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Das unfreiwillige Doppeldate
Manche Dates sind schlimmer als andere, in dieser Serie erzählen wir davon. Diesmal: Unser Autor wird zufällig zum Zeugen, wie sein Date jemand anderen trifft.
Datingsituation: Unfreiwilliges zweites Date mit Gesellschaft
Geschlecht und Alter des Dates: weiblich, Anfang 20
Vibe des Dates: Für alle Beteiligten unangenehm
Horrorstufe: 6/10
Manche zweiten Dates sind wie ein schlechtes Sequel: Sie halten nicht, was ihr Vorgänger verspricht. Anisa (Name geändert) und ich verstanden uns bei unserem ersten Treffen auf Anhieb. Sie war ein kanadisches Tinder-Date, das ich vor ein paar Jahren im ägyptischen Ferienort Hurghada kennengelernt habe. Ich mochte ihren Humor, ihr Lächeln, ihre dunklen Augen. Um zwei Uhr nachts gingen wir in mein Hotelzimmer. Am nächsten Morgen küssten wir uns zum Abschied. Ich zweifelte nicht daran, dass wir uns wiedersehen würden.
Drei Tage später, immernoch im Urlaub. Von Anisa hatte ich nichts mehr gehört. Der Abend begann trotzdem vielversprechend. Nämlich mit zwei Amerikanern, die ich in meinem Hostel kennengelernt hatte. Vom ersten Handschlag an waren die Rollen klar verteilt. Sie sahen aus wie Footballspieler in einem Highschool-Film: volles Haar, dicke Oberarme, breites Kreuz. Verglichen mit ihnen fühlte ich mich wie ein pickeliger Nerd, der froh war, wenn er mit den großen Jungs spielen durfte. „Willst du ein Bier trinken gehen?“, fragte Jake, der Größere der beiden. Ich nickte und zog schnell meine Schuhe an. Nicht, dass sie es sich noch anders überlegen würden.
Ich wollte zeigen, wie erwachsen ich war. Und hatte vier Bier getrunken
Mit großen Schritten liefen sie zur Bar, ich hechelte hinterher. Jake sagte mir, dass später noch ein Date von ihm dazustoßen würde. „Sie heißt Nisi.“ Ein kanadisches Tinder-Match. „Witzig“, dachte ich, „Anisa ist auch Kanadierin!“ In der Bar stießen wir mit vollen Biergläsern auf den Abend an. Auf dem Flachbildschirm lief Fußball, im Hintergrund laute House-Musik. Nach einer halben Stunde stand Jake auf, um Nisi abzuholen. Zehn Minuten später kam er mit ihr zurück. Ich erkannte sie sofort. Ihre dunklen Augen und ihr Lächeln, das erst verschwand, als sie mich sah. „Nisi“ war Anisa, die Frau, die ich vor drei Tagen gedatet hatte.
Was tun, wenn man merkt, dass man fehl am Platz ist? Andere würden sich wohl eine schlechte Ausrede einfallen lassen, zahlen und aus der Bar stürmen. Aber wäre das nicht übertrieben? Also blieb ich sitzen – obwohl ich wusste, wie unangenehm die Situation für alle Beteiligten war. Ich fühlte mich wie ein Passant, der zufällig Zeuge eines Autounfalls wurde – und nicht wegschauen konnte. Ich lächelte so cool wie möglich und sagte in die Runde: „Wir kennen uns!“ Jake lachte kurz auf und rutschte näher zu Anisa. Er schien zu spüren, woher wir uns kannten.
Anisa mied meinen Blick. Also starrte ich in mein volles Glas und überlegte, welcher Satz das Eis brechen würde. Ich entschied ich mich für: „Wie geht’s dir?“. Anisa sah mich an, als hätte ich ihr eine unlösbare Matheaufgabe gestellt. „Gut, danke. Und dir?“ – „Auch gut.“ Nach diesem tiefsinnigen Gespräch wandten wir uns schnell wieder den beiden Amerikanern zu. Die versuchten, die peinliche Stille mit Alkohol zu füllen. Nach dem vierten Bier sagte Jake, dass sie jetzt in den Club gehen würden. Sein Pech: Auch ich hatte vier Bier getrunken. Und wollte zeigen, wie erwachsen ich war. Und wie verständnisvoll gegenüber Anisa. Wer würde nicht einen heißen Footballspieler daten? Ich spielte meine Rolle so gut, dass ich selbst glaubte, dass mir das alles nichts ausmachen würde. Zurück ins Hostel zu gehen, kam für mich nicht mehr in Frage. Bei einem schlechten Sequel geht man doch auch nicht einfach aus dem Kino. Wer konnte schon wissen, wie sich diese Nacht noch entwickeln würde? Also holte ich Luft und verkündete: „Ich komme mit!“
Auf dem Weg zum Club gab mir Jake zu verstehen, was er von meiner Entscheidung hielt: Rein gar nichts. Er ignorierte mich und legte seinen rechten Arm um Anisa. Wie ein Hirsch markierte er sein Territorium. Anisa löste sich aus seinem Griff und schaute mir zum ersten Mal in die Augen. Ihr war die Situation sichtlich unangenehm. Was Jake im Club nicht daran hinderte, einen Gang höher zu schalten. Nachdem wir den Türsteher passiert hatten, lief er mit Anisa zur Bar, gab ihr einen Drink aus, zog sie auf die Tanzfläche und verschwand mit ihr in der Menschenmenge. Die Botschaft war angekommen: Es war Zeit für mich, zu gehen.
Im Hostel fiel ich in mein Bett. Müde dachte ich an Anisa und daran, wie schön unser erstes Date gewesen war. Oder hatte ich mir das nur eingebildet? Ich fühlte mich abserviert, als hätte mich Anisa gegen ein neueres Modell umgetauscht. Gleichzeitig versuchte ich, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass wir uns nicht mehr sehen würden. Mein Handy vibrierte. Es war Anisa. Sie fragte, wo ich bin. „Im Bett“ – „Kann ich kommen?“
Zehn Minuten später steht sie in meinem Zimmer. Sie küsst mich auf den Mund und es fühlt sich toll an. Die Highschool-Schönheit hat sich gegen den aufdringlichen Footballspieler entschieden. Und für den pickeligen Nerd. Zumindest in dieser Nacht.