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Am Rand ist New York besser
Für dein Projekt „borough edges, nyc“ hast du die fünf Bezirke New Yorks, die Bronx, Manhattan, Brooklyn, Queens, Staten Island um rundet. Wieviele Kilometer bist du insgesamt gefahren? Ich habe die Touren verteilt über ein Jahr hinweg an 27 Tagen durchgeführt. Insgesamt waren es über 500 Meilen (800 Kilometer) entlang der Ränder. Welcher borough war am schwierigsten zu umrunden? Queens, da es einerseits der größte borough ist und die Hälfte des Bezirkes zugleich nicht von der Subway erschlossen wird. Zum Teil habe ich bis zu 2 Stunden gebraucht, um wieder dort hinzukommen, wo ich das Mal zuvor aufgehört hatte. Wie entstand die Idee zu diesem aufwendigen Projekt? Ich beschäftige mich bei meinen Projekten mit der Wahrnehmung und dem Wandel von Städten und arbeite mit den Medien Fotografie, Video und Kartographie. Bevor ich „borough edges, nyc“ begonnen habe, habe ich an dem Projekt „space diary, nyc“ gearbeitet, für das ich ein Jahr lang meine Wege durch die Stadt – zu Fuß und per Rad - in täglichen, monatlichen und jährlichen Karten dokumentiert habe. Mein Ziel war es dabei, herauszufinden, worauf mein Blick auf die Stadt basiert und wie sich dieser im Laufe des Jahres verändert. Beim Zeichnen der jährlichen Karte ist mir dann bewusst geworden, dass ich die Ränder der Stadt weiter erforschen möchte. Warum? Allgemein habe ich ein Interesse an dem „anderen New York“, dem New York fern von seinen Sehenswürdigkeiten, fern von den Orten, die mir - schon bevor ich sie das erste Mal besucht habe - durch Bilder aus Werbung und Filmen bekannt waren.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Bettina Johae Keine Wolkenkratzer, keine Menschenmassen, keine Yellow Cabs ... „borough Edges, nyc“ offenbart dem Betrachter ein neues Bild von New York. War das dein Anliegen? Das New York, das die meisten Touristen sehen ist nur ein kleiner Teil dieser Stadt, ebenso wie das New York, in dem sich ein Großteil der New Yorker selbst bewegt. Viele Leute, die in Manhattan leben, sehen keinen Grund, 'ihre' Insel zu verlassen und die vier outer boroughs zu besuchen. Andererseits gibt es auch viele Leute, zum Beispiel auf Staten Island oder in den entfernten Teilen von Queens, die nur wenige Male im Jahr nach Manhattan fahren – wenn überhaupt. Mein Interesse gilt diesen unterschiedlichen Wahrnehmungen derselben Stadt. Gab es während des Projekts Hindernisse, die dir im Weg standen? Am JFK Flughafen war ich auf einmal von mehreren Polizeiautos umringt und verbrachte daraufhin drei Stunden auf der Polizeiwache, obwohl ich kein „No Trespassing“ Schild ignoriert hatte und fotografieren dort eigentlich auch nicht verboten ist. Das ist auch der einzige größere Bereich entlang der „edges“, von dem in der Serie Fotos fehlen. NEW YORK AM RANDE - DIE BILDER VON BETTINA JOHAE. Du startest die Bilderserie, indem du auf das Bild klickst.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Was ist New York für dich?
Ein faszinierender Ort, sehr facettenreich, voller Brüche und sehr viel schneller als deutsche Städte in seiner Veränderung. Ich stelle immer wieder fest, dass meine New Yorker Projekte anders werden als die, die sich mit Berlin beschäftigen. Ich glaube, dass dies daran liegt, dass ich New York einerseits immer noch mit mehr Abstand betrachten kann, als die Stadt in der ich geboren wurde und einen Großteil der ersten 27 Jahre meines Lebens verbracht habe, andererseits, dass die andere Kultur hier mich noch immer mehr Neues entdecken lässt.
Wie lange lebst du schon da?
Ich lebe seit August 2001 in Brooklyn, New York.
War es schwierig, sich in New York als junge Künstlerin zu vernetzen?
Dadurch, dass ich hier an der NYU studiert habe, war das eigentlich relativ leicht. Ein Galerist hat gleich im ersten Semester meine erste Videoinstallation "bedford avenue - brooklyn - ny" gesehen und diese dann einige Monate später in seiner Galerie ausgestellt. Aber auch Mitstudenten und Professoren haben mir zu weiteren Ausstellungen verholfen. Außerdem habe ich durch Zufall gleich einen Job in einer Galerie angeboten bekommen und dadurch viele weitere Leute aus der New Yorker Kunstszene kennengelernt.
Hättest du es in Deutschland schwerer gehabt?
Ich kann es nicht konkret mit Deutschland vergleichen, da ich dort nie als Künstlerin gearbeitet habe, aber ich habe das Gefühl, dass es einem die amerikanische Mentalität leichter macht, erste Kontakte zu knüpfen.
Möchtest du irgendwann wieder zurückziehen?
Am liebsten würde ich sowohl in New York als auch in Berlin leben, jeweils für einen Teil des Jahres, aber das ist natürlich sowohl organisatorisch, als auch finanziell schwierig. Ausserdem wüsste ich nicht genau zu welcher Jahreszeit ich gerne wo sein würde - in New York ist es zu heiß im Sommer, in Berlin dafür oft zu kalt und verregnet und im Winter ist New York zwar sehr kalt, Berlin dafür aber sehr grau.
Du bist 2001 kurz vor den Anschlägen nach New York gezogen. Was hat dich bewogen, dazubleiben und nicht sofort wieder abzureisen?
Die Gründe, aus denen ich nach New York gekommen war, bestanden ja weiterhin – es blieb eine faszinierende Stadt und ich hatte gerade angefangen Kunst zu studieren mit einem Stipendium, das ich mir hart erarbeitet hatte. In Deutschland hatte ich meinen Job gekündigt, mein Ausstellungsprojekt übergeben, meine Wohnung aufgelöst und mich für mindestens zwei Jahre verabschiedet. Das macht man so schnell nicht wieder rückgängig. In meinem Studiengang war die Hälfte der Leute aus aller Welt gekommen – Mexiko, Korea, Indien, Italien, Argentinien – und nur eine ist nach 9/11 zurückgekehrt.
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Alle 1418 Bilder des Projekts sind online zu sehen.
„borough edges, nyc“ ist Teil der Ausstellung Eminent Domain und kann noch bis zum 29. August 2008 in der New York Public Library besucht werden.
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Text: katja-peglow - Fotos: Bettina Johae