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Horror-Date: Hollywoodreif sitzengelassen
Dating-Situation: Erstes Dinner zu zweit
Geschlecht und Alter des Dates: männlich, Anfang 20
Vibe des Dates: Des isser – mein Traummann
Horrorstufe: 9 von 10
Es war Sommer 2011, kurz nach meinem Abitur, als ich diese ganz speziellen Flattergefühle für einen Jungen in der Brust hatte: Frederick, der eigentlich anders heißt. Lockiges hellbraunes Haar, ein schönes Lächeln, schlagfertig war er auch. Frederick und ich kannten uns schon seit einem Jahr aus einer Theatergruppe, und hatten dementsprechend auch schon ausreichend Zeit für den gegenseitigen Vibe-Ceck gehabt: lustige Theater-Proben, entspannte Biere mit dem Rest der Gruppe, adrenalin-geladene Stunden vor Aufführungen, wilde Feiereien danach. Immer war es aufregend mit Frederick, immer war er lustig und schlau.
Eigentlich müssen wir es nur noch offiziell machen – dachte ich
Kurz: Ich wollte ihn zu meinem nächsten Boyfriend machen. Und tatsächlich, in einer dieser warmen Feier-Sommernächte saßen wir zu zweit vor dem Club auf einer Treppe, während die anderen noch tanzten. „Kann ich dich küssen?“, fragte er mich, und ich musste fast lachen, weil ich so offensichtlich seine Nähe gesucht hatte, dass die Antwort klar sein musste. Egal, extra Punkte für Konsens gibt es immer, und geküsst wurde auch. Später daheim lag ich im Bett und war mir absolut sicher: „Jetzt kann es nicht mehr lange dauern, bis wir ein Paar sind. Eigentlich müssen wir es nur noch offiziell machen.“
Ein paar Tage später fragte er mich endlich nach einem Date. Wir wollten ein kostenloses klassisches Konzert anschauen und dann Pizza essen. Ich war ein bisschen nervös, weil er sich nicht gleich am Tag nach unserem langersehnten Kuss bei mir gemeldet hatte (vielleicht steht er doch nicht auf mich?), dann auch noch 20 Minuten zu spät kam (er steht SICHER nicht auf mich!), und dann so komisch distanziert war: Er sagte wenig, sah mich nicht richtig an, suchte beim Konzert kein bisschen meine Nähe. Verdammt.
Vor uns die Teller, zwischen uns der unangesprochene Kuss
Ich hatte absolut keine Ahnung, was los war. Alles, was ich wollte, war, dass wir endlich wieder unsere Gesichter aneinander drücken und Speichel austauschen. Stattdessen saßen wir irgendwann in der Pizzeria, und es wurde von Minute zu Minute unangenehmer. Vor uns die Teller, zwischen uns der unangesprochene Kuss. Um ihn ins Reden zu bekommen, versuchte ich mit ihm ein bisschen meta über Freundschaft zu quatschen, um dann von da aus elegant auf das Thema Liebe zu lenken, und naja, dann vielleicht doch nochmal zu küssen. Aber so weit kam ich nicht.
Ich glaube, ich gab gerade so eine Plattitüde wie „Mir ist es einfach ganz wichtig, dass ich mit meinen Freunden über alles ehrlich rede“ von mir, als Frederick sein Besteck hinlegte, mich kühl anschaute und sagte: „Ich kann das einfach nicht.“ Ich lachte und fragte, was er meint. Ich dachte, dass wir jetzt darüber diskutieren würden. Aber nein: Er stand auf, packte seine Jacke und sagte sichtlich wütend: „Sowas sagt man einfach nicht, klar?!“. Dann marschierte er zum Tresen, um zu bezahlen. Ich saß völlig schockiert auf meinem Platz und starrte ihm nach. Nachrennen kam nicht in Frage, wie peinlich wäre das vor allen Leuten gewesen. Mein Kopf drehte durch: „Vielleicht kommt er gleich wieder, vielleicht ist das ein Witz“, dachte ich. Und: „Was habe ich eigentlich nochmal gesagt, dass er jetzt so ausflippt?“
Ich ratterte im Kopf alle möglichen Dinge durch, die ich falsch gemacht haben könnte: War vielleicht irgendetwas mit einem seiner Freunde und ich hatte ihn mit meinem Gesabbel über Freundschaft irgendwie verletzt? Oder hatte er nur die ganze Zeit einen Moment abgewartet, um mir möglichst deutlich zu zeigen, dass er wirklich gar kein Interesse an mir hatte?
Nicht nur mein Liebesradar hatte sich wohl getäuscht – sondern auch mein Freundschaftsradar
Ich sah ihn am Fenster vorbei Richtung U-Bahn gehen. Es war kein Witz, er hatte mich hier wirklich eiskalt sitzen lassen – wie im Film. Dabei war ich aber nicht – wie das oft in Filmen ist – irgendeine Fremde, bei der man direkt beim ersten „Hallo“ checkt, dass man nicht zusammen passt. Wir kannten uns, mochten uns, und man könnte sogar sagen, dass wir befreundet waren. Wie konnte er mich da so ohne Vorwarnung sitzen lassen? Denn wie gesagt: Mit Freunden sollte man doch über alles ehrlich reden.
The end.
Naja, nicht ganz: Ein halbes Jahr später liefen wir uns tatsächlich irgendwann nochmal besoffen bei einer Party über den Weg. Ich hatte mir strikt verboten, ihm zu schreiben, nachdem er mich im Restaurant abserviert hatte („Irgendwo muss auch mal Schluss sein“). Er hatte sich ebenfalls nicht mehr gemeldet. Aber auf dieser Party, ein halbes Jahr später, zog er mich dann doch von der Tanzfläche, wollte reden. Weit kam er damit aber nicht. „Du Arschloch“, brüllte ich, und: „Sowas macht man einfach nicht mit Leuten!“ Dann rannte ich schnellstmöglich davon – einfach, damit er mich nicht nochmal sitzen lassen konnte.
* Unsere Autorin möchte zum Schutz ihrer Privatsphäre anonym bleiben, ist der Redaktion aber bekannt.