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Horror-Nebenjob in einer Cateringfirma
Horror-Stufe: 6 von 10
Chef: frei von jeglichem Feingefühl
Bezahlung: 7,50 Euro die Stunde (in Österreich gibt es keinen gesetzlichen Mindestlohn)
Erlernte Skills: für Prinzipien einstehen und sich nicht ausnutzen lassen
„Vor zwei Jahren war ich mal wieder auf der Suche nach einem neuen Nebenjob. Ich hatte schon häufiger in der Gastro gearbeitet. Deshalb sprach mich der Job einer Catering-Firma direkt an, als ich ihn auf einer Studierenden-Plattform entdeckte, wo die unterschiedlichsten Studi-Jobs angeboten wurden. Ich arbeitete in einem großen Catering-Unternehmen, das man sich als Personal-Ausleihe für verschiedene Events vorstellen kann, zum Beispiel Hochzeiten oder Firmenjubiläen – alles eben, wo man Leute braucht, die mit einem Tablett herumlaufen und Sekt verteilen.
„Es gab immer wieder kleine Machtspielchen“
Ich wurde an unterschiedlichen Standorten eingesetzt. Manchmal arbeitete ich auch als Hostess, das wechselte immer. Das Verhältnis zu meinem Chef war oberflächlich betrachtet ganz okay, aber davon war viel gespielt. Das Machtverhältnis habe ich ständig gespürt. Er hielt sich für den Größten und hat es nie eingesehen, wenn er mal einen Fehler gemacht hat. Einmal hat er mir für einen Einsatz eine falsche Adresse gegeben. Ich kannte mich in der Gegend nicht aus und habe meinen Chef ewig nicht erreicht. Über Kolleg*innen habe ich zum Glück die richtige Adresse bekommen, aber natürlich kam ich viel zu spät zur Veranstaltung. Als ich meinen Chef endlich am Telefon hatte, habe ich von ihm nur Ärger dafür bekommen, dass ich zu spät kam.
Auch innerhalb des Teams gab es immer wieder kleine Machtspielchen. Es gab einige Leute, die schon länger in der Firma waren und dadurch eine höhere Position hatten – zum Beispiel Barchef*in oder Teamleiter*in. Man hat deutlich gemerkt, wie sie ihre Macht ausgenutzt haben und die Aufgaben, die sie nicht machen wollten, an die ‚unteren Leute‘ verteilt haben. Einmal hatten wir eine Vernissage und die Barchefin hätte genauso kellnern müssen wie alle anderen auch. Aber stattdessen hat sie nicht wirklich etwas gemacht und saß an diesem Abend nur im Lager und hat die Arbeit verteilt.
„Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich gar keine Kraft mehr für andere Dinge hatte“
Ich fühlte mich zunehmend unwohler in meinem Job. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich gar keine Kraft mehr für andere Dinge hatte, weil mir dieser Job die Kraft ausgesaugt hat. Ein Vorfall hat dem Ganzen dann die Krone aufgesetzt. Insgesamt habe ich den Job drei Monate lange durchgezogen. Zwei Wochen davon war ich in einer Würstchenbude eingesetzt und musste stundenlang auf einem Quadratmeter Würstchen braten. Eine Freundin von mir war auch in der gleichen Firma angestellt. Nach einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass sie – im Gegensatz zu mir – immer nur in der Küche eingesetzt wurde und generell weniger Kund*innenkontakt hatte. Weil sie sich nicht traute, habe ich unseren Chef darauf angesprochen und gefrag, woran das liegt. Er hat ihr direkt in Gesicht gesagt, dass sie zu dick sei und sich ja auch nicht als Victoria Secret-Model bewerben würde. Ich konnte das im ersten Moment gar nicht glauben, danach wurde ich richtig wütend. Ich würde mich als Feministin bezeichnen, aber ich glaube, man muss nicht groß feministisch eingestellt sein, um das menschenverachtend zu finden. Ich wollte nicht länger in einer Firma arbeiten, in der so mit Menschen umgegangen wird, und habe gekündigt.
„Wenn ich heute an den Job zurückdenke, ist das für mich eine Jobsünde“
Meinem Chef habe ich den Kündigungsgrund nicht genannt, weil das, glaube ich, in so einem großen Unternehmen nicht relevant ist und nichts verändert hätte. Da kommen und gehen die Mitarbeiter*innen am laufenden Band. Ich war so froh, als meine Freundin es auch geschafft hat, zu kündigen. Noch heute macht es mich wütend und ich kann nicht verstehen, wie man so mit Menschen umgehen kann. Wenn ich heute an den Job zurückdenke, ist das für mich eine Jobsünde. Natürlich kann ich nichts dafür, dass damals so viel falsch lief, aber ich bereue es sehr, dass ich diesen Job gemacht habe. Heute würde ich lieber ein bisschen knapper leben und mir mehr Zeit nehmen, um eine Arbeit zu suchen, die mir Spaß macht.“