Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Afrika ist sein Gemüse

Teile diesen Beitrag mit Anderen:


Heinz, Du sagst, das größte Abenteuer für dich ist das Fehlen von Abenteuer. Warum fährt so einer wie Du überhaupt in den Urlaub?
Heinz Strunk: Das ist vielleicht ein bisschen sehr pointiert formuliert. Am liebsten bin ich  tatsächlich daheim, sehe aber ein, dass ich ab und zu mal raus muss. Sagen wir so: Ich gehöre zu der Fraktion der leicht ängstlichen Zeitgenossen, die sich jetzt nicht darum reißen, ihr Leben im Urlaub zu riskieren. Das, was ich tagtäglich so mache, finde ich aufregend genug. Mein Leben ist gar nicht langweilig, geradezu spektakulär, deshalb muss ich im Urlaub nichts nachholen.

Du gleichst also dein spannendes Leben mit langweiligen Urlauben aus?
So kann man es formulieren. Aber selbst, wenn ich ein anderes Leben führen würde, glaube ich nicht, dass die Art meiner Urlaube anders ausfallen würden. Das war früher auch nicht anders.

Der ängstliche und phlegmatische Heinz Strunk gerät am Ende des Buches nun ausgerechnet in einen Bürgeraufstand in Mombasa.
Das ist wirklich passiert und für das Buch war das ein Glücksfall, dass zwei, die nichts erleben wollen nun plötzlich mehr erleben, als ihnen recht war. Was da jetzt wirklich passiert ist und was ich mir ausgedacht habe, das verrate ich nicht. Das Buch ist ein Mix aus Erlebtem und Erfundenem.

Endeckst du denn gerne Neues im Urlaub oder reichen dir, wie du in deinem Buch beschreibst, wirklich: Pool, Sonne, Saufen, Kasino?
Das reicht mir tatsächlich. Wir setzen uns eher kleine Herausforderungen, damit wir nicht als vollkommen verbitterte Westeuropäer daherkommen. Aber in Kenia zum Beispiel eine Safari zu machen? Da haben wir noch nicht einmal drüber nachgedacht.

Auch Heinz Strunk ist also der typische Urlauber, der in seinem austauschbaren Luxushotel sitzt und nichts vom Land mitbekommt.
Ja, klar. Wobei es ja bei uns nicht so ist, dass stumpfe Leute stumpfen Urlaub machen. Der Bruch oder das Interessante ist, dass zwei – behaupte ich mal – kluge Zeitgenossen etwas verhältnismäßig Stumpfes machen. Daraus resultiert auch die Komik des Buches. Um Dummen bei Dummem zuzugucken, kann ich auch RTL 2 einschalten.

Sollte man auch als Leser Intelligenz mitbringen?
Ja, da trennt sich die Spreu vom Weizen. Die schlichten Gemüter verstehen das Buch nicht. Die dümmste Kritik kam von einer großen deutschen Nachrichtenagentur. Dort beklagte sich der Rezensent, ich hätte mich nicht ausreichend mit den Problemen Afrikas auseinandergesetzt. Als ob es darum ginge! Ich bin aus allen Wolken gefallen. Die guten Leute dagegen, die schnallen, dass es ein Superbuch ist.

Du willst also mit deinem Humor gar nicht jeden erreichen.
Das ist nicht das Ziel. Ich weiß, dass bei meinem Humor viele nicht mitkommen. Klassisches Beispiel: Christoph und ich unterhalten uns an einer Stelle darüber, ob Tiere politisch eher links oder rechts sind. Ich finde die Frage total super, aber viele wissen nicht, was daran lustig sein soll.

Ist „Heinz Strunk in Afrika“ überhaupt ein Urlaubsbuch?
Eigentlich ist es in allererster Linie ein Bekenntnis, ja eine Hommage, an eine sehr spezielle Männerfreundschaft.

Warum nennst du deinen Freund Christoph immer nur C.? 
Ich fand das gut. So ist er als Person nicht identifizierbar.

Er scheint ebenfalls ein ziemliches Original zu sein.
Er und ich, wir sind extrem speziell. Wir kommen sehr gut miteinander klar. Seit zehn Jahren kennen wir uns, seit fünf Jahren fahren wir regelmäßig zusammen weg. Mit einer Frau zu verreisen, das wäre etwas volkommen anderes, man kann es überhaupt nicht vergleichen.

Du behandelst auch einige Unterthemen in deinem Roman. Beispielsweise deinen Kampf gegen das Übergewicht.
Ja, das ist ein Lebensthema für mich. Nicht fett zu sein ist für mich eine Grundbedingung dafür, dass es mir halbwegs gut geht. Ich habe mir meine Strategie zurechtgelegt, nicht zuzunehmen, Quälerei ist es trotzdem.

Was ist die Strategie?
Ich heilfaste regelmäßig und trinke dann auch kaum Alkohol.

Das Autobiographische zieht sich durch alle deine Bücher – sei es „Fleisch ist mein Gemüse“, „Die Zunge Europas“ oder jetzt „Heinz Strunk in Afrika“: Keine Lust, mal einen fiktiven Charakter zu erschaffen?
Oh doch. Im nächsten Buch geht es nicht um Heinz Strunk und seine Welt. Schon aus sportlichen Gründen und um mir nicht vorwerfen zu lassen, ich könnte nichts anderes. Und um mir selbst zu beweisen, dass ich das kann. Der Roman wird sich drehen um einen Serienmörder, der im Hamburg der Siebziger Jahre sein Unwesen treibt.

 Du sagst an einer Stelle in deinem Buch „In unserem Alter WAR man alles nur noch“. Fühlst du dich mit fast 50 schon alt?
Die Stelle, in der ich das sage, bezieht sich aufs Skilaufen. Aus dem Hochleistungsalter als Sportler ist man ja wirklich raus. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass man mit 50 schon abbaut. Mit jedem Lebensjahr wird bei mir im Moment noch alles besser. Gerade in meiner Arbeit habe ich nicht das Gefühl, dass ich anfange zu schwächeln, im Gegenteil. Der Geist wird wacher, schneller und genauer – nur der Körper lässt nach. Wie vermutlich die meisten Menschen fürchte ich den Verfall.

Drischst du in deinem Buch deshalb immer wieder auf Rentner und Greise ein? Die Sache mit den Alten ist tatsächlich ein relativ zentrales Thema in dem Buch. Dass wir immer älter werden, ist eine gesellschaftliche Tatsache. Und es spricht ja nichts dagegen, sich über die Alten lustig zu machen. Insgesamt aber beleidige ich mich immer noch selbst am meisten.

„Fleisch ist mein Gemüse“, die Beschreibung deiner Jugend in einer Hamburg-Harburger Tanzkapelle, war ein Bestseller, es gab später einen Kinofilm, inzwischen auch ein Theaterstück. Dein großer Durchbruch bei den Massen?   Ich habe keine genaue Sicht auf mich. Ich bin ja jetzt nicht berühmt. Gelegentlich werde ich erkannt, aber so richtig präsent bin ich ja nicht. Ich will keine Boulevardschranze werden, die irgendwann im Dschungelcamp landet. Obwohl ich die Sendung geliebt habe, das war die beste Fernsehunterhaltung seit langer Zeit.


Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



"Heinz Strunk in Afrika" ist bei Rowohlt erschienen.

Text: steffen-rueth - Foto: ddp

  • teilen
  • schließen