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Achtung, Baby! Deutscher Pop hat Frühlingsgefühle

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Platte: "Den Umständen Entsprechend" von ClickclickDecker Heimat: Hamburg, und das hört man auch. Die GrandHotel-Schule hat ClickclickDecker-Mastermind Kevin Hamann in den Fächern Bierseliges Selbstmitleid, Verletzte Männerwürde und Kehliger Gesang mit Auszeichnung abgeschlossen. Klingt nach: Tatsächlich nach den frühen Kettcar und dem mittleren Olli Schulz und vor allem nach viel hübscher Akustikgitarre. Während auf der letzten CCD-Platte die Lieder noch „Wer hat mir auf die Schuhe gekotzt“ und „Niemand tanzt so kacke wie ich“ hießen, ist die Titelei jetzt etwas niveauvoller geworden – das Hauptsujet bleibt aber das Verlorensein in der Großstadt. Mitunter ist das einschmeichelnd nett getextet und gezupft. Außerdem: ClickClickDecker ist dieses Jahr der authentischere Hamburg-Slacker, der die Beck’s-Melancholie direkter an die verwundeten Jungmänner bringt als Tomte und Co. Video: Das bis jetzt einzige Video zum neuen Album – die erste Single, unplugged und fremdgesungen.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Platte: "Taxi" von Bosse Heimat: Braunschweig Klingt nach: Solidem Songwriting mit gelegentlichem Hang zum Genialen. Bosse mäanderte schon die letzten fünf Jahre in den einschlägigen zweiten Reihen herum, schrieb Songs für und mit und um Madsen und Kim Frank und jetzt soll diese Platte also auch ihn selber mal an die große Bühnenkante stellen. Seine Mittel sind eingängiger Standard-Indiepop mit einem sicheren Händchen für Refrains - und auch wirklich passablen Texten. Funktioniert schon, jenseits aller Diskurs- und Distinktionsgrenzen, also auch am Warsteiner-Stand auf dem Festival. Dabei sind gerade die ruhigen Lieder wie „Gegen Murphy“ am stärksten. Außerdem: Das Mädchen in dem Video da unten ist die Schauspielerin Laura Tonke, die wir ab jetzt eigentlich in allen Filmen sehen möchte. Video:"3 Millionen"


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Platte: "Vom Feuer der Gaben" von klez.e Heimat: Berlin Klingt nach: Größe. Es ist erstaunlich wie sich diese Band – einst Nebenprojekt der mittelmäßigen Delbo - noch mal weiter erfunden hat und jetzt ein Album vorlegt, das an kluger Opulenz dieses Jahr kaum heimische Konkurrenz finden wird. Man steht hier als Hörer inmitten einer virtuos vertonten Gebrochenheit, einer Wunderkammer aus filigran geschichtetem Pop, aus größenwahnsinnigem Arcade-Fire-Spekatkel, dann wieder folgt man einer flackernden Stimme wie bei Radiohead bis in die kleinsten Fugen – und das alles mit deutschen Texten, die gut sein müssen, denn man bemerkt sie kaum. Was Kante einst vormachten, haben Klez.e verstanden, verfeinert und beruhigt. Ernste Musik, auf die man stolz sein muss. Außerdem: Man kann (oder soll) den Bandnamen auch „Klie-sie“ aussprechen, sagt die nette Dame von Universal, was irgendwie einleuchtet - schließlich ist der Namensgeber ein Computervirus. Video: Noch kein Video, aber schon ein sehr schönes Lied: "Wir ziehen die Zeit"


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Illustration: Julia Schubert

Platte: "Liquid" von Urlaub in Polen Heimat: Köln. Eine andere Heimat von UiP ist allerdings die Bühne, dort kommen die architektonischen Finessen der Werke dieses Duos am besten rüber. Klingt nach: Zeitgeistiger Konstruktion. Der Bandname lässt erstmal auf Indie-Ironie a la „Hund am Strand“ tippen, dabei verbirgt sich dahinter etwas ganz andres: Noch mehr als Klez.e haben sich UiP einer Form von internationaler Postrock-Bricolage verschrieben, deren Rahmen ein manisch treibendes Schlagzeug, düstere Klangschleifen und eindringlicher, englischer Sprechgesang sind. Das alles verliert sich aber nicht in frickligen Weiten, sondern funktioniert tatsächlich immer als Song, teilweise als sogar richtig abgezocktes Popstück. Das macht diese eigenwillige Platte ziemlich interessant und zu einem guten Mitbringsel für Freunde in aller Welt. Außerdem: Urlaub in Polen gibt es schon seit zehn Jahren – und ist ziemlich genau seitdem auch ewige geheime Liebe von Musikredakteuren und nicht tanzenden Kantbrillenträgern. Video: Ein älteres Lied - "Wanderlust"


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Platte: "Montag" von Montag Heimat: Hamburg Klingt nach: Feinem Gitarrenpop. Das hat die Band schon mit ihrem letzten Album gezeigt, wo mit dem grandiosen „Wie der Tag bricht“ ein Liebhab-Lied drauf war, das man nie mehr missen möchte. Gut: Die machen genau da weiter. Sehr feines Songwriting, begeisternde Kapriolen in Text und Ton, da spielen manchmal die frühen Blumfeld ("Heute ist Montag") und dann wieder Ben Folds Five („Was wir sagen“) mit. Vielleicht die rundeste und leichteste Platte in diesem Reigen. Außerdem: Die Single "Tausend Jahre wie ein Tag" kennt man natürlich schon - Udo Jürgens hat das Lied gesungen. Dass Montag aber hervorragend covern können, haben sie schon auf dem letzten Album bewiesen. Video: "Tausend Jahre sind ein Tag"


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Illustration: Julia Schubert

Platte:"Goldener Trash" von Angelika Express Heimat: Köln Klingt nach: Wieder Vollgas-Gitarrenpop, bei dem auch die schlimmsten Shoegazer mitwippen und sich gegenseitig das Bier auf die Haube schütten möchten. Auf kompakte Ohrwürmer sind Angelika Express schon immer abonniert gewesen – da macht das neue Werk keine Ausnahme, das von Frontmann Robert als Soloprojekt unter altem Namen vorgelegt wird. Im Gegenteil: Langeweile wurde hier auf nahezu null reduziert. Das wirkt so geballt fast ein bisschen überdosiert – auch wenn die popkulturellen Texte und die charmante Singstimme nie nerven. Außerdem: Das Interessanteste am neuen Angelika Express ist die Angelika-Aktie. Anteilseigner kauften insgesamt 500 Aktien an der Band zu je 50 Euro - die Promotion für die neue Platte wurde zum Beispiel aus diesem Topf bezahlt, die eine Reaktion auf die Umbrüche im Musikgeschäft war. Video:"Was wollt ihr alle"

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Illustration: Julia Schubert

Platte: "Matterhorn" von Ghost of Tom Joad Heimat: Wird als Post-Punk-Band aus Münster geführt – und hat dort eine recht ansehnliche Fanschar. Klingt nach: Ist das jetzt dieser Emocore? Oder nicht doch eigentlich straighter Indierock? Egal, diese Drei-Jungs-Sache klingt auf jeden Fall angenehm antiquarisch und hat einen hübsch roten Faden durch die ganze Platte. Englische Texte, die eher egal sind, dazu gut getaktetes Gemucke mit Tendenz zur Schnelligkeit, aber auch nette kleine Augenblicke der Lethargie. Eigentlich auch manchmal wie flotter Britpop, nachdenklich aber nicht kränklich. Außerdem: Im folgenden Video zur Single „Into the Wild“ spielt Aydo Abay die Hauptrolle, der mit der ex-erfolgreichen Band Blackmail bekannt wurde, die sich vor einigen Monaten aufgelöst hat. Video:"Into the Wild"


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Platte: "Das letze Bisschen Etikette" von Voltaire Heimat: Köln, das längst der heimliche Indie-Standort Deutschlands ist. Klingt nach: Große Schmachtung. Voltaire sind die heißesten Anwärter auf den Titel „Deutsche Coldplay“. Getragene, pathetische Stücke sind das, lyrisch-introvertiert und mit der guten Stimme von Roland Meyer vorgetragen. Blumfeld kann man auch sehen. Es hallt und weicht und ist alles in allem vielleicht ein wenig zu ätherisch, schrammt ganz selten auch an der Kitsch-Grenze – bietet aber für zarte Pflanzen auf jeden Fall anspruchsvolle Unterhaltung. Außerdem: Annette Humpe, die deutsche Pop-Diva bescheinigte dem Voltaire-Sänger Roland eine „Wahnsinnsstimme“ und verteilte Tipps, wie es nach dem gut rezensierten Debütalbum von 2006 vielleicht auch mit einem größeren Publikum für Voltaire klappen könnte. Video: Ein älteres Lied - "Kaputt". Muss da noch jemand an Jochen Distelmeyer denken?

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