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Burka für die Freiheit
Am Donnerstag vergangener Woche erklärte der Innenminister der Niederlande, Piet Hein Donner, dass er ein Burka-Verbot anstrebe. Am Freitag stimmte das Kabinett dem Entwurf zu. Dass das Parlament in Den Haag das Burka-Verbot beschließt, gilt als Formsache. Holland ist damit nach Frankreich und Belgien das dritte Land in Europa, das die Schleier aus der Öffentlichkeit verbannt. José Cabrera y Charro protestiert gegen das Verbot. Er betreibt einen Kostümverleih- und verkauf und hatte mehrere Tage Burkas im Angebot. Seine Idee: Burkas als Verkleidung kann man doch nicht verbieten, oder?
jetzt.de: Warum verkaufen und verleihen Sie Burkas?
José Cabrera: Das war eine sponante Reaktion auf die Pläne der niederländischen Regierung, die ein Burka-Verbot einführen will. Es war als Scherz gedacht – aber es hat eine politische Dimension. Die Burka ist unsere Form des Protests.
Sie protestieren gegen ein Burka-Verbot?
Ja, und es gibt zwei Gründe, warum ich gegen das Burka-Verbot bin. Erstens ist es reine Symbol-Politik – das sagen übrigens auch die Befürworter. Keiner muslimischen Frau geht es danach besser. Und zweitens schränkt es die Freiheit ein.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Cabrera
Für die Befürworter ist doch aber das genau das Argument: Es befreit die Frauen!
Ich bin auch kein Burka-Fan. Aber muslimischen Frauen wäre wesentlich mehr geholfen, wenn man ihnen eine Ausbildung, einen Job, mehr Unabhängigkeit gäbe. Ich bin selbst in einem Ausländerviertel aufgewachsen – da durften manche Mädchen nicht mal einfach so auf die Straße. Ich habe deshalb etwas gegen diese Symbol-Politik. Aber viel wichtiger noch finde ich, dass das Verbot die Freiheit des Einzelnen einschränkt. Ich will in einem Land leben, in dem sich jeder so kleiden darf, wie er will. Denn wo führt uns das sonst hin - werden dann irgendwann auch Miniröcke verboten?
Sie meinen, wenn die Burka eine Verkleidung ist, dürfe man sie auch weiterhin tragen?
Ich bin mir da nicht ganz sicher. Es gibt Ausnahmen für Faschingsverkleidung, Weihnachtsmann-Kostüme und Helme. Unseren Kunden sagen wir, sie sollen die Quittung vorzeigen, wenn die Polizei kommt. Sollte sie trotzdem eine Strafe verhängen, übernehmen wir den Betrag.
Bis zu 380 Euro Bußgeld werden pro Kopf unter der Burka fällig.
Am Donnerstagnachmittag haben wir begonnen und seither über fünfzig Burkas verkauft. Wenn wir für jede zahlen müssen, liegt die mögliche Strafe für uns bei über 20 000 Euro. Ein stolzer Betrag. Deshalb haben wir am Montag beschließen müssen, damit aufzuhören.
Welche Reaktionen gab es auf die Aktion?
Die allermeisten waren positiv, viele fanden diese Art des Ungehorsams witzig. Es gab aber auch böse Mails und sogar Drohungen. Diese Leute sagen, sie seien froh über ein Verbot. Nachdem dann am Wochenende auch die Medien berichtet haben, hat ganz Holland darüber gesprochen. Die Reaktionen waren überwältigend, so dass zeitweise der Online-Shop zusammengebrochen ist.
Text: benjamin-duerr - Foto: Diederik Starreveld