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Die Hochzeitskolumne. Heute: Bloß nicht den Text vergessen

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Neulich war ich im Media Markt. An sich schon schlimm genug, aber ich war im Media Markt vom „Alexa“. Wer das Alexa kennt, weiß was ich meine. Das Alexa ist eine riesengroße rosafarbene Architekturunverschämtheit am Berliner Alexanderplatz. Berlin ist ja sowieso die Einkaufszentrum-Hauptstadt Deutschlands und hat mit dem Alexa den Olymp erklommen. Im Alexa mussten wir nach einem Kaffee-Vollautomaten suchen, den ein Onkel von Johannes uns zur Hochzeit zu schenken gedenkt, weil er nicht einsehen mag, dass wir lieber Geld haben wollen. Elektronikfachmarkt-Besuche sind für mich fast noch schlimmer als Baumarkt-Besuche, vor allem, wenn ich mir die Gänge vom Elektronikfachmarkt mit ungefähr tausend anderen Menschen teilen muss, die so sind, wie man sich Leute gemeinhin vorstellt, die sich Samstag, später Vormittag, Sonnenschein, gerne in den neonlichterleuchteten Gängen vom Alexa, Nähe Alexanderplatz, herumtreiben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Zu allem Übel und Überfluss bestand Johannes darauf, vor der Kaffeevollautomaten-Abteilung die Flachbildschirmfernseher-Abteilung aufzusuchen. Nur zur Information. Die Flachbildschirmfernseher-Abteilung ist ein Irrgarten unerfüllter Sehnsüchte für junge Männer, die, ich sagte es bereits, Samstagvormittag, Sonnenschein, lieber im Elektronikfachmarkt weilen statt im Biergarten das erste Weizen zu bestellen. Während Johannes im Dickicht von Full HD-LCD-TVs und Plasmagedöns verschwand, schlurfte ich ziellos dumpfen Schrittes durch die Gänge mit dem blauen Teppich, und, da!, konnte mein Glück nicht fassen: Auf einem kleinen, zumindest im Angeberumfeld der HD-LCD-Abteilung eher unauffälligen Flachbildschirm lief die kirchliche Trauung von Udo Brinkmann und Schwester Elke! Aus der Schwarzwaldklinik! Ich kam genau im richtigen Moment dazu, nämlich als die beiden ihr Traugelübde sprachen, genau wie ich es auch plane. Ich wollte nämlich eigentlich nur „Ja“ sagen in der Kirche, aus Nervositätsgründen. Unser Pfarrer ließ in einem Nebensatz jedoch fallen, dass es ja nun schon schöner sei, wenn das Brautpaar sich aktiv zur Ehe bekenne, anstatt nur nachzusagen. Mein Ehrgeiz war geweckt, und weil ich selbstverständlich nicht aus einem Buch, das der Pfarrer einem hinhält, ablesen will, bin ich schon seit Wochen dabei, mein Traugelübde auswendig zu lernen. Jeden Tag mehrmals gehe ich die Sätze im Geiste durch. Für Johannes habe ich das Traugelübde in Arial 18 ausgedruckt und kleine Striche da hingemacht, wo eine Betonung ist. „Mann, bist du ein Freak“, hatte Johannes da gemurmelt. Udo Brinkmann und Schwester Elke jedenfalls sprechen ebenfalls auswendig und wirken dabei sehr feierlich. Bestimmt weinen in den Bänken gerade alle. Ich bin auch sehr bewegt und forme mit den Lippen nach "... dich lieben, achten und ehren, alle Tage meines Lebens ..." Johannes ist offenbar unbemerkt aus dem Plasma-Inferno wieder aufgetaucht und steht plötzlich neben mir und guckt erst den Flachbildschirm und dann mich mit einer Mischung aus Belustigung und Peinlichberührtsein von der Seite an. Dann sagt er „Mann, bist du ein Freak.“ Als ich später bei den Kaffeevollautomaten stehe und warte, während ein Elektronikfachmarkt-Mitarbeiter mit einem Puderzuckerstreuer ein Herz aus Kakao auf den Probe-Cappuccino stäubt, denke ich darüber nach, ob ich vielleicht darauf verzichten sollte, vor der Hochzeit darauf zu bestehen, Johannes´ Gelübde abzufragen. Ich glaube, er würde nicht gut reagieren.

Text: theresa-selig - Illustration: Christoph Ohanian

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