- • Startseite
- • Interview
-
•
Der Münchner Sender M 94.5 verliert seine Frequenz
Am Donnerstag tagte der Hörfunkausschuss der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und beschloss, die Münchner UKW-Frequenz 94,5 neu zu vergeben. Seit 20 Jahren lief auf der Frequenz der Münchner Aus- und Fortbildungskanal M 94.5. Wer in München „was mit Medien“ machen wollte, hat dort während des Studiums gearbeitet. Vom 1. September an ist damit Schluss, dann wird auf der Frequenz „Rock-Antenne“ zu hören sein, ein Ableger des erfolgreichen Formatsenders „Antenne Bayern“. Wir haben mit Johannes Vogl über das Ergebnis gesprochen. Der 26-Jährige macht bei M 94.5 gerade sein Volontariat und ist Vorstandsmitglied im Förderverein „Freunde von M 94.5“.
jetzt: Johannes, wie ist gerade die Stimmung bei euch in der Redaktion?
Johannes Vogl: Das ist schwer zu sagen. Einerseits sind wir sehr traurig darüber, dass wir zum 1. September unsere UKW-Frequenz verlieren werden. Andererseits hat uns diese Entscheidung auch dazu motiviert, jetzt an einem neuen Konzept zu arbeiten. Die Zeit, die wir noch haben, wollen wir dazu nutzen, ein richtig gutes Radioprogramm anzubieten. Und für die Zeit danach arbeiten wir daran, ein cooles Web-Angebot zu gestalten. Wir schwanken also gerade zwischen Trübsal und Aufbruch hin und her.
Habt ihr denn mit dem Ergebnis gerechnet?
Wir wussten, dass es eine knappe Sache werden würde. Aber wir hatten uns schon eine 50-prozentige Chance ausgerechnet. Wir fanden die Argumente von beiden Seiten gut nachvollziehbar. Es ist ja nicht so, dass sich die Rock-Antenne zu Unrecht beworben hätte.
Dass die Entscheidung dann so klar ausgefallen ist, das tut schon weh. Und bedeutet im Grunde, dass wir laut der BLM 20 Jahre lang eine Themaverfehlung abgeliefert haben.
Was ist denn laut BLM eure Aufgabe?
Die Ausbildung. Und eben nicht, die Kulturlandschaft zu bereichern. Uns wird also sozusagen vorgeworfen, ein gutes Programm gemacht zu haben.
Ihr hattet eine Menge prominenter Unterstützung. Von Claus von Wagner über La Brass Banda bis zum Oberbürgermeister Dieter Reiter. Das hat nicht gereicht. Weißt du, warum?
Ich bin bis heute nicht das Gefühl losgeworden, dass das ein abgekartetes Spiel war und wir nie eine echte Chance hatten. Wir haben erst im Dezember über Umwege davon gehört, dass unsere Frequenz zur Disposition stand. Aus BLM-Kreisen hieß es dann, wir hätten das schon vor zwei Jahren erfahren können. Wenn sie uns das vor zwei Jahren gesagt hätten, hätten wir uns ganz anders vorbereiten können.
Aber natürlich haben wir uns über den Zuspruch von jedem Einzelnen gefreut. Jede Nachricht gab uns das Gefühl, dass uns da draußen tatsächlich jemand hört. Und das hat uns sehr gut getan.
Ihr habt gegen Rock-Antenne verloren. Ein Ableger von Antenne Bayern, auf dem Mainstream pur läuft – das Beste aus den 80er, 90er Jahren. Schmerzt das besonders?
Das tut tatsächlich weh. Wir haben in den letzten Wochen in der Redaktion viel und kontrovers diskutiert. Und immer wieder hieß es: Wenn wenigstens Ego FM die Frequenz bekommt, die sich ja zunächst wohl auch beworben hatten, dann könnten die so etwas wie unsere Nachfolge antreten. Die Rock-Antenne ist das genaue Gegenteil von dem, was wir tun. Und ich verstehe ehrlich nicht, wie die BLM, die sich selbst Medienvielfalt als ihre Aufgabe auf die Fahne schreibt, einen Sender raus kickt, der ein kulturell vielfältiges Programm macht und die Frequenz einem Big Player gibt, der das gleiche Programm macht wie alle anderen.
Wie ist es denn so weit gekommen?
Unsere Frequenz wurde neu ausgeschrieben. Das ist nach einer bestimmten Laufzeit ein ganz normaler Prozess. Nur wurde bisher die Ausschreibung immer so formuliert, dass der Aus- und Fortbildungscharakter des Senders besonders betont wurde. Diesmal aber wurde explizit gewünscht, dass sich überregionale Player bewerben und damit wussten Rock-Antenne und Ego FM, dass sie damit gemeint waren.
Warum war die UKW-Frequenz noch mal so wichtig?
Klar, DAB+ ist im Kommen, aber UKW ist nach wie vor die meistgehörte Verbreitungsart von Radio. Wir hatten in der UKW-Frequenz einen Marktanteil von fast einem Prozent, das sind ungefähr 10 000 Hörer, und damit konnten wir argumentieren, wenn wir uns akkreditieren, Interviews anfragen oder auf Messen gehen wollten. Ich habe vor ein paar Tagen einen Musikpromoter gefragt, was ein Fequenzverlust denn für ihn bedeuten würde und er meinte: Dann bleiben die Bands weg und machen sich lieber einen schönen Nachmittag, anstatt in unser Studio zu gehen. Ständig wird uns gesagt, was für eine Riesenchance es sein kann, dass wir jetzt Internetradio und dann crossmediale Angebote machen können. Aber wenn eine Band gar nicht mehr zu uns ins Studio kommt, dann kann ich halt auch kein Video von der drehen und ins Netz stellen.
Schade, das wäre meine letzte Frage gewesen: Ist es denn keine Riesenchance, dass ihr jetzt ins Netz gehen müsst?
Wir werden das Beste daraus machen müssen und uns im Netz beweisen. Und klar, solche Herausforderungen sind auch Chancen. Nur: Gerade können wir das noch nicht so anerkennen. Wir sind einfach noch ein bisschen in unserer Trauer gefangen, was vielleicht ja auch nachvollziehbar ist.