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Best-of Wiki: Warum Bertelsmann die Online-Enzyklopädie drucken will
Warum haben Sie sich entschieden, aus Wikipedia ein Lexikon zu machen? Wikipedia ist nicht nur eine sehr bekannte Marke, sondern auch ein sehr interessantes Projekt. Daher gibt es schon seit Längerem Überlegungen dazu, wie man als Lexikon-Verlag daraus interessante Produktideen für den Buchhandel generieren und gleichzeitig neue Zielgruppen für das Produkt Lexikon gewinnen kann. Wer ist denn Ihre Zielgruppe? Ich denke zunächst mal, alle, die die Wikipedia interessant finden, und das sind 15 Millionen User im Monat. Viele zählen zur Online-affinen Gruppe der jüngeren Generation, aber es gibt auch viele Menschen jenseits der 30, die die Wikipedia wertschätzen. Darüber hinaus ist das geplante einbändige Lexikon auch für all die interessant, die am Tagesgeschehen interessiert sind und ein Werk schätzen, das den Zeitgeist dokumentiert. Wie funktioniert das gedruckte Wikipedia? Das Lexikon fasst die meistgesuchten Stichwörter zusammen. Es ist also keine Kopie der Wikpedia, sondern eine Art „Best Of“ - im Gegensatz zum klassischen Lexikon, das nur solche Stichwörter enthält, die für die verschiedene Wissensbereiche nachweislich relevant sind. Diese Best-of-Auswahl korreliert mit dem, was die Menschen derzeit interessiert. Das Wikipedia-Lexikon ist eher ein „Lexikalisches Jahrbuch“, weil es das abdruckt, was in diesem Jahr besonders interessiert hat. Es wundert daher nicht, dass sich im Wikipedia-Lexikon viele Stichwörter finden, die in einem klassischen Lexikon nicht vorkommen. Was für Stichwörter sind das? Das sind zum Beispiel aktuelle Buchbestseller mit Kurzbeschreibungen, erfolgreiche Fernsehformate wie „Dr. House“ oder zahlreiche Musikgruppen, die in klassischen Lexika nicht auftauchen. Man findet auch Fußballstadien wie die Allianz-Arena mit den entscheidenden Daten. Oder den Namen von Carla Bruni, die als Frau eines Präsidenten in einem normalen Lexikon nicht vorkommen würde. Wie dick soll das Lexikon werden? Wir haben die 50.000 meistgesuchten Begriffe ausgewählt, das werden dann in etwa 1.000 gedruckte Lexikon-Seiten. Eine Besonderheit von Wikipedia ist ja die dynamische Struktur. Jeder kann jederzeit einen Eintrag verändern, es wird diskutiert, gelöscht und neu geschrieben. Wie kann man diese dynamische Natur in gedruckter Form nachvollziehen? Sollte dieses „Lexikalische Jahrbuch“ tatsächlich seine Zielgruppe finden und in jährlichen Rhythmen erscheinen, würden die verschiedenen Ausgaben Entwicklung und Wandel der Wikipedia nachvollziehbar machen. Die Dynamik ist einerseits die Stärke von Wikipedia, sie ist aber auch ein Makel, weil sich die Text ständig ändern und man nicht auf sie referieren kann. Und insofern ist die Wikipedia in gedruckter Form auch die Dokumentation des jeweils aktuellen Wissensstandes. Wie versuchen Sie, Fehler zu umgehen bzw. nicht abzudrucken? Wir redigieren behutsam, verbessern und überprüfen und wir achten ganz besonders auf sensible Stichworte und Einträge, von denen man weiß, dass die Wikipedia hier Schwachstellen hat. Das sind vor allem Einträge mit politischem Hintergrund. Falsche Angaben finden sich v.a. dort, wo externe User ein ideologisches Interesse haben. Wer bekommt das Geld, das mit dem Buch verdient wird? Wikimedia Deutschland erhält für jedes verkaufte einen Euro. Wenn Sie sich informieren wollen, schlagen Sie eher im Lexikon oder bei wiki nach? Ich schaue in traditionellen Lexika nach, weiß aber, dass ich dort bestimmte Informationen nicht finde. Und für die nutze ich dann unter anderem Wikipedia. Das "Wikipedia-Lexikon ist ab September 2008 im Buchhandel erhältlich und wird voraussichtlich 19,95 Euro kosten