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Horror Date im Schwimmbad: Zu viel nackte Haut und zu wenig Abstand
Dating-Situation: Mit dem Mitschüler im Schwimmbad
Geschlecht und Alter der Dates: Männlich, 15 oder 16
Vibe des Dates: Warum finden all meine Freundinnen oberkörperfreie Männer so toll?
Horrorstufe: 7 von 10
Eigentlich wollte ich nicht. Aber ich war fast fünfzehn und dachte, langsam müsste ich auch mal von einem Date erzählen können. Wir waren beide im Schulorchester, er spielte schlecht Trompete, ich schlecht Geige. Wenn wir uns sahen, lächelte er mich unsicher an. Vor den Sommerferien fragte er, ob wir nicht mal zusammen schwimmen gehen wollten. Er war vielleicht ein bisschen nerdig und seine Haare waren ziemlich zottelig, aber er wirkte nett. Und obwohl ich mich bei dem Gedanken an ein Date mit ihm eher kribblig-mulmig als kribblig-verliebt fühlte, dachte ich: „Das ist meine Chance.“ Also sagte ich ja.
Ich erzählte meiner Familie, das gesamte Orchester wolle das Ende des Schuljahres im Schwimmbad feiern, und meine Mutter fuhr mich hin. Er wartete schon dort, genauso nervös wie ich. Wir umarmten uns kurz und verschwanden dann schnell in den Umkleiden, wo ich möglichst lange herumtrödelte. Aber irgendwann konnte ich mich wirklich nicht mehr drücken. Und dann standen wir da – in Unterwäsche, wenn man mal so darüber nachdenkt. Eigentlich sind Badehose und Bikini ja nichts anderes.
Vielleicht sollte ich nun dazusagen, was ich heute weiß: Mir war das nicht alleine deswegen unangenehm, weil ich noch nie auf einem Date gewesen war oder noch nie die nackte Haut eines Jungen berührt hatte. Das Problem war auch nicht, dass ich meinen Körper nicht mochte, den fand ich okay. Das Problem war, dass sich das alles so sexualisiert anfühlte: seine Blicke auf mir, der Anblick seiner Brust, sein weicher, weißer Bauch, die Haare auf seinen Oberschenkeln, alle sichtbar, die Möglichkeit, dass er mich berühren könnte. Und ich wollte keinen Sex mit einem Jungen. Damals dachte ich: Noch nicht, kommt noch, ich arbeite daran. Heute weiß ich: Nie. Ich mag Frauen.
Er versuchte, meine Hand zu nehmen, und stammelte: „Willst du meine Freundin sein?“
Um also etwas mehr Abstand zwischen meinen und seinen Körper zu bekommen, lief ich schnell ins Wasser. Da plantschten wir herum, schwammen ein paar Bahnen und redeten immer mal wieder ein paar Sätze über die Schule oder das Orchester – als ich plötzlich die beste Freundin meiner kleinen Schwester entdeckte, keine drei Meter von uns entfernt. Juhu, Kleinstadt. Sie hatte uns anscheinend noch nicht bemerkt und ich wollte auch auf keinen Fall, dass sie uns sieht: Eine kichernde Zwölfjährige im Schwimmbad und später eine kichernde Schwester zuhause brauchte ich wirklich nicht. Also tauchte ich unter und hoffte, dass er mir folgen würde, hinter eine der künstlichen Palmen. Tat er zum Glück auch. Aber von nun an musste ich irgendwie die stockende Unterhaltung aufrechterhalten, damit er nicht auf die Idee kam, dass man, wenn man nicht redete, ja was anderes tun könnte. Knutschen zum Beispiel. Überhaupt musste ich verhindern, dass er mir nahekommt. Verhindern, dass die Freundin meiner Schwester uns nahekommt. Und das alles natürlich möglichst unauffällig.
Ich also so: „Was machst du denn diesen Sommer?“
Er so: „Hm, Urlaub wahrscheinlich.“
Ich: „Aha, wo willst – ach, lass uns doch mal da rüber schwimmen.“
Er: „Weiß ich noch nicht.“
Ich: „Ach so (unauffälliger Blick zur Seite, kleiner Schritt zurück), nein, da hinten sieht es doch noch netter aus.“
Er: „?“
Eines musste er aber doch noch loswerden, und davon ließ er sich auch nicht ablenken. Er wollte unbedingt, dass wir uns auf diese Sprudelliegen am Rand des Beckens legen. Dann schaute er mich ganz lange an und versuchte, meine Hand zu nehmen, was er nicht schaffte. Er versuchte, seine zitternde Lippe unter Kontrolle zu bekommen, was er auch nicht schaffte, und stammelte irgendwann: „Willst du meine Freundin sein?“ Das wollte ich nicht. Aber ich wollte ihm auch nicht wehtun, also sagte ich gar nichts. Und zwar minutenlang. Mit jeder Minute wusste ich weniger, wie ich mein Schweigen brechen sollte, und eigentlich muss ihm das ja auch schon alles gesagt haben. Aber solange er kein echtes „Nein“ bekommen hatte, hoffte er wohl trotzdem noch. Ich brachte keines heraus. Und so saßen wir stumm beieinander, bis die Badezeit um war. Immerhin tauchte die Freundin meiner Schwester nicht mehr auf.
Ich glaube, wirklich falsch gemacht hat damals keine:r von uns etwas. Vielleicht hätte er nicht vorschlagen sollen, schwimmen zu gehen, und mir mehr Zeit lassen müssen. Vielleicht hätte ich ihm ehrlich antworten müssen. Aber das eigentliche Problem waren unsere Scham und unsere pubertäre Unsicherheit, die Tatsache, dass wir übers Verliebtsein oder Nicht-Verliebtsein nicht offen reden konnten, und ich dummes Gekicher fürchten musste. Und dass ich dachte, ich müsste Jungen daten, nur weil die anderen Mädchen das auch taten und ständig darüber sprachen. „Compulsory heterosexuality“ nennt man das, oder kurz „comphet“ – obligatorische Heterosexualität. Erzählt habe ich von dem Date übrigens nie jemandem.
Unsere Autorin hat darum gebeten, anonym zu bleiben, damit auch weiterhin niemand aus ihrem Umfeld (zum Beispiel ihre Schwester) von diesem Date erfährt. Ihr voller Name ist der Redaktion aber bekannt.