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Die verhinderten Olympia-Karrieren der jetzt.de-Redaktion

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Der „Topscorer“ einer gesamten Fußball-Saison zu werden, das hat mich vor einigen Jahren dem Traum entscheidend näher gebracht, einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen. Als gefürchteter Flügelflitzer und Dribbelkönig auf Linksaußen machte ich mir einen furchteinflößenden Namen, der meinen Gegnern stets wackelige Beine besorgte. Dabei hatte ich selbst zwei linke Füße. Meinen linken, mit dem ich sie alle ausgetanzt habe, und meinen rechten, der quasi mein klassischer „linker Fuß“ war. Aber noch heute bin ich mir sicher, dass meine Mannschaftskollegen mit ihren Spekulationen Recht hatten und die vielen unbekannten trainingsanzugbekleideten Herren am Spielfeldrand Talentscouts großer Bundesliga-Vereine waren. Mein Traum von der großen Karriere wurde dann allerdings durch ein tragisches Verletzungspech und mindestens so viele Operationen in den Beinen wie Lothar Matthäus damals Freundinnen im Jahr hatte, beendet. Das war nicht nur ein herber Verlust für den noch heute unterschätzten FV Walleshausen, sondern wahrscheinlich sogar für den gesamten deutschen Fußball! Denn wie gesagt, immerhin war ich in jener Saison der Topscorer, und damit die Entdeckung… auch wenn es nur die der Kreisgruppe 2 Oberbayern Zugspitze Nord war. Aber jeder fängt irgendwann mal ganz unten an. Und Dabeisein ist ja schließlich alles! andreas-lallinger Auf der nächsten Seite: Philipp und seine Karriere in einem oberbayerischen Schützenverein


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich war kein einfaches Kind. Ich habe sehr viel gefragt, mich sehr viel bewegt und wies feinmotorische Defizite auf. Bis ins vorpubertäre Alter konnte ich keinen Kreis zeichnen, dessen Enden sich treffen. In Bayern ist für solche Kinder der örtliche Schützenverein genau das Richtige: Endlich ist der Bub mal still, konzentriert sich auf eine Sache und versucht, sich so wenig wie möglich zu bewegen. Also: Zweimal die Woche eine Stunde mit einem Luftgewehr auf ein unbewegliches Ziel ballern. Zwei Jahre ging das so und irgendwann nahm man mich sogar auf Wettkämpfe mit. Auf solchen Wettkämpfen ballert man und bierdimpfelt man anschließend noch etwas herum. Zum Bierdimpfeln war ich allerdings noch zu jung und trotz bayerische Sozialisation mütterlichseits fühlte ich mich immer wie ein norddeutscher Fremdkörper. Mit 14 ersetzte ein Skateboard das Gewehr. Immerhin - seitdem kann ich zwar keinen schönen Kreis zeichnen, aber doch einen, dessen beiden Enden sich treffen. philipp-mattheis Auf der nächsten Seite: 85 Umdrehungen in der Minute - Xifans olympisches Seilspringen


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

In Sport habe ich nie geglänzt. Eine Sechs in Mathe konnte auf dem Pausenhof irgendwie als cool verbucht werden, weil Mathe genau das Gegenteil war, aber eine Zeugnisdrei in Sport kam einem Zeugnis von Bewegungsunfähigkeit gleich. Diese Note sagte einem schwarz auf weiß: „Du bist eine lahme Ente, deine Bälle landen immer daneben. Wenn du über den Turnkasten springen sollst, knallst du dagegen. Und jede Woche schaut dir die ganze Klasse dabei zu.“ Die einzige Disziplin, in der mir niemand das Wasser reichen konnte, war Seilspringen. Was hierzulande im Unterricht zu Unrecht vernachlässigt wird, ist in China die obligatorische Aufwärmübung einer jeden Sportstunde: 60 Kinder hüpfen auf und ab, uniformiert, aufgereiht und synchron, was aus der Vogelperspektive so aussieht wie eine kleinere Choreografie der Olympia-Eröffnungsfeier. Neben der Springformation steht der Sportlehrer mit einer Stoppuhr. Meine Bestzeit war in der Vorschule 85 Seilumdrehungen in einer Minute. Später konnte ich in Deutschland meine Schulkameraden nicht nur mit dieser Frequenz, sondern auch mit ausgefeilten Springvariationen beeindrucken: Zum Beispiel überkreuzt man beide Arme, so dass man durch eine achtförmige Schlaufe hüpfen muss. Oder man rudert mit den Armen so schnell, dass man pro Sprung das Seil zweimal unter seine Füße vorbei schwingen kann. Wäre Seilspringen eine olympische Sportart, gäbe es wohl trotzdem hunderte Millionen anderer Chinesen, die mir überlegen wären. Aber da ich inzwischen den Pass gewechselt habe, könnte ich vielleicht als erste Seilspringerin des deutschen Teams antreten. xifan-yang Auf der nächsten Seite: Max, der Karpfenkönig


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Im Alter zwischen zehn und 14 Jahren, war ich ein derart enthusiastischer Angler, dass ich mehr Zeit an diversen Seeufern verbrachte als in meinem Bett. Die Fische, einmal gefangen, interessierten mich dabei gar nicht sehr, es war eher die Vorbereitung, die ganzen Tricks und Kniffe, die nie komplette Ausrüstung und auch das spannende Warten auf einen Biss. Ich machte nichts anderes als Angelmagazine zu lesen, Kataloge wälzen und Taschengeld für neues Fischzeugs zu verprassen - und hatte deshalb bald einen Grad an Versiertheit erreicht, der die meisten Arsch-auf-Eimer-Tümpelangler ziemlich in den Schatten stellte. Weil Angeln in Deutschland eine amtliche Sache ist, war ich natürlich auch in einem Fischerverein. Dieser Verein veranstaltete einmal im Jahr ein Wettfischen, das offiziell Hegefischen hieß, weil Wettangeln in Deutschland eigentlich verboten ist. So ein Wettangeln darf man sich als ziemlich lustig vorstellen, zumindest wenn man kein Fisch ist: Um vier Uhr morgens rumpelt der halbe Verein an irgendeinen Vereins-See, wo schon ein kleines Bierzelt steht und ein Generator brummt. Man zieht Platzkarten und verfügt sich eilig an den gezogenen Platz – an dem es natürlich immer was auszusetzen gibt. Rechts und links hocken in fünf Meter Abstand die anderen Vereinsheimer, rund um den See. Um sechs geht’s los und bis elf wird gefischt, was das Zeug hält, dann wird der Fang gewogen und wer am meisten erbeutet hat, kriegt einen Pokal und Sachpreise und hinterher trinken alle Bier und essen die Fische oder noch lieber Würste. Meistens fängt man selber nichts und die Ober-Unsympathen gewinnen alles, was dann für viel missgünstiges Geraune sorgt. Eines schönen Sommertages also, ich war 13, war wieder Hegefischen und mein Vater und ich ohne große Hoffnungen angereist. Unser Platz war nicht schlecht, nach dem Startschuss warf ich aus und keine zehn Minuten hing der erste Karpfen dran. Es war erstaunlich. Und es ging so weiter, ich kam bis acht Uhr nicht dazu, meine Frühstückssemmel auch nur auszupacken. Irgendwann hatte ich eine so unsinnige Menge Karpfen gefangen, dass mein Vater vorsichtig meinte, es würde nun reichen, die letzten drei setzte ich wieder zurück. Als ich meinen Fang später zur großen Waage schleppte, trat schlagartig Stille ein, ich war ja auch ein Pimpf, unter diesen ganzen bayerischen Wirtshausgestalten. Jedenfalls: Ich sprengte mit meinem Ergebnis alle Rekorde, die es in der jüngeren Vereingeschichte gab und wurde Fischerkönig – offiziell zwar nur in der Jugendklasse, aber mein Ergebnis war auch besser als vom besten Erwachsenen. Das war das erste Mal, dass ich bei irgendwas einen Pokal bekam, besser noch, ich wurde mit der traditionellen Silberkette „gekrönt“, die seit Jahrzehnten weitergegeben wird. Es gibt ein wirklich schlimmes Foto, das mich mit dieser Kette zeigt, vollkommen durchnächtigt und vor einer Wand aus Karpfen. Es war der erste Höhepunkt einer wirklich verheißungsvollen Karriere als Angler. Wenn ich danach ans Wasser kam, raunten sich die anderen einander zu, viel Ältere luden mich zum Angeln ein oder fragten mich am Wasser um Rat. Leider erschien mir später das Angeln im Zuge der pubertären Geisteserweiterung als moralisch nicht einwandfreie Beschäftigung und ich hörte auf, zu trainieren. max-scharnigg


Vielleicht war die Schule einfach sehr klein. Vielleicht ist es auch bloß viel zu lange her. Wenn ich aber an die Höhepunkte meiner Sport-Karriere denke, taucht immer dieses Schulsportfest auf, an dessen Ende verschiedene Grundschulen meines Heimatorts ein Staffelrennen gegeneinander veranstalteten. Das Ziel: 10 Grundschüler möglichst schnell über eine Distanz von 10 mal 50 Metern jagen. Ich war – so jedenfalls meine mit der Melodie von „Go for Gold“ unterlegte Erinnerung – der Schlußläufer. Meine Schule gewann das Rennen. Es war ein Triumphlauf, ein beispielloser Sieg. Ich war mir sicher: Ich sollte Leichtathlet werden. Denn wenn man ehrlich ist: Das Rennen, Springen, Stoßen und Werfen im weiten Olympiastadion ist doch immer der Höhepunkt des Wettstreits. Kein Fußballspiel, kein Tischtennis-Match reicht an diese Konzentration auf die Tartanbahn im Olympiastadion heran. So wurde ich Leichtathlet, nicht wissend, dass der Höhepunkt meiner springenden, laufenden und werfenden Karriere bereits hinter mir lag. Ich ging zum Training, bestritt Wettkämpfe und trainierte wieder. Aber der Fortschritt, der sich hätte einstellen sollen, blieb bei mir aus. Ich sprang nur unwesentlich weiter als vor meinem Karrierestart. Auch meine Laufleistungen verbesserten sich lediglich im Rahmen des Fußballspiels, das vor jedem Training zum Aufwärmen veranstaltet wurde. So reifte in mir die Erkenntnis: Das mit der Sportkarriere, mit einer Teilnahme bei Olympia gar, das wird nichts. Ganz ohne Verletzungen, ganz ohne historische Niederlagen, einfach an mangelndem Talent scheiterte meine olympische Laufbahn. Traurig, aber wahr. dirk-vongehlen

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