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Das Mädchen mit dem Piano. Alison Sudol im Interview

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Alison, einige Songs auf diesem Album sind ja bereits vor drei Jahren entstanden... Alison Sudol: "Almost Lover" und "Near To You". "Almost Lover" war überhaupt der erste Song, den ich am Piano geschrieben und später aufgenommen habe. Der Song war sozusagen mein eigener kleiner Durchbruch. Das passierte kurz nachdem du überhaupt mit dem Klavierspielen begonnen hast... Alison Sudol: Ja. Wobei das eine ziemlich eigennützige Entscheidung war, weil ich nun mal nichts lieber tue, als Songs zu schreiben. Und um das zu können, musste ich Klavier spielen lernen. Also hab ich's gelernt. Piano-Profis saßen meistens schon am Instrument bevor sie fünf Jahre alt waren. Von dir wiederum heißt es, dass Du Dich kaum an die Zeit zwischen fünf und zehn Jahren, umso besser dafür an die Zeit zwischen deiner Geburt und dem fünften Geburtstag erinnern kannst. Bitte erklär das mal. Alison Sudol: Naja, es ist eben lustigerweise so, dass ich mich an diese frühen Kindertage im Gegensatz zu den späteren wirklich sehr gut erinnern kann. Hängt wohl damit zusammen, dass sich für mich ziemlich viel durcheinander gekommen ist, als ich fünf Jahre alt war. Und Seattle, wo ich aufgewachsen bin, hatte davor einen wahnsinnigen Einfluss auf mich, als ich noch sehr klein war. Der ständige Regen, die Farben, das allgegenwärtige Wasser. Ich bin wesentlich ruhiger, sobald ich in der Nähe eines Gewässers bin. Ich erinnere mich ans Entenfüttern und daran, wie ich in einen Teich gefallen bin. Klingt erstmal nach einer guten Kindheit... Alison Sudol: Ich habe in meiner eigenen Welt gelebt. Und natürlich war ich auch total schüchtern. Eine Gruppe von anderen Kindern - das hat mich eingeschüchtert. Die meiste Zeit habe ich mit Erwachsenen verbracht. Dadurch bin ich wohl etwas seltsam geworden. Ich hab irgendwie nirgendwo hingepasst.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Hast Du mittlerweile das Gefühl, irgendwo hinzupassen? Alison Sudol: Es gibt einige Orte, an denen ich mich wohl fühle. In Europa zum Beispiel, wo ich die Landschaft und die Menschen sehr mag und ich das Gefühl habe, dass ich es dort sehr gut aushalten könnte. Und natürlich gibt es auch einige Orte in den Staaten, die ich wundervoll finde. Gehst Du mit deinen Freunden oft aus? Oder gehört Ihr eher zu den Spieleabend-Menschen... Alison Sudol: Ich liebe es, Tanzen zu gehen. Aber mir macht's nur Spaß zu Indie-Rock oder zu New Wave zu tanzen. Ansonsten stehe ich gar nicht so auf Ausgehen. Es ist schön, mal zusammen Essen zu gehen, oder ins Kino oder in ein Konzert. Aber am liebsten gehe ich Essen, komme danach heim und schaue mir mit meinem Hund einen Film an. Oder ich setze mich ans Klavier. Oder ich lese. Zu deiner Lieblingslektüre gehören Romane von Jane Austen, Charles Dickens, Lewis Carroll, ­ allesamt Autoren des 19. Jahrhunderts. Hast Du eine spezielle Beziehung zu dieser Zeit? Alison Sudol: Hab ich. Die Bücher dieser Autoren zeichnen sich immer durch eine gewisse Unschuld aus. Auch wenn's um Leute geht, die sehr böse handeln,­ die Charaktere zeichnen sich durch eine Reinheit aus, die ich bewundere. Abgesehen davon, gefällt es mir einfach, wie die Dinge damals aussahen,­ ganz gleich, ob es um Architektur oder Kleidung geht. Und die Manieren! Das gefällt mir einfach. Ich finde es wohl romantisch. Wieviel Romantik kann man sich als Neuling im Musikgeschäft erlauben? Alison Sudol: Lustigerweise war ich, was das Musikgeschäft betrifft, auch total auf der Hut. Ich habe mich nicht besonders wohl dabei gefühlt und wusste nicht, wie sie auf jemanden wie mich reagieren würden. Natürlich gibt's da Leute, die jedem üblen Klischee des Geschäftsmannes entsprechen. Aber mit denen habe ich eigentlich kaum etwas zu tun. Aus irgendeinem Grund habe ich im Musikgeschäft bis jetzt nämlich fast nur entzückende Menschen kennengelernt. Dein erster Schritt ins Musikgeschäft war ja auch ein eher ungewöhnlicher. Er fand im Wohnzimmer deiner Mutter statt. Dorthin kam ein Chef-Manager von Virgin Records, oder? Alison Sudol: Ja, und meine Mutter war traumhaft, sie hat's total genossen. Wir leben in einem Ort, der sehr vorstädtisch ist, nicht gerade etwas, wo sich Leute aus dem Musikgeschäft für gewöhnlich aufhalten würden. Der Virgin-Mann kam vom Flughafen, der 40 Minuten von unserem Haus entfernt ist. Der Verkehr war grauenhaft. Wie immer. Weshalb man sich in L.A. auch nicht entschuldigt, wenn man zu spät kommt. Aber er hat sich dafür entschuldigt, dass er zu spät gekommen ist. Ein Mann mit Manieren! Alison Sudol: Ja, das hat wirklich Eindruck auf mich gemacht. Ich hatte dann auf einmal keine Angst mehr, ihm meine Songs vorzuspielen. Nach dem Plattenvertrag warst du gleich Support von Rufus Wainwright und dann von den Stooges mit Iggy Pop. Gratulation. Alison Sudol: Danke! Rufus ist ein, man könnte fast sagen: Idol von mir. Er ist ein unglaublich begabter Songschreiber und ein grandioser Bühnenkünstler. Es war ein Riesenvergnügen, ihn jeden Abend auf der Bühne zu sehen. Und wir haben ihn uns wirklich jeden Abend angeschaut. Er ist eine wundervolle und äußerst mutige Person. Weil es nämlich ein Menge Mut erfordert, genau so zu sein, wie man ist, ohne sich dafür ständig zu rechtfertigen. Er liebt übrigens Deutschland und Österreich. Ich bin mir nicht sicher, ob Du weißt, dass er sehr gerne Lederhosen trägt... Hab sowas gehört. Trägst du ab und zu mal Dirndl? Alison Sudol: Nein, ich bin keine Trachtenträgerin. (lacht) Sonst würde mich noch jemand für eine russische Mamutschka halten. Ich habe übrigens deutsche Vorfahren. Meine Urururgroßmutter war, äh, ich weiß nicht genau, woher sie gekommen ist. Das muss ich noch rausfinden. Wie schade. Kommen wir deshalb zu Iggy Pop. Alison Sudol: Der Rockstar schlechthin. Phänomenal. Wir waren alle wahnsinnig aufgeregt, als wir erfahren haben, dass wir als Opener vor ihm spielen dürfen. Ist ja eigentlich eine sehr merkwürdige Kombination. Und er ist halt einfach nur spektakulär. Er ist in die Menge gesprungen ­ über die Photographen hinweg! Als er zum Sprung ansetzte, sah ich die fassungslosen Gesichter der Leute seines Plattenlabels. Aber er kümmert sich einfach nicht drum. Konntest du ein wenig mit ihm plaudern? Alison Sudol: Wäre möglich gewesen. Aber hinter der Bühne ging's recht heftig ab. Er hatte diese ganzen verrückten Typen in seiner Garderobe, das hat mich schon sehr eingeschüchtert. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich sowieso bloß Blödsinn zusammenstottern würde. A Fine Frenzy - Alison in Aktion:

Vor kurzem hast du in "CSI: NY" mitgespielt". Gibt es weitere Schauspielpläne? Alison Sudol: Im Moment nicht. Es war eine tolle Erfahrung, aber die Musik steht bei mir einfach an erster Stelle, das ist mein Leben. Die Schauspielerei wäre da eher so ein spaßiger Zeitvertreib. Gäbe es einen favorisierten Regisseur für diesen Zeitvertreib? Alison Sudol: Wes Anderson. Mit dem Du vor kurzem auch Bekanntschaft gemacht hast. Alison Sudol: Ja! Wir waren in Michigan, hatten einen Tag frei und meiner besten Freundin, mit der ich auch zusammen arbeite, ging's nicht so gut. Also bin ich in einen Buchladen, um ihr ein kleines Geschenk zu kaufen. Da hab ich dann den Soundtrack zu "Darjeeling Ltd." gesehen, und dem Typen an der Kasse gleich mitgeteilt, dass ich ein Riesenfan von Wes Anderson sei. Er sagte mir dann, dass Wes Anderson und sein Darsteller Jason Schwartzman heute Abend im Laden seien, um über den Film zu sprechen. Natürlich hab ich mir das angesehen. Und als ich am Ende vor ihnen stand, fiel mir plötzlich überhaupt nichts mehr ein. Ihr Manager stellte mich ihnen vor und sagte, dass ich von A Fine Frenzy sei. Und Jason hatte schon von mir gehört. Verrückt. Er sprach über meine Musik und ich stand da bloß mit offenem Mund. Alles was ich zu Wes Anderson sagen konnte war "Ihre Filme inspirieren meine Musik." Es war absolut uncool.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Album "One Cell in the Sea" von A Fine Frenzy erscheint am 8. Februar. Mehr Infos unter afinefrenzy.com/.

Text: uli-karg - Fotos: afinefrenzy.com

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