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"Kann ich unmöglich wählen"
Adoptionsrecht für homosexuelle Paare
Darum ist mir das wichtig: Ich habe einen schwulen älteren Bruder. Er und sein Freund sind seit knapp zehn Jahren zusammen. Sie sind das mit Abstand fürsorglichste Paar, das ich kenne. Vor ein paar Jahren haben sie eine alte blinde Katze adoptiert, sie heißt Macy. Als "gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft" dürfen sie aber keine Kinder adoptieren.
Das sagen die Parteien:
CDU/CSU
Die Union ist davon überzeugt, dass Kinder männliche und weibliche Vorbilder für ihre Entwicklung benötigen. Deshalb: kein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare.
Die SPD
Die SPD will die Ehe auch für Homo-Paare öffnen. Damit auch eine Gleichstellung im Adoptionsrecht.
Die FDP
Sieht das wie die SPD.
Die Grünen
Die Grünen verurteilen ebenfalls die Diskriminierung durch das geltende Recht. Es sei nicht nur diskriminierend gegenüber Lesben und Schwulen, sondern auch für die Kinder, die schon in Homo-Familien aufwachsen (zum Beispiel als Pflegekinder oder als Kinder eines der Partner).
Die Linke
Auch hier: die Forderung nach Gleichberechtigung in Steuer- und Adoptionsrecht.
Die Piraten
Die Piraten unterstützen ein nicht-klassisches Familienbild. Sie fordern sogar die kassenärztliche Unterstützung bei künstlicher Befruchtung von nicht verheirateten Paaren.
Die AfD
Abgesehen von "Ausnahmen in Härtefällen" lehnt die AfD das Adoptionsrecht für Homo-Paare ab.
Diese Positionen sind mir am nächsten:
Im Jahr 2013 lassen einige Parteien, darunter die regierende, nur "klassische" Familien als "Keimzelle der Gesellschaft" gelten. Ich möchte kotzen angesichts dieser Verlogenheit! Die Erde ist heillos überbevölkert, was zumindest teilweise daran liegt, dass die katholische Kirche, auf die das "C" in CDU zurückgeht, Verhütung noch immer als Sünde bezeichnet. Gleichzeitig implodieren in ein paar Jahren die deutschen Sozialsysteme, weil es bei uns viel zu wenig Nachwuchs gibt. Und was tut die Union? Sie schließt tausende liebevoller und stabiler Homo-Familien als mögliche neue Heimat adoptierter Kinder von vornherein aus. Eine Partei, die diese Logik vertritt, kann ich unmöglich wählen.
jan-stremmel
Elternunabhängiges Bafög
Darum ist mir das wichtig:Bei mir war die Finanzierung des Studiums ein riesengroßes Heckmeck. Meine Eltern sind geschieden, mein Vater verdient sehr gut, hat aber auch sechs Kinder. Dementsprechend hatte ich auf dem Papier einen sehr geringen Bafög-Anspruch, faktisch kam ich aber nie auf die damals vom Staat als Grundsatz vorgesehenen rund 600 Euro. Das ständige Gezerre um Geld war sehr zermürbend. Sich ständig zu Hause melden zu müssen um zu sagen, dass es halt doch nicht reicht, machte keinen Spaß. Am Ende habe ich dann im zweiten Semester ein Stipendium bekommen. Da gab es zusätzlich zum Bafög-Satz noch Büchergeld, Zuschüsse für Auslandssemester und Abschlussarbeiten. Und das Kindergeld wurde erhöht, was meine Mutter mir immer direkt weiterleitete. Im Studium habe ich gemerkt, dass es ziemlich vielen anderen auch so geht. Da waren die Eltern zahlungsunwillig, verschuldet oder kamen aus verschiedensten Gründen nicht an das für den Bafögsatz angerechnete Vermögen dran. In manchen Fällen bezogen die Kommilitonen auch Halbwaisenrente, was ja eins zu eins aufs Bafög angerechnet wird. Diese Studierenden mussten dann Kredite zu sehr viel schlechteren als den Bafög-Bedingungen aufnehmen oder ihre eigenen Eltern verklagen. Das wünsche ich niemandem.
Das sagen die Parteien:
CDU /CSU
Bildungsministerin Johanna Wanka hat Anfang des Jahres im SZ-Interview angekündigt, die Bafög-Zielgruppe ausweiten zu wollen. Passiert ist seitdem nichts. Eine Petition der Linken zum elternunabhängigen Bafög hatten CDU und FDP im Mai 2012 abgelehnt. Prinzipiell ist die CDU dafür, dass die Eltern wenn möglich ihre Kinder selber finanzieren. Die damalige Bundesministerin Annette Schavan riet 2009 dazu, notfalls gerichtlich gegen die Eltern vorzugehen, wenn diese nicht zahlen wollen.
SPD
"Wir wollen das Bafög bedarfsgerecht weiterentwickeln", steht im SPD-Wahlprogramm. Und, dass es zukünftig weniger Stipendien und dafür mehr Geld im Bafög-Topf geben soll. Wie genau diese Bafög-Weiterentwicklung aussehen soll, steht da allerdings nicht.
FDP
Ist pro elternunabhängiges Bafög. Die Hinzuverdiengrenze soll zudem von 385 auf 450 Euro angehoben werden.
Die Grünen
Wollen ein Zwei-Säulen-Modell: Zum einen einen elternunabhängigen Betrag für alle, zum anderen eine Zusatzsumme für die Bedürftigen. Zurückgezahlt werden muss keiner der beiden Beträge.
Die Linke
Ist pro elternunabhängiges Bafög und will die Zuschüsse und Einkommensfreibeträge dabei noch um zehn Prozent erhöhen.
Piraten
Wollen das elternunabhängige Bafög.
AfD
Äußert sich nicht so richtig im Wahlprogramm. Ist prinzipiell ja aber eher für wenig Staat und mehr Eigenverantwortung, von daher vermutlich dagegen.
Diese Positionen sind mir am nächsten:
Mich enttäuscht, wie die großen Parteien sich in dieser Diskussion ohne konkrete Ansätze aus der Affäre ziehen. Die Bundestagskandidatin Bela Bach hatte mir vor ein paar Tagen noch im Interview erzählt, wie wichtig ihr persönlich das elternunabhängige Bafög ist. Das fand ich gut und überzeugend. Im Parteiprogramm lese ich dazu allerdings nichts Konkretes. Kurioserweise bin ich meinungsmäßig somit wohl am nächsten bei den Grünen und der FDP. Die Hinzuverdiengrenze ist aus meiner Sicht gerade in einer Stadt wie München mit 385 Euro wirklich zu niedrig. An den Grünen gefällt mir wiederum, dass sie mit ihrem neuen Modell zumindest versuchen, nicht jedem unsinnigerweise den Bafög-Höchstsatz zu schenken, sondern differenzieren. Denn jedem Studenten ohne Hinterfragen 600 Euro ohne Rückzahlungspflicht hinterherzuschmeißen, fände ich auch nicht sinnvoll.
charlotte-haunhorst
Betreuungsgeld
Darum ist mir das wichtig:In meinem Freundeskreis haben ein paar Leute in den vergangenen Jahren ein Kind bekommen. Über sie habe ich mitbekommen, dass es mindestens genauso anstrengend wie schön ist, ein Kind zu haben. Deutschland braucht Kinder, da sind sich eigentlich alle einig. Also brauchen Eltern Hilfe. Die Parteien streiten aber darüber, wie sie aussehen soll. Seit August 2013 gibt es das Betreuungsgeld, für Kinder, die ab dem 1. August 2012 geboren wurden, bekommen Eltern 150 Euro pro Monat, wenn sie keine Betreuung in einer öffentlich geförderten Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege in Anspruch nehmen.
Das sagen die Parteien:
CDU /CSU
Die Union will nicht, dass der Staat den Eltern vorschreibt, wie sie ihre Kinder erziehen sollen. Deshalb unterstützt sie mit dem Betreuungsgeld Eltern von Kindern zwischen einem und drei Jahren, die keinen staatlich geförderten Kita-Platz in Anspruch nehmen möchten.
SPD
Die SPD findet das Betreuungsgeld nicht gut. Sie will die etwa zwei Milliarden Euro, die man dafür ihrer Angabe nach jährlich einplanen müsste, lieber in Kitas investieren.
FDP
Die Liberalen wollen sich nicht festlegen. Sie wollen das Betreuungsgeld erst mal laufen lassen und dann überprüfen, ob es wirkt.
Die Grünen
Die Grünen halten das Betreuungsgeld laut Wahlomat für eine "familien-, bildungs- und gleichstellungspolitische Katastrophe". Es setze falsche Anreizen und müsse wieder abgeschafft werden.
Die Linke
Auch die Linke findet, dass das Betreuungsgeld ein veraltetes Familienbild fördert. Sie will es streichen und stattdessen Kinderbetreuung ausbauen und Beiträge für Kindergärten und Krippen senken oder abschaffen.
Piraten
Die Piraten sind gegen alles, was "bestehende Rollenbilder" festlegt. Das Betreuungsgeld muss ihrer Meinung nach weg, zumal die Piraten ja auch das bedingungslose Grundeinkommen einführen wollen.
AfD
Die AfD ist zwar offenbar kein Fan des Betreuungsgeldes, will es aber auch nicht abschaffen. Sie will Bedingungen schaffen, die es überflüssig machen. Was immer das heißen mag.
Diese Positionen sind mir am nächsten:
Ich halte das Betreuungsgeld für Quatsch. Auch ich finde, dass das Familienbild mit der Mutter am Herd überholt ist. Und selbst das Argument der Wahlfreiheit zieht nicht. Wer entscheidet sich bitte wegen 150 Euro im Monat dafür, sein Kind selbst zu betreuen? In dieser Frage bin ich also ein Rot-Grün-Wähler.
christian-helten
Flüchtlingspolitik
Darum ist mir das wichtig:Ich habe Flüchtlinge aus Afghanistan kennengelernt, deren Asylantrag abgelehnt wurde und denen jetzt die Abschiebung droht - der deutsche Staat schickt sie zurück in ein Land, in denen ihnen Verfolgung und Tod drohen. Dabei könnten wir diese Menschen gut gebrauchen: Viele Flüchtlinge sind gut ausgebildet und haben auf dem langen Weg nach Europa Durchhaltevermögen bewiesen. Hier stecken wir sie in Sammelunterkünfte, wo sie von Sozialleistungen unter Hartz-IV-Niveau leben müssen.
Das sagen die Parteien:
CDU/CSU
"Wer politisch verfolgt wird und schutzbedürftig ist, muss auf Deutschland vertrauen können", steht im Regierungsprogramm der Union. Man ist offensichtlich der Meinung, dass das schon ganz gut funktioniert - große Änderungsvorschläge enthält das Kapitel über Asyl keine.
SPD
Die Sozialdemokraten wollen Flüchtlingen "den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern” - konkreter werden sie allerdings nicht. Den Schutz von Kindern und Jugendlichen will die SPD verbessern, außerdem auf EU-Ebene für eine bessere Flüchtlingspolitik eintreten. Die Wahl-O-Mat-These "Deutschland soll mehr Flüchtlinge aufnehmen" bejaht die SPD.
Die Grünen
Die Grünen wollen mehr Flüchtlinge aufnehmen, auch um die Aufnahmeländer in Südeuropa zu entlasten. Das Ausbildungs- und Arbeitsverbot soll abgeschafft, die Asylbewerber finanziell mit Hartz-IV-Empfängern gleichgestellt werden. Kinder und Jugendliche sollen besonderen Schutz erhalten.
FDP
Die Liberalen wollen den EU-Südstaaten mehr Flüchtlinge abnehmen und Asylbewerbern das Arbeiten erlauben. Jugendliche Flüchtlinge ohne Begleitung sollen mehr Rechte erhalten. Beim Wahl-O-Mat ("Deutschland soll mehr Flüchtlinge aufnehmen") hat die FDP-Spitze "neutral" angekreuzt.
Die Linke
"Wir wehren uns dagegen, dass Flüchtlinge wie Kriminelle behandelt werden”, steht im Wahlprogramm der Linken. Sammellager und Arbeitsverbote sollen abgeschafft werden. Wer länger als fünf Jahre in Deutschland ist, soll anstatt der "Kettenbefristungen" ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen. Innerhalb der EU ist die Linkspartei für eine freie Wahl des Aufenthaltslandes.
Piraten
Die Piraten wollen "eine freie Wahl des Aufenthaltsortes für alle Menschen". Die Unterbringung in Lagern will die Partei abschaffen. Behördengänge sollen vereinfacht werden und Flüchtlinge einen Internetzugang bekommen.
AfD
Die neugegründete Alternative für Deutschland fasst sich kurz: "Ernsthaft politisch Verfolgte müssen in Deutschland Asyl finden können. Zu einer menschenwürdigen Behandlung gehört auch, dass Asylbewerber hier arbeiten können."
Diese Positionen sind mir am nächsten:
Ich finde, Deutschland könnte es gut verkraften, mehr Flüchtlinge zu besseren Bedinungen aufzunehmen. Das sehen Grüne, Linke und Piraten auch so. Die Piraten kriegen für den Internetzugang vielleicht einen Extrapunkt.
christian-endt
Vorratsdatenspeicherung
Darum ist mir das wichtig:Ich bin gegen Internet-Überwachung ohne konkreten Anlass. Nein, nicht weil ich, Achtung, jetzt kommt mein Lieblings-Argument aller Ignoranten und/oder alten Menschen, "etwas zu verbergen" habe, sondern weil sich das für mich wie eine Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbeschluss anfühlt. Und, da werden mir auch die zustimmen, die keine Ahnung vom Internet haben: Das will keiner! Ich bin mit dem Internet aufgewachsen, für mich ist dieser Raum genauso wichtig wie alle analogen Räume, in denen ich mich bewege. Mit Leuten, die sagen "Ihr seid ja selbst schuld, wenn ihr immer Sachen auf Facebook stellt", will ich nichts zu tun haben. Und von Menschen, die nicht verstehen, dass man auch als unschuldiger Mensch nicht überwacht werden will, möchte ich nicht regiert werden!
Das sagen die Parteien:
CDU/CSU
Das Wort "Vorratsdatenspeicherung" taucht im Regierungsprogramm der Union nicht auf, dafür aber "Mindestspeicherfristen", die für Verbindungsdaten notwendig seien. Ist am Ende dasselbe, auch wenn es laut Innenminister Hans-Peter Friedrich besser klingen soll. Die Union hält also an der Vorratsdatenspeicherung fest.
SPD
Genauso wie die SPD: "Den Umgang mit Verbindungsdaten werden wir auf die Verfolgung schwerster Straftaten beschränken, die Datenarten und Speicherdauer hinsichtlich ihrer Eingriffsintensität differenzieren und Regelungen klar, einfach und zukunftsfähig fassen", heißt es im SPD-Regierungsprogramm. Die Internet-Kompetenzbeauftragte Gesche Joost sagt auf Netzpolitik.org, statt die Vorratsdatenspeicherung abzuschaffen, wolle ihre Partei sie "im engen Rahmen des Bundesverfassungsgerichts umsetzen".
FDP
Die Liberalen lehnen die Vorratsdatenspeicherung ab, gerade hat der Spitzenkandidat Rainer Brüderle in einem Strategiepapier die Bedingungen seiner Partei für eine schwarz-gelbe Koalition zusammengetragen, unter anderem heißt es darin: "Je mehr Datenberge angehäuft werden, desto höher die Missbrauchsmöglichkeiten zur Überwachung."
Die Grünen
"Datenschutz ist Bürgerrecht", schreiben die Grünen auf der entsprechenden Seite ihres Netzauftritts, gewürzt mit dem Benjamin-Franklin-Zitat "Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren". Außerdem prangert die Partei die "Datensammelwut vieler Unternehmen" an. "Datensparsamkeit" soll zum Leitbild werden.
Die Linke
Die Linken fordern auf ihrer Website "Freiheit statt Angst!" und rufen auf, gegen "jede Art von Vorratsdatenspeicherung und Überwachung des Internets" zu demonstrieren.
Piraten
Die Piratenpartei ist gegen Vorratsdatenspeicherung. "Speziell eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten widerspricht nicht nur der Unschuldsvermutung, sondern auch allen Prinzipien einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft", heißt es in ihrem Wahlprogramm.
AfD
Laut Wahlomat ist die AfD gegen eine Speicherung von Kommunikationsdaten ohne konkreten Anlass.
Diese Positionen sind mir am nächsten:
Gegen Vorratsdatenspeicherung sind die FDP, die Grünen, die Linke, natürlich die Piraten und auch die AfD. Der Begriff "Datensparsamkeit" der Grünen gefällt mir, und den Hinweis der FPD, dass Datenberge mehr Missbrauchsmöglichkeiten zur Überwachung bedeuten, unterschreibe ich sofort, genauso wie die Aussage der Piraten, dass verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung der Unschuldsvermutung widerspricht. Die Grünen sind mir insgesamt inhaltlich am nächsten und ihre Haltung zu diesem Thema stärkt mich in meinem Wahlentschluss.
kathrin-hollmer
Text: jetzt-redaktion - Illustration: svenja-sabadello