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Horror-Date: Der alternde Skater

Illustration: Katharina Bitzl

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Dating-Situation: Tinderdate im Skatepark

Geschlecht und Alter des Dates: männlich, ca. 30 Jahre

Horror Stufe: 8 von 10

Es ist völlig in Ordnung, wenn Männer über 30 ein Hobby haben. Es ist auch völlig in Ordnung, wenn das Skateboarden ist. Aber es hat schon seinen Grund, dass immer nur die Rede von süßen „Skaterboys“ ist – und selten bis nie jemand von attraktiven, erwachsenen „Skatermen“ schwärmt.

Trotzdem saß ich eines schönen Vormittags in dem alten Audi eines Typen, der ein „Skaterman“ par excellence war: Cap, Drei-Tage-Bart, Skinny-Jeans und Sneaker, die in Kombination auf den Laien irgendwie wahllos wirkten, in Wirklichkeit aber vermutlich das Ergebnis ziemlich gezielter Werbestrategien großer Skate-Marken waren. Wir hatten uns auf Tinder kennengelernt und nicht lange rumgefackelt, sondern schnell ein Treffen vereinbart. Weil ich zu dieser Zeit ein süßes Skatergirl war – oder besser: sein wollte – lagen unsere Skateboards auf dem Rücksitz, das Ziel unseres Ausflugs war ein Skatepark. Ich erinnere mich, dass es April oder Mai gewesen sein muss, denn dieses Date sollte für mich Auswirkungen auf den gesamten kommenden Sommer haben.

Im Park angekommen, war ich mir eigentlich recht sicher, dass ich wusste, was zu tun ist. Wir rollten eine Weile herum, ratschten und hatten an und für sich keine schlechte Zeit. Das Gute an der Unternehmung war, dass man nicht die ganze Zeit nebeneinander stand, saß oder lag, sondern einfach losrollen konnte, sobald die awkward silence zu übermächtig wurde. So lief der Mittag dahin und war eigentlich eine nette Sache. Es sah jetzt nicht danach aus, als würde sich jemand Hals über Kopf verlieben, aber dafür ist so ein Tinderdate ja auch nicht zwangsweise da.

Die Situation änderte sich dann aber im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig, als ich mich nicht Hals über Kopf in den Skaterboy verknallte, sondern mein Hals trotzdem meinen Kopf überholte und ich mich meisterhaft aufs Maul legte. Im ersten Moment dachte ich, es sei halb so wild und ich könne einfach aufstehen, peinlich berührt lachen und mir den Staub von der Kleidung klopfen. Fehlanzeige. Mein Aufstehversuch endete in einer bemitleidenswerten Mischung aus verzweifeltem Lachen, schmerzinduziertem Geheul und hysterischer Schnappatmung.

Da relativ schnell klar war, dass das nicht nur ein Kratzer war, fuhr mich meine Begleitung schnurstracks ins Krankenhaus, wo er zunächst super geduldig auf mich wartete und überraschend überzeugend Mitgefühl zeigte. Der Arzt, der sich ähnlich wie mein Date später als recht inkompetent (der eine sozial, der andere fachlich) herausstellen sollte, diagnostizierte eine Schulterprellung und schickte uns heim. Und genau dahin gingen wir dann auch. Zu ihm.

Der genaue Ablauf des weiteren Abends ist kaum von Belang: Bier trinken, Unsinn reden, bei ihm übernachten. Viel interessanter ist allerdings, was zwei Wochen später passierte. Als vernünftiges Skatergirl hatte ich mir mittlerweile eine zweite Meinung zu meiner Schulter eingeholt. Das Ergebnis: Schultereckgelenksprengung. Das perfekte Beispiel für ein deutsches Wort, bei dem Klang und Bedeutung perfekt übereinstimmen. An einer OP, und damit den Schmerzen meines Lebens, ging leider kein Weg vorbei. Ich schrieb meinem Date, mit dem ich seit dem Unfall nur sehr sporadisch Kontakt gehabt hatte, die Neuigkeiten und er versprach, mich im Krankenhaus zu besuchen.

Aber wie gesagt: Es gibt nur süße Skaterboys, vom tollen Skaterman hat noch nie einer erzählt. Und so rissen nicht nur alle meine Bänder in der Schulter ab, sondern auch der Kontakt zu diesem Exemplar. Im Krankenhaus kam er auf jeden Fall nie vorbei.

*Die Autorin hat gebeten, den Text anonym veröffentlichen zu dürfen. Ihr Name ist der Redaktion aber bekannt.

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