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Vorausschauende Rückschau: Das wird mal retro

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Früher war alles besser. Je älter wir werden, desto häufiger geht uns dieser Gedanke zumindest durch den Kopf. Zum Beispiel, wenn wir unser altes Kinderzimmer ausräumen oder den Quelle-Katalog aus dem Jahre 1976 in die Hände bekommen. Es entstehen dann Bilder Kopf, die sich als Geschichten auf Papier bannen lassen und ein ganzes Heft füllen könnten. Das Magazin gibt es tatsächlich. Es nennt sich „Retro-Trend“ und liegt seit ein paar Wochen an jedem gut sortierten Kiosk aus. Das „Magazin für Klassiker“ (so der Slogan) versammelt auf seinen hochglänzenden Seiten alles Wissenswerte rund um Rennräder, Kassetten, Polaroid-Kameras und Dieter-Thomas Heck. Es macht Spaß, das Ding zu lesen. Irgendwie lässt es einen aber auch nachdenklich werden. Wie kommt es, dass sich manche Gegenstände so unauslöschlich in das Gedächtnis einer Generation eingraben? Gibt es Gesetze, aus denen sich ableiten lässt, welche Dinge der Jetztzeit uns auf zukünftigen Flohmärkten reich werden lassen? Die jetzt.de-Redaktion hat auf den folgenden Seiten neun Gegenstände versammelt, von denen wir annehmen, dass sie in spätestens dreißig Jahren Kultstatus erlangt haben. Was meinst du: Welcher Modetrend von heute wird später mal als „total retro“ auf American Apparel Kleiderbügeln wiederbelebt werden? Welchen Gegenstand bewahrst Du auf, damit ihn Deine Kinder eines Tages ehrfurchtsvoll aus der Gerümpelkammer fischen können?

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die „Gina, George & Lucy“-Tasche Sie ist auffallend plump, erschreckend hässlich und vor allem ist sie überall: die „Gina, George & Lucy“-Tasche. Da es so verdammt schwierig ist, den harmlosen Mainstream-Teufel als solchen zu erkennen und ihm die Zunge rauszustrecken, hat mittlerweile jedes zweite Mädchen dieses Landes eine dieser Karabinerhaken-Nylontaschen an der Hand. Und da Retro in Wirklichkeit nichts anderes als der Trend von gestern ist und damit das Retro von morgen der Trend von heute sein wird, gehört Gina, George und Lucy die Zukunft. Das klingt jetzt kompliziert und sehr traurig. Vor allem deswegen, weil der bunte Schnallen-Schreck wirklich so unelegant daherkommt, dass er eigentlich jedes designgeschulte Auge blitzartig erblinden lassen müsste. Andererseits: Bestimmt wäre für die Styler der 80er Jahre eine Welt zusammengebrochen, hätten sie gewusst, dass ihre Kinder eines Tages mit Helmut-Kohl-Brille, Schnauzer und neonfarbenem Brustbeutel durch Berlin-Mitte flanieren werden. Der Retro-Trendsetter bildet sich ja gerne ein, den Style neu erfunden zu haben. In Wirklichkeit trägt er, mehr oder weniger gekonnt, die Modesünden der Vergangenheit auf. Ich finde zwar, dass das immer noch besser ist als gleich morgen mit Jeans in kniehohen Stiefeln das erstbeste Kaufhaus in der Fußgängerzone zu betreten, um eines dieser kreuzhässlichen „Gina, George & Lucy“-Täschchen abzugreifen. Meine imaginäre Tochter würde es mir in zwanzig Jahren aber bestimmt danken. Vorausgesetzt sie ist retrobegabt und fest gewillt, jedem Trend-Teufel die Zunge rauszustrecken. anna-kistner


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Schlüsselbund Kurz bevor ich meine Wohnungstüre schließe, schüttle ich immer kurz meine Tasche. Erst, wenn ich meinen Schlüsselbund leise klimpern höre, ziehe ich die Türe zu. Ein wunderbarer Mechanismus! Er bewahrt mich zuverlässig davor, mich auszusperren. In ein paar Jahren funktioniert er nur vermutlich nicht mehr. Dann werde ich nämlich keinen Schlüsselbund mehr haben, sondern nur einen Großraum-Geldbeutel, in dem Chipkarten stecken. Eine zum Öffnen der Wohnungstür, eine fürs Auto und eine für die Arbeit. Dazu eine für die Tür bei den Eltern daheim und eine für die Tiefgarage. Eine schreckliche Vorstellung! Ich muss unbedingt eine Ersatz-Wohnungs-Karte bei der nächstgelegenen Freundin deponieren, weil ich ohne das Schlüsselklimpern garantiert regelmäßig vor der verschlossenen Türe stehen werde. Meinen guten alten, leider aber dann auch nutzlosen Schlüsselbund werde ich neben die Tür hängen. Als Erinnerung an vergangene Zeiten, als Mahnung, die Chip-Karten nicht in der Wohnung liegen zu lassen - und vor allem als Retro-Einrichtungsgegenstand von morgen. johanna-kempter


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Wii Die Wii ist heute das Gerät, das der C64 für die Achtziger Jahre war. In meiner Erinnerung war der C64 ein großartiger Computer –trotz Ladezeiten von bis zu 45 Minuten, ausgeleierten Joysticks, Pixel und Pieps. Ruckelorgien wie „Summer Games“, die zu einer Sehnenscheidentzündung führten, oder Adventures, in denen man Hamster in die Mikrowelle stecken konnte („Maniac Manson“), waren großartige Spiele. Sie waren simpel und gerade deswegen so gut. Spiele auf der Wii besitzen eine ähnliche Simplizität. Da ist nicht viel Schnickschnack und Grafikgedöns, kein Superrealismus und keine 37 Knöpfe, die man bedienen muss – alles ist einfach und funktioniert. Wie es weitergehen wird? Zum einen werden die Spiele immer raffinierter und graphisch anspruchsvoller werden. Einfachheit und Aufwand vertragen sich aber nicht besonders gut. Deswegen werden die Spiele zwar ansprechender aussehen, aber weniger Spaß machen. Zum anderen wird man bald gar kein „Nunchuk“ mehr brauchen, das man in der Hand hält. In 20 Jahren wird man ein Spiel über Elektroden steuern, die man sich an sein Hirn anschließt – kraft der Gedanken sozusagen. Ich werde dann die Wii an einen Röhrenfernseher anstöpseln, mich von meinen Kindern auslachen lassen und von den guten alten Zeiten erzählen, als körperliche Arbeit noch etwas zählte. philipp-mattheis


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Ed-Hardy-Shirt Wenn ich in einem Bekleidungsgeschäft stehe, ziehe ich manchmal versehentlich ein T-Shirt mit grellbuntem Glitzeraufdruck aus dem Regal. Das Geglitzere bewirkt bei mir den Reflex, das T-Shirt sofort wieder fallen zu lassen und in eine andere Ecke des Geschäfts zu flüchten. In letzter Zeit ist mir das leider sehr oft passiert. Noch dazu begegnen mir die Shirts nicht nur fein säuberlich aufgestapelt beim Einkaufen, sondern verfolgen mich auch auf der Straße, beim Weggehen und in Zeitschriften. Der Grund dafür heißt Ed Hardy. Das Modelabel ist gerade überall. Ich hoffe ja, dass es bald wieder out ist. Aber – man sieht sich immer zweimal im Leben! Ich befürchte, dass das auch für mich und das Ed-Hardy-Shirt gelten wird. Es wird für meine Kinder mal das sein, was für mich die Schlaghose meiner Mutter war: absolut retro - unbedingt haben! Meine Tochter wird mich in zwanzig Jahren weinend bezichtigen, dass ich mir damals mit Absicht keines dieser Shirts gekauft habe. Nur damit sie nicht im Retro-Look durch das Jahr 2030 laufen kann. Alle ihre Freundinnen werden Mütter mit Geschmack haben, nur sie nicht. Hm. Vielleicht sollte ich doch eines auf Vorrat kaufen? Mich schon mal präventiv wappnen für drohende Mutter-Tochter-Krisen? Schließlich habe ich die Schlaghose meiner Mutter geliebt. Habe großzügig darüber hinweggesehen, dass sie früher mit dem Mainstream mitgeschwommen ist, Schlaghosen getragen hat, als alle sie getragen haben. Ich war einfach froh, dass sie die Hose aufgehoben hatte. Und ärgerlich, dass sie soviel kleiner ist als ich: Als Schlaghosen richtig retro waren, war mir Mamas 70er-Jahre-Original einfach 15 Zentimeter zu kurz. Ich konnte nur noch von der Erinnerung zehren: Von einer Faschingsparty an meinem zwölften Geburtstag, als ich mit Mamas Schlaghose als Hippie verkleidet war. johanna-kempter


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der USB-Stick Natürlich waren Kassetten der letzte Dreck. Die Bändern sind ständig gerissen oder leierten und selbst wenn 90 Minuten draufstand, kam man trotz aller Berechnung nie genau hin mit den aufgenommenen Liedern. Das konnte damals nur niemand sagen, denn es gab ja keine Alternativen zum Tausch von Musik: Radio an, Tapedeck auf Aufnahme und schon hatte man die Songs, die man hören wollte. Heute darf man über die Minderwertigkeit von Kassetten nicht sprechen, weil sie den Status von Helmut Schmidt erreicht haben: Sie sind der Übervater der Popkultur. Könnte man Kassetten interviewen, sie würden uns zu allen weltpolitischen Themen ihre Einschätzung mitteilen. Der legitime Erbe der Kassette wird (vermutlich sehr bald) der USB-Stick: Es gibt ihn in unterschiedlichen Größen (statt 60 oder 90 Minuten, heute in 32 MB bzw. 16 GB), Menschen versuchen ihn durch so genanntes Design aufzuwerten und im Grunde ist auch der UBS-Stick der letzte Dreck. Ständig liegt er genau dort, wo man ihn nicht braucht oder man verliert ihn sogar - und damit die notwenigen Unterlagen für Seminare, Hausarbeiten und Freunde-Musik. Vorausschauende Menschen speichern deshalb schon heute alles, was sie brauchen an Orten, die sie vom Smartphone oder übers Internet jederzeit erreichen können. In 20 Jahren, wenn die Kassette in den Status der Schellackplatte übergangen ist, werde ich auf den Flohmärkten der Stadt größte Umsätze machen mit der Sammlung meiner USB-Sticks - die sich junge Mädchen dann als Schmuck um den Hals hängen. Denn auf die gespeicherten Daten kann dann natürlich niemand mehr zugreifen. dirk-vongehlen


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Bionade-Flasche Ungesüßte Bio-Limo im Bierflaschenformat – die geniale Welterfolgsidee eines damals kurz vor der Insolvenz stehenden Braumeisters aus Ostheim an der Rhön. Endlich eine erwachsene Limo als ehrlicher Durstlöscher für den klebrigen Sommerdurst. Und deshalb - schon allein der rührenden Geschichte wegen - eine absolute Heldenlimo. So habe ich, wie die meisten meiner Zeitgenossen, die Bionade im Juli 2005 kennengelernt. Sehr lange funktionierte das neuartige Getränk auch wirklich sehr gut. Bis es plötzlich überall und schließlich auch in Plastikflaschen zu kaufen war. Und der unsüße Geschmack und die kaum herauszuschmeckenden Aromen auf einmal gar nicht mehr so erfrischend, anders und „subtil“ natürlich waren, sondern irgendwie doch ganz schön langweilig. Und dann noch das Gerücht, dass man von Bionade Blähungen bekäme! Bionade stirbt daher seit geraumer Zeit einen langsamen, aber sicheren Tod. Weil es nämlich schließlich doch nur das Getränk zu dem aufkeimenden Weltverbesserungszeitgeist war. Und so wie der sich gerade im Sande verläuft, verliert auch die Bionade an Spektakulärität. Aber, und genau hier entlarvt sie sich als absoluter Retroartikelkandidat: Nur, was eine Zeit lang tot war, kann auch irgendwann wie Phoenix aus der Asche wiederauferstehen! Und dieser nostalgische Vorgang wird all die schlechten Erinnerungen an die damalige Zeit im Grabe zurücklassen. Aufgrund dieser Tatsache bestehen also für mich keine Zweifel daran, dass die Bionade das Früher-war-alles-besser-Getränk meiner Kinder sein wird. Zwar ohne Tanz und Zonendramatik, dafür aber mit viel New-Enthaltsamkeit und Ökoenthusiasmus aus dem Sommer 2005. Ein paar Jahre des Dahin-Siechens gebe ich der deutschen Ex-Superlimo natürlich noch. Dann aber werde ich schnell und wachen Geistes Besitzer einer der letzten Kästen werden. Zügig hinuntersaugen, das seifige Blubberzeug und dann ab auf den Dachboden mit den leeren Flaschen! Oh ja! In Gedanken sehe ich die Augen meiner pubertierenden Tochter schon hell aufleuchten, wenn ich in gut 25 Jahren zu ihrem 16. Geburtstag das Tuch von dem alten blauen Plastikkasten ziehe. Beim Anblick des weiß-roten Schriftzuges und der schlankglasigen Flaschenhälse wird sie aufjauchzen und sagen: „Woah, 25 Original Bionadenflaschen. Die stell’ ich mir als Blumenvasen in mein Zimmer. Und ein paar von den Etiketten lös’ ich gleich ab – die kann ich super zur nächsten Nullerjahre Party als Kette um den Hals tragen! Echt voll Sommer 2005!“ mercedes-lauenstein


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Sports Utility Vehicle (SUV) Immer wieder neu versuche ich zu verstehen, warum Menschen einen Q7 von Audi oder einen Porsche Cayenne kaufen. Während in Büchern und Klamottenshops ein neuer, ethischer Konsum behauptet wird, gehen Menschen zu ihren Autohändlern und kaufen Autos, in denen man wohnen kann. Den Autobauern mache ich da noch den geringeren Vorwurf. Sie produzieren, was sie verkaufen können. Nur hoffe ich immer noch auf eine Auflösung dieser post-ironisch anmutenden Volte von Teilen unserer Gesellschaft. Es können doch nicht Menschen mit Augenmaß sein, die diese Wägen in ihre Garagen stellen? Ich glaube eher, es sind sehr weise und vorausschauende Menschen. Solche, die Ahnung von "Retro" haben. Diese Autos werden später als Dokument dienen. Sie werden die Zerrissenheit einer Gesellschaft dokumentieren, in der eine bestimmte Gruppe noch ein bisschen naiv dem Größer-und-Schneller-Glauben anhing. Eine andere Gruppe wurde sich derweil schon bewusst, dass die Welt wie ein Körper ist, den man pflegen muss. Wenn nun noch ein paar Jahre vergehen, wird es diese Kluft in der Gesellschaft nicht mehr geben. In 20 Jahren werden jene, die ihr Sports Utility Vehicle noch nicht für wenig Geld nach Afrika vertickt haben sogar stolz sein, solch einen Youngtimer bei sich zu Hause stehen zu haben. Nicht, um mit dem Auto den Alltag zu bestreiten, sondern um super postpost-ironisch gemeinsam mit anderen über einen einst gepflegten aber zum Glück überwundenden Lebensstil lächeln zu können. Dann werden die Motoren dieser Monster auf extreme Spritsparung nachgerüstet werden und immer an Sonntagen Gassi geführt. So wird das SUV in meiner Vorstellung zu einem Exquisit-Oldtimer. Ein Symbol für das Hinzulernen. Womöglich machen sich später dann Autodesigner daran, die Konturen dieser Pfützenpanzer als Anleihen an die Vergangenheit in ihre neuen Gestaltungen einfließen zu lassen. Die SUVs werden dann Teil unseres kollektiven Designgedächtnisses. Sie werden im besten Sinne retro: Wenn wir uns dereinst an sie erinnern, erinnern wir uns an das Überwinden eines seltsamen Fetischismus. Das wäre gutes Retro. Design als Erinnerung an Überwundendes. peter-wagner


Das Ledersofa "Kramfors" von Ikea

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wenn ich das Sofa „Kramfors“ von Ikea für den unschlagbaren Preis von 1.149 Euro aus echtem Leder mit Lümmelbank zum drauf Lümmeln nicht so außerordentlich hässlich fände, ich würde es kaufen, um es in zwanzig Jahren aus dem Keller holen zu können und meinen Nachkommen erzählen zu können, wie es damals war, in den Nuller-Jahren erwachsen zu werden. Denn dieses Sofa steht für mich sinnbildlich für diesen Schritt. Nicht immer, aber sehr oft war dieses Sofa in den vergangenen vier Jahren die erste große gemeinsame Anschaffung von befreundeten Pärchen, die gerade – schock, schluck, gulp! – als Paar zusammengezogen waren. Mit dem Erwerb dieses Sofas beendeten sie also ihre wilde WG-Zeit, die Zeit des Biertrinkens aus Flaschen und der unvernünftigen Ernährung und gingen gemessenen Schrittes über zur nächsten Phase in ihrem Leben: dem Leben als Pärchen. Da sich dieses Leben für viele Menschen vor allem vor dem Fernseher abspielt, ist der gemeinsame Erwerb des wichtigsten Möbelstücks in der neu angemieteten 70 Quadratmeter, Altbau, drei Zimmer, Küche, Bad-Wohnung der einzig logische Schritt. Also machen sie sich auf nach Ikea, um dort erstmals etwas zu erwerben, was „Bestand“ haben soll, weshalb sie sich für das nicht ganz billige, aber eben echt lederne und daher wertige „Kramfors“ entscheiden, es zuhause schnell aufbauen und sich dann spaßeshalber darum balgen, wer in den Extra-Luxus der Beinstütze kommt. Und damit willkommen in einer neuen Lebensphase. christina-waechter


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die 3D-Brille Das 3-D Kino ist der rettende Ast der Filmindustrie. Auf ihm versucht sie sich immer dann eine prächtige Überlebensvilla zu bauen, wenn das klassische Kino wieder einmal akut gefährdet ist. Das war in den 50er Jahren, als der Fernseher Einzug in die deutschen Wohnzimmer hielt, so- und ist dieser Tage im Zuge der weitverbreiteten Videopiraterie wieder so. Gute Beispiele sind da gerade die aufwendig produzierten und als revolutionär betitelten Kinofilme Avatar – Aufbruch nach Pandora, Alice im Wunderland oder der neue James Bond. Burberry inszenierte als Reaktion auf den neuen 3-D Hype sogar kürzlich in London die Präsentation ihrer neue Kollektion komplett dreidimensional. 3-D kann man nicht Runterladen und 3-D läuft bisher auch nicht im Fernsehen. Wer also im bloßen Sitzen Abenteuer so real erleben will, als sei er wacher Gast im eigenen Drogenrausch, muss immer noch, ganz klassisch, ins Kino - oder eben zur Fashion Show. So retro sie aufgrund ihres hohen Alters also aussieht: Die 3-D Brille erfreut sich lebendigster und modernster Gesundheit. Aber eben vorraussichtlich nur noch eine Weile. Weil: Längst befürchtete 3-D Fernsehgeräte sind bereits entwickelt, auch wenn sie noch nicht in den Regalen der großen Elektromärkte stehen. Der Tag, an dem sie zur Standardeinrichtung unseres Zuhause werden, wird also schnell genug kommen. Dafür benötigt man dann statt der herkömmlichen 3-D Brille tatsächlich eine kompliziertere, sogenannte Shutterbrille. Ihre Gläser bestehen aus zwei Flüssigkeitskristallanzeigen, die elektronisch zwischen durchlässig und undruchlässig umgeschaltet werden können. Das linke oder das rechte Auge lassen sich so abdunkeln und es wird ein dreidimensionales Sehen auf Fernseher oder Computer ermöglicht. So wird das alte, schicke Papp- bzw. wahlweise Plastikmodell also irgendwann schnell zum niedlichen Flohmarktartikel neben Game- Boy, Mini Disk Player und alten Mixtapes werden. Und schafft damit vielleicht sogar den Sprung zu „The Worlds Next Hornbrille“. Wenn man die Gläser austauscht. Oder so. mercedes-lauenstein

Text: jetzt-redaktion - Illustrationen: Katharina Bitzl

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