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"Alles geschieht mit hinterköpfiger Zensur!"
Felix, hast du Maden gegessen?
Nein. Aber kopfüber in Fischeingeweiden gewühlt, aus einem Krokodilbecken Gegenstände gefischt und Ähnliches. Und eine dicke Fliege habe ich gegessen, aber aus eigener Neugierde, weil der Buschmann gesagt hat, dass die total süß schmecken.
Der Buschmann?
Ach, der Typ, der uns zu Anfang des Camps vom Bus auf das Gelände geführt hat. Eine ewige Fußtour durch den Dschungel war das, bis wir endlich da angekommen waren. Sollte ja möglichst unklar bleiben, wo das Gelände genau ist.
Ihr wusstet also gar nicht genau, wo ihr euch befindet?
In einem Hotel an der Goldküste haben die tarnfarbenen Klamotten bekommen, die auch die Stars in der Sendung kriegen. Sonst nichts. Ein Bus mit schwarzen Fenstern holte uns ab, so dass wir nicht sehen konnten, wo wir genau hinfuhren. Erst eineinhalb Stunden später mitten im Dschungel stiegen wir wieder aus. Wir wurden kurz gebrieft, bekamen das Gelände vorgestellt und waren dann ganz allein, nur mit Lautsprechern und Kameras in dem eingezäunten Gelände.
Wie bist du an diesen Job gekommen?
Der war bei Facebook ausgeschrieben. Der Aufruf zum Casting hing aber auch in Backpacker Hostels aus. Die wollten ja Deutsche, damit alles so originalgetreu wie möglich getestet werden konnte. Die ganz jungen wurden aber nicht genommen. Die wollten eher ältere, ernsthaftere Leute. Einer der Ausgewählten war sogar 70!
Wie war der Tagesablauf im Camp?
Ähnlich, wie man es aus der Sendung kennt. Kommuniziert wurde mit uns nur durch die Lautsprecher. Wir hatten kein Hab und Gut, und dementsprechend auch keine Uhr. So vergeht der Tag und zwischendurch langweilt man sich ganz schön doll. In der Sendung wird ja nur das Spannendste zusammengeschnitten.
Wie war das Essen?
Für jeden sind pro Tag eine Tasse Reis und eine Tasse Sojabohnen da. Und bisschen Öl und Salz. Alles andere musste man sich dazu verdienen, durch die bewältigten Aufgaben. Einmal bekamen wir Känguruschwänze, abends um acht, die musste man vier Stunden lang kochen. Das ging gar nicht. Als es fertig war, schmeckte es widerlich und die meisten waren schon eingeschlafen, weil es so spät war.
Was war denn für dich die interessanteste Erfahrung?
Zu sehen, wie sich eine Gruppe von Menschen, die sich nicht kennt, in Extremsituationen entwickelt. Ein paar Leute, mit denen ich anfangs super klar kam, entwickelten sich zu richtigen Unsympathen. Die wurden maulig, weil sie Hunger hatten, da kam der Futterneid, alles war scheiße. Eine war kaffeesüchtig, und hatte ständig Entzugskopfschmerzen, der andere wollte rauchen, bekam aber nur zwei Zigaretten am Tag.
Gab es auch gute Momente?
Wir durften zum Glück eine Gitarre mit hineinnehmen. Abends hat immer einer darauf gespielt und wir haben deutsche Volkslieder gesungen.
War es komisch, die Abende in einer großen Gruppe ohne Alkohol und Zigaretten zu verbringen?
Nicht wirklich. Aber so ein bisschen Gras hätten wir uns schon gewünscht. Wir haben dann immer gesungen: "Weed would be sweet". Vor allem, weil wir manchmal ganz intensiv gerochen haben, dass die Crew hinter der Absperrung was rauchte.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
War die Atmosphäre eigentlich wirklich richtig dschungelhaft? Hattet ihr Angst vor giftigen Tieren?
Das Gelände ist übersichtlich, man kann ja auch nicht einfach abhauen, weil es diese ganzen Absperrungen gibt und Bodyguards. Und die Tierfänger. Während unseren Aufenthalts haben die einige giftige Schlangen aus dem Gelände gefischt. In den Bäumen hängen überall Kameras, manchmal sieht man sogar jemanden von der Crew, wie er da die Batterien austauscht. An einigen Stellen sind künstliche Felsen aufgebaut man spürt das Set schon. Trotzdem habe ich nachts viele Spinnen und andere merkwürdige, große Insekten gesehen. Aber wir wussten ja, worauf wir uns einließen.
Was war das Schlimmste, das ihr erlebt habt?
Einer von uns musste mal eine Nacht im Baumhaus verbringen. Die hatten da so Rohre durch die sie nachts Ratten reinlassen wollten. Er hat dann mit lauter Handtüchern diese Rohre zugestopft, weil er so Angst hatte. Die Crew hat natürlich versucht, die Tücher da rauszupusten, und die Nachtsichtkameras haben das alles gefilmt aber er hatte ja wohl ein Recht, sich zu wehren.
Hast du jetzt eigentlich einen anderen Blick auf solche Shows?
Ja. Was man da sieht, ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Das sind harte Tests an den Menschen und ihren Instinkten. Ich frage mich, ob Stars das eigentlich leichter oder schwerer haben. Einerseits sagt man: Die sind ja so verwöhnt, für die ist alles doppelt schlimm, andererseits denke ich mir, dass das ja alles hart arbeitende Showbizhasen sind, die auch mal die Zähne zusammenbeißen können. Interessant ist es, zu sehen, wie die in diesen täglichen Interview, die sie ja geben müssen und die wir auch geben mussten, auf so Intrigen oder Liebschaften angespitzt werden. Da heißt es immer: Und mit wem würdest du, wenn du müsstest, eine Affäre anfangen? Und wen kannst du nicht leiden? Und warum?
Gab es bei euch Zoff oder Affären?
Nein, dafür war eine Woche zu kurz.
Was war das Erste, was passierte, als ihr wieder draussen wart?
Wir haben uns in der Crewkantine, in einem großen Zelt, am reichhaltigen 24h Buffet sattgegegessen. Dann kamen so ein paar Typen, meinten wir wären die Größten und hätten alles ganz super gemacht, und dann gings zurück an die Gold Coast ins Hotel. Da haben wir die Klamotten abgegeben und sind heimgefahren.
Habt ihr die Erfahrungen alle gut verdaut?
Ich glaube schon. Was mir lange hinterherhing, was das Wissen um die ständige Beobachtung. Im Camp wird ja jeder Furz gefilmt. Zuhause, wenn ich nachts mal auf die Toilette musste, dachte ich immer: Ich muss noch ne Hose anziehen, die Kameras! Ich war richtig paranoid. Und das ist halt auch das, was die ganze Show so verdreht: Niemand sagt die Wahrheit oder spricht über wirklich heikle Themen wie Sex und Drogenexzesse. Alles geschieht immer mit hinterköpfiger Zensur.
Was glaubst du, hat euer Aufenthalt dort gebracht? Ihr wart ja ein Testlauf: Ist gar nichts schief gegangen?
Doch, einige Aufgaben waren zu kompliziert, andere haben schlichtweg nicht funktioniert. Dann die Sache mit dem blöden Känguruschwanz, da haben wir gesagt: Leute, das geht nicht.
*Name von der Redaktion geändert
Text: mercedes-lauenstein - Foto: JackRipper / photocase.com