Album toll. Wie seid ihr mit dieser heftigen Zuneigung fertig geworden?
Von außen sah das plötzlicher und dramatischer aus als es war. Für uns ging ja alles langsam. Wir fingen mit 16 an, bis „The xx“ rauskam, waren drei Jahre vergangen. Das war ein sehr langsamer, schrittweiser Weg zum Erfolg. Ich bin stolz auf uns, und ein wenig kann ich nun auch die Vorzüge des Erfolgs genießen.
 
Hast du noch eigentlich noch Zeit für andere Freunde, bei dem ganzen Stress mit The xx?
Wir lernen zunehmend, dass es ein Segen ist, Menschen auf Tour einzuladen, sie eine Weile mitzunehmen. Sonst wird man auf Dauer verrückt bei dieser ganzen Dreierintensität zwischen uns. Menschliche Abwechslung ist wichtig.
 
Viele Bands stellen doch fest, dass es keine gute Idee ist, Freunde, Freundinnen, Familienmitglieder mit auf Tour zu nehmen.
Ständig machen wir das ja auch nicht. Nur manchmal ist es sehr schön.
 
Man liest jetzt, das neue Album sei so ein Club-Kracher. Das ist aber doch etwas übertrieben, oder? Also, es gibt schon leichte House- oder Elektro-Einflüsse, doch insgesamt dominiert nach wie vor die Melancholie.
Das stimmt. Die Club-Einflüsse springen dir nicht mit dem Hintern ins Gesicht, aber sie sind schon da. Im letzten Jahr, unserem freien Jahr, sind wir alle ganz schön viel ausgegangen und haben auch mal Party gemacht. Ich selbst habe viel als DJ gearbeitet. Insgesamt gab es viel Dancemusik in unserem Leben, und daher kommt es, dass House und Techno so ein bisschen in unser Album gesickert sind.

Hattest du denn vorher schon Erfahrung als DJ?
Ja, ich lege auf, seit ich zehn Jahre alt bin. Mir macht das viel Freude. Als DJ musst du nicht so viel von dir preisgeben, verglichen mit einem Konzert, das macht es einfacher. Auf der anderen Seite ist es nicht ganz so erfüllend.
   
Ihr habt „Coexist“ nicht in einem klassischen Studio aufgenommen, sondern in einem ganz normalen Büro. Wieso das denn?
Der Raum hat natürliches Licht und einen sehr guten Klang. Er war auch weniger steril als so ein fensterloses, dunkles Studio. Außerdem hatten nur wir drei einen Schlüssel, was nichts anderes heißt, als dass wir die sechs Monate während der Albumproduktion in Ruhe gelassen wurden.
 
Olympische Winterspiele, Fußball-Übertragungen, TV-Serien, Spielfilme, sogar die Wahlberichterstattung der BBC – alle untermalten ihre Bilder mit eurer Musik, vor allem mit dem Song „Intro“. Reicht das nicht irgendwann?
Ja, das wurde vielleicht etwas zu viel. Wenn ständig jeder deinen Song benutzt, dann lutscht ihn das aus. Aber es ist auch sehr nett, wenn die Leute deine Musik auswählen, um ihre Botschaften zu verstärken. 
 
Alle möglichen Genreliebhaber, vom Hip-Hop-Fan bis zum Metal-Hörer, können sich auf euch einigen. Warum noch mal?
Tja, wenn ich das wüsste. Diese Frage können wir beim besten Willen nicht beantworten. Man müsste jeden einzelnen fragen, was er an uns findet. Und das lassen wir lieber bleiben, denn wir möchten das gar nicht wissen.

„Coexist“ von The xx erscheint am 7. September bei XL Recordings.

Text: steffen-rueth - Foto: oh

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