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Auf dem Friedhof der Flops: Ein Besuch beim Festival des gescheiterten Films

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Herr Müller, sind Sie selbst bereits gescheitert? Ich bin mit sechs Spielfilmen gescheitert und war auch schon kurz davor aufzuhören. Aber ich werde meinen siebten und achten machen. Selbst der große Kaurismäki hat gesagt, dass seine ersten Filme alle gefloppt sind. Aber das Festival soll vor allem auch als Forum dienen, für Filme, die zur Zeit ihres Erscheinens übersehen wurden. Filme, die ihrer Zeit voraus waren und für die jetzt vielleicht ein neues Publikum herangewachsen ist.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Mann des Scheiterns: HW Müller Was ist das für ein Gefühl mit seiner Kunst zu scheitern? Ich denke, dass jeder wahre Künstler schon mal gescheitert ist, weil seine Ansprüche so hoch sind, dass er sie gar nicht erreichen kann. Aber um ankommen zu wollen, ist ein Streben vorhanden, aus dem die Kreativität entsteht. Wenn man mal das absolute Gedicht geschrieben oder das absolute Lied gesungen hat, dann ist man ja auch am Ende. Thomas Bernhard schrieb ja, es gäbe nur Gescheitertes. Ich finde es gefährlich, das Scheitern als Selbstzweck wahrzunehmen. Es gibt ja auch viele Menschen, die aus einem existenzialistischen Blickwinkel von sich selbst behaupten, sie seien gescheitert. Scheitern ist aber keine Frage von oben oder unten, gut oder schlecht, sondern ein persönliches Motiv. Ich glaube, dass selbst Werner Herzog mit seinen Filmen gescheitert ist. Nicht für sein Publikum, sondern an seinem eigenen Anspruch. Das Motto des Festivals ist „Scheitern ist nicht versagen, sondern bewusstes Entsagen.“ Wie darf man das verstehen? Das bedeutet, sich dem Erfolg zu entsagen. Mit Scheitern verbindet man immer einen Zustand, zum Beispiel sozialen Abstieg. Scheitern kann aber auch eine Haltung sein, dann entsteht bei mir immer auch ein Gefühl, ein neuer Antrieb. Die deutsche Nationalmannschaft ist diesen Sommer ja auch gescheitert, aber trotzdem war das Land in der Lage, den dritten Platz zu feiern und sich neu zu motivieren. Können unkonventionelle Filme in Zeiten der Gewinnfixierung überhaupt noch Erfolg haben? Die Produktionsfirmen haben ja auch Unkosten und spielen mit hohen Einsätzen. Ich finde dieses Geschäftsdenken völlig in Ordnung. Deswegen kann ich Bernd Eichinger auch nicht schlecht finden. Finanzieller Erfolg ist wichtig, weil daraus neue Kreativkräfte entstehen können. Die Vorstellung, dass ein Film, der bei seinem Erscheinen gescheitert ist, durch das Festival nun Gewinne einspielt, und seien es nur ein paar hundert Euro, fände ich unglaublich sexy. Wenn uns das gelingt, dann wäre das schon sehr großer Erfolg. Werden die gezeigten Filme auch das Scheitern an sich thematisieren? Das ist in diesem Jahr noch so. Aber ich habe vor, das in nächster Zeit zu verändern und einen neuen Auswahlmodus finden. Ich finde es vor allem wichtig, dass sich die Filmemacher zu ihren Werken bekennen, das ist doch schon eine Herausforderung. Das bedeutet ja nicht, dass das alles schlechte Regisseure sind. Ich behaupte sogar, dass heutzutage ein Film der künstlerisch und inhaltlich anspruchsvoll zwangsläufig scheitern muss. Wenn Scheitern kein Qualitätsmerkmal mehr ist, was dann? Die Zeiten, in denen es in der Gesellschaft einen Konsens über das Gute, Wahre und Schöne gab, sind vorbei. Aber ich glaube trotzdem, dass es ein gewisses feines Gefühl für Qualität in der Gesellschaft gibt. Die Leute sind nicht so einfach zu manipulieren, wie man gerne glauben möchte: Meine Nachbarn sind, obwohl sie Privatfernsehen und Bild-Zeitung konsumieren, keine dummen Menschen. Aber sie haben keine Zeit mehr, ihren Medienkonsum zu überdenken. Viele Leute sind einfach zu erschöpft. Das soll kein Vorwurf sein. Wir leben eben in einer Zeit, in der wir ständig um Ressourcen kämpfen. Wir kämpfen um die Quote, um den Arbeitsplatz oder den Eintritt ins P1. Es ist ja auch Arbeit, kluge Filme anzusehen. Wäre es denn schlimm, wenn das Festival, nun ja, scheitern würde? Ich finde das eigentlich unerheblich. Allein die Kontakte, die zwischen den Regisseuren entstanden sind, finde ich fantastisch. Also ist das Festival aus künstlerischer Sicht bereits jetzt ein Erfolg. Und selbst wenn ich Ende Januar Geld verloren haben sollte ist es auch nicht dramatisch. Um das Filmemachen zu finanzieren, arbeite ich als Fahrradkurier: Dann muss ich eben ein bisschen mehr Fahrrad fahren. Das macht mir auch Spaß. ++++ Das Festival des gescheiterten Films gastiert vom 4. bis 10. Januar in Hamburg, vom 12. bis 18. Januar in Berlin und macht schließlich für einen Tag in Leipzig Station: am 23. Februar.

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