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Hochzeitskolumne: Heute: Der Ehevertrag
Meine Freundin Vero ist Juristin. Das heißt, sie kennt sich in einigen Bereichen sehr gut aus, von denen ich nicht mal den Hauch eines blassen Schimmers habe. Vero denkt an Dinge, an die ich noch nie gedacht habe. Sie hat mir dringend zu einem Ehevertrag geraten. Johannes sagte, als ich ihm davon erzählte: „Ach, Quatsch. Vero soll sich mal locker machen.“ Er möchte sich mit dem Thema nicht näher auseinandersetzen. Ich eigentlich auch nicht. Denn, also bitte, ich muss mich zurzeit mit den wirklich wichtigen Fragen beschäftigen: - Welche Duftnote sollen die Seifen auf den Toiletten der Feierörtlichkeit haben? - Welche Farbe kriegt die Marzipanumrandung der Torte? - Rehbraten oder Tafelspitz? - Rosen oder Sommer-Wildblütenmischung? - Walzer tanzen, obwohl keiner von beiden weiß wie das geht? - Reinweißes oder elfenbeinfarbenes Papier? - Wie braun werden bei all der Arbeit?
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Vero machte sich aber nicht locker und skizzierte, um die Schwere und die Relevanz des Themas Ehevertrag zu verdeutlichen, ein lebensnahes Bespiel: „Stellen wir uns doch bloß mal vor, deine Eltern schenken dir eine Schloss Neuschwansein-ähnliche Villa am Starnberger See. Und ihr seid vor ein paar Wochen eingezogen in die hübsche Villa, und dann haut Johannes mit der Frau von Oliver Bierhoff ab – die Bierhoffs sind nämlich eure neuen Nachbarn am Starnberger See, und bei einem eurer zahlreichen Barbecues hat es zwischen den beiden gefunkt, weil sie die Art, wie er am Grill steht, so sexy fand. Du bist natürlich stinksauer und menschlich enttäuscht und willst nach der Scheidung schön in deiner schlossähnlichen Villa wohnen bleiben. Und dann – Achtung, Zugewinngemeinschaft!- kommt heraus, dass Johannes die Hälfte vom Schloss Neuschwanstein zusteht, weil es ja euch beiden zum Gemeinsam-drin-Wohnen geschenkt wurde.“
Hm. Das wäre natürlich total bitter, wenn ich mein Schloss nicht für mich alleine haben dürfte, und Johannes sich feist ins Fäustchen lacht, weil er zu einer neuen Frau auch noch ein halbes Neuschwanstein dazukriegt. Da hat Vero schon Recht.
Das Doofe ist: Das Beispiel ist einen Tick zu weit weg von meiner aktuellen Lebenswirklichkeit. Ich kann mir im Moment nicht mal vorstellen, irgendwann in weiterer Ferne über so viel Geld zu verfügen, dass eine Abbuchung von monatlich 100 Euro für die private Altersvorsorge nicht jedes Mal schmerzen würde. Geschweige denn, dass ich mal statt in einem brüchigen Altbau, der Küchenregale aus der Wand stürzen lässt, in einem richtigen Haus wohnen werde. Deswegen beschäftige ich mich in den nächsten fünf Wochen lieber weiterhin mit Marzipanbändern und Papierschattierungen. Alles andere hat Zeit, bis ich meine erste Villa geschenkt bekommen habe. Und jetzt muss ich auf den Balkon, braun werden.
Text: theresa-selig - Illustration: katharina-bitzl