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"Am liebsten mag ich Grillenkekse"
Harman Singh Johar ist ein großer Fan von Mehlwürmern und Stinkwanzen. Seine Studentenbude ist voll davon - aber nicht etwa, weil er die Tierchen putzig findet, sondern weil er sie gerne isst. Zusammen mit seinem Studienkollegen Leonardo Manzione hat der 21-jährige Amerikaner die Firma World Entomophagy gegründet, einen Handel mit essbaren Insekten. Dieses Jahr will er auch in Deutschland Geschäftspartner suchen. Ein Interview.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
jetzt.de: Warum sollte ich Insekten essen?
Harman Singh Johar: Erstens sind sie verglichen mit traditionellen Fleischsorten sehr nahrhaft. Sie enthalten mehr Proteine, weniger Fett und viele der Aminosäuren, die der Mensch braucht. Insekten zu züchten ist außerdem viel umweltfreundlicher. Mit der Menge an Futter, Wasser und Land, die man zur Herstellung von einem Kilo Rindfleisch braucht, lassen sich ungefähr sieben bis zehn Kilo Insektenfleisch gewinnen. Und Insekten werden auf eine wesentlich humanere Art getötet – jedenfalls in unserem Unternehmen.
Eine wichtige Frage ist aber auch, wie so ein Mehlwurm oder Grashüpfer schmeckt.
Beide haben einen leicht nussigen Geschmack. Mehlwürmer haben ein eher schwaches Eigenaroma, das sich mit Mandeln vergleichen lässt. In den meisten Gerichten sticht es weniger heraus und ergänzt eher die Aromen der anderen Zutaten. Grillen und Grashüpfer haben einen stärkeren Eigengeschmack, auch ein bisschen nussig.
Was ist dein liebstes Insektengericht?
Am liebsten mag ich Mehlwurm- und Grillenkekse. Die schmecken gut mit Schokolade.
Wie hast du die Insekten für dich entdeckt?
Als erstes habe ich einen Skorpion gegessen. Er war knusprig und scharf und schmeckte ein bisschen wie Fisch. Ich war noch sehr jung und meine Ansichten waren noch nicht von der Gesellschaft geprägt – der Skorpion war einfach nur Essen für mich. Ich bin viel mit meinen Eltern gereist, die Essen sehr lieben und experimentierten. Auf den Gedanken, meine Ernährung auf Insekten umzustellen, brachte mich aber der Autor und Insektenfan David Gracer in einer Vorlesung.
Wann hast du begonnen, selbst Insekten zu züchten?
Als ich im Wald unterwegs war, um Insekten zu sammeln. Ich fing einen Grashüpfer, und als ich ihn untersuchte, sah ich, dass er voller Parasiten war. Ich wollte aber nichts essen, von dessen Sauberkeit ich nicht überzeugt war. Also züchtete ich selbst und machte ein Geschäft daraus.
Ich habe gelesen, dass du sie in deinem Studentenzimmer züchtest.
Nun ja, wir sind eben ein CollegeStartup. Wir arbeiten in unseren Studentenbuden, also habe ich auch Insekten in meinem Appartement. Aber das sind eher meine Experimentier-Insekten. Ich versuche, größere und wohlschmeckendere Käfer zu züchten. Aber sie haben schon ihren eigenen Bereich in meinem Zimmer und außerdem befinden sie sich wie die Insekten in unseren Farmen in kontrollierten, luftdichten Behältern. Wir wollen übrigens auch Farmen in Deutschland eröffnen.
Die meisten Leute finden Insekten als Nahrungsmittel aber eher ekelhaft.
Ich glaube, dass sich das ändern wird. In fast allen Kulturen außerhalb der westlichen Welt stehen Insekten längst auf dem Speiseplan. Oft gelten sie dort sogar als Delikatessen. Insekten sind ein neues Feld für kulinarische Entdeckungen.
Siehst du denn schon Anzeichen, dass Insekten essen auch in Europa und den USA ein Trend werden könnte?
Durchaus. Insekten als Nahrungsmittel haben schon viel Medienaufmerksamkeit bekommen, und auch viele Akademiker werfen ihre forschenden Blicke auf die Idee. Und man darf nicht vergessen, dass Sushi auch mal als abscheulich empfunden wurde, jetzt aber überall zu haben ist. Insekten sind eine genauso elegante Nahrungsquelle, die nur noch ein bisschen Zeit und das richtige Marketing braucht.