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"Angst habe ich eigentlich nicht"

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Peter mit Papageien auf Bali An einem warmen Juniabend diesen Jahres saß der 25-jährige Soziologiestudent Peter Braun in einem Bamberger Biergarten und unterhielt sich mit Freunden über sein kommendes Semester, das er an der Universitas Udayana auf Bali verbringen würde. Ein Mädchen erinnerte an den Bombenanschlag im Oktober vor drei Jahren. Damals kamen über 200 Menschen ums Leben. Keiner am Tisch rechnete damit, dass sich das wiederholen würde. Bis zum 1. Oktober, als Peter bereits auf Bali war, und dort wieder Bomben detonierten. Ein Gespräch über Angst im Ferienparadies und das Studium dort. Die erneuten Anschläge auf Bali forderten mehrere Menschenleben, es gab zahlreiche Verletzte. Wo genau warst du zu der Zeit? Ich saß in einem Internetcafé in Kuta, etwa einen Kilometer von der Explosion entfernt. Ich telefonierte über das Internet mit meiner Freundin - bis die Bombe hochging und die Verbindung unterbrochen wurde. Dann wusste ich zunächst nicht, was tatsächlich geschehen war. Die Informationslage hier war schlechter, als in Deutschland. Wir wurden zunächst vor allem von Angehörigen Zuhause oder über das Internet informiert. Die ersten Fernsehbilder kamen erst später und waren erschreckend brutal Inwiefern? Im Gegensatz zu Deutschland zeigen die Fernsehsender hier einfach alles. Man sah Verletzte und Tote auf den Tischen der Restaurants liegen, in denen die Bomben hochgegangen waren. Unser Hausmeister im Studentenwohnheim hat den Kommentar dazu übersetzt. Da realisierte ich, was Schreckliches geschehen war. Wie haben die anderen etwa 140 deutschen Studenten, die derzeit in Bali sind, darauf reagiert? Wir versuchten zu helfen. Eine Kommilitonin war Samstagabend ins Krankenhaus gefahren, um ihre Hilfe anzubieten. Sie teilte uns per SMS mit, dass dort Blutspenden benötigt wurden. Also fuhren wir hin. Konntet ihr helfen? Meine Blutgruppe wurde nicht benötigt. Aber wir hatten Verbandszeug mitgebracht. Denn hier in Indonesien ist es auch bei „normalen“ Operationen üblich, dass Angehörige der Patienten das selbst mit in die Klinik bringen. Außerdem habe ich am Tag nach den Anschlägen beim Telefondienst der Klinik geholfen. Es riefen vor allem Australier an, die seit den Anschlägen nichts von Angehörigen gehört hatten, die hier Urlaub machten. Warum hast du dir ausgerechnet Bali für ein Auslandssemester ausgesucht? Natürlich dachte ich bei der Wahl daran, hier am Meer sein und surfen zu können. Und auch daran, Party zu machen. Hier kann ich studieren und gleichzeitig an einem der schönsten Orte der Welt sein. Ein Plan, der durch die Anschläge sicher getrübt wurde... ... Nein. Die Uni hat uns zwar angeboten hat, nötige Scheine in Drei-Wochen-Crashkursen zu machen. Ich werde das Angebot wie die Mehrzahl der deutschen Studenten hier jedoch nicht nutzen und das Semester wie geplant zu Ende bringen. Etwa 50 von uns werden den Schnellkurs besuchen. Ich bleibe aber wie geplant bis Mitte Dezember und möchte nicht abreisen, nur weil Terroristen denken, sie könnten etwas durch Gewalt verändern. Hast du keine Angst? Man fühlt sich recht sicher, da etwa vor Discos, Hotels und Kaufhäusern, alles, vom Auto bis zur Handtasche, durchsucht wird. Nur die großen Touristendiscos meide ich zur Zeit. Angst habe ich also eigentlich nicht. Nur einmal, kurz nach dem 1. Oktober, hatte ich ein komisches Gefühl: Ich saß mit anderen Studenten in einem Restaurant beim Essen und da erfuhr ich, dass es für diese Straße eine Bombenwarnung gibt. Aber das passiert hier ohnehin öfter mal. Auch schon vor den Anschlägen? Ja, vor fünf Wochen etwa wurde eine Bombenattrappe gefunden. Deshalb habe ich es, als ich jetzt von den Anschlägen hörte, zunächst auch nicht sonderlich ernst genommen und erst mit den Informationen, die aus Deutschland kamen und den Fernsehbildern nach und nach realisiert.

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