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Der Geist in Boxershorts
Peter Jollberg, 30, ist Juniorchef der Geisterbahn „Fahrt zur Hölle“, ein 192 Jahre alter Familienbetrieb. Die Zuschauer fahren dabei in Käfigen durch zwei Stockwerke und werden von „lebenden Geistern“ erschreckt. Jollberg hat selber mehrere Jahre als Geist gearbeitet.
jetzt.de: Was ist die beste Taktik, um jemanden in einer Geisterbahn so richtig zu erschrecken?
Peter Jollberg: Die Momente, in denen die Leute gerade abgelenkt sind, funktionieren am besten. Wir waren immer so fünf oder sechs lebende Geister in der Bahn und kamen dann in der Dunkelheit von hinten oder von der Seite an die Gondel ran. Einer hat dann auf ein Blech geschlagen, der Nächste haute mit einem nassen Handschuh auf den Wagen, so dass das Wasser auf die Leute spritze. Ein anderer Geist hatte auch eine Kettensäge, natürlich ohne Sägeblatt. Hauptsache es ist laut und scheppert. Da erschrecken sich die meisten, auch wenn gerade Jungs es danach oft nicht zugeben. Aber ich als Geist weiß ja, was ich in der Bahn gehört habe. Mädchen kreischen hingegen oft richtig laut und wollen dann ganz schnell aussteigen, wenn die Fahrt vorbei ist.
Wie weit darf man als „menschlicher Geist“ denn gehen beim Erschrecken?
Man darf natürlich nicht zu übermütig werden. Viele Leute denken zum Beispiel, dass menschliche Geister sie auch aus der Gondel rausziehen würden oder so was. Das tun wir aber nicht und deshalb sind die Menschen ja auch in so einer Art „Käfig“ um ihre Gondel geschützt – um klar zu machen, dass man ihnen nicht zu nahe kommt. Bei Kindern muss man auch besonders aufpassen und lieber etwas weniger gruselig sein. Wir springen zum Beispiel bei Erwachsenen oft auf die Gondel drauf und fahren ein Stück mit. Bei Kindern machen wir das eher nicht. Prinzipiell achten wir darauf, wenn die Leute einsteigen, wer da in der Gondel sitzt und wie weit man dann gehen sollte.
Wie sah dein Arbeitsoutfit als Erschrecker aus?
Ich hatte mir damals selber eine Kutte zurechtgeschneidert. Dazu hatte ich eine halbe Totenkopfmaske auf, die Nase, Kinn und Hals bedeckte. Zusätzlich habe ich mir Narben ins Gesicht gemalt, oft lief auch Blut aus beiden Mundwinkeln. Allerdings änderte sich die Verkleidung von Jahr zu Jahr, die Leute wollen ja Abwechslung. Und man muss sich auch immer dem Wetter anpassen.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Uaaah, gruseln in der Geisterbahn! Der Besucher auf diesem Bild ist allerdings ziemlich mutig.
Inwiefern?
Na, wenn’s im Sommer zum Beispiel draußen 30 Grad sind, hat’s in der Geisterbahn locker 40. Dann hatte ich nur eine Boxershorts unter der Kutte an, alles andere war zu heiß. Auch die Maske ist dann manchmal zu viel, also habe ich sie weggelassen. Zur Hochsaison fahren ja schon täglich 1000 Leute durch so eine Bahn und die müssen alle erschreckt werden. Das geht sehr in die Knochen. Und wenn man dann auch noch die ganze Zeit schwitzt, ist es zusätzlich anstrengend.
Passiert es dir oft, dass die Leute sich gegen die Geister wehren?
Klar, das passiert immer wieder. Je später es wird, umso betrunkener werden die Mitfahrer. Manche pöbeln einen an, ich wurde auch schon öfter angespuckt. Ganz Betrunkene versuchen manchmal sogar, einen anzupinkeln.
Wie reagierst du dann? Fällst du aus der Rolle?
Nein, da muss man drüberstehen. Ich kann den Wagen ja auch nicht anhalten. Aber durch die geschlossenen Gondeln können die Leute ja auch nicht aussteigen und so richtig handgreiflich werden. In diesen Fällen sind die Gondeln dann eher zu unserem Schutz als zu dem der Gäste (lacht).
Habt ihr so was wie Stammgäste in eurer Geisterbahn?
Natürlich. Ich würde schätzen, dass wir auf jedem Festplatz so zehn Stammkunden haben, die dann vier bis fünf Mal täglich mitfahren. Beim Oktoberfest machen die das 16 Tage am Stück. Diese Leute bekommen bei uns aber auch einen Sonderpreis.
Gibt es auch Menschen, die absolut immun gegen deine Erschreckerkünste sind?
Pärchen sind in der Tat sehr schwierig zu erschrecken. Die fangen meistens direkt mit Fahrtbeginn an zu knutschen, ist ja auch schön dunkel in der Bahn. Da kann man dann so laut und gruselig sein wie man möchte – das beeindruckt die einfach nicht.
Text: charlotte-haunhorst - Fotos: privat; dpa