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Was mir das Herz bricht: falsche Geschenke

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Als ich älter wurde, habe ich begriffen, dass es nicht nur Altruismus war. Meine Eltern verfolgten manchmal auch einen Plan, wenn ich mal ein neues Game-Boy-Spiel bekam. Oft passierte das nämlich, wenn ein langer Geburtstag bevorstand. Seltener auch eine Hochzeit. Irgendein Anlass jedenfalls, bei dem sich erwachsene Menschen zusammensetzen, um mit Erwachsenen-Getränken vor sich Erwachsenen-Themen zu besprechen und Erwachsenen-Witze zu reißen. Veranstaltungen also, bei denen Kinder quengelig werden. Und zwar zu Recht!  

Nun quengelt weniger oder später oder vielleicht sogar gar nicht, wer einen Teenage Mutant Ninja Turtle durch die Kanalisation steuert, oder Link aus „Zelda“ durch wilde Schwertkämpfe und vertrackte Strategien lotst. Es war also eine klassische Win-Win-Situation für Eltern und Kind. Gute Taktik. Trotzdem wird mir jedes Mal das Herz ganz pelzig und weich vor Rührung, wenn ich dran zurückdenke, wie sie plötzlich eine dieser bunten Verpackungen mit den grauen Kassetten drin hervorkramten. Und wie es vor allem jedes Mal genau das Spiel war, das ich mir gerade am meisten gewünscht hatte. Was ich sagen will: Es geht mir mit Anlauf am Arsch vorbei, wenn irgendwer das jetzt pädagogisch fragwürdig oder materialistisch oder sonst was findet. Die Wünsche des anderen zu kennen, das ist Liebe. Ich wollte Ninja Turtles. Meine Eltern wussten’s. So!  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Knack!

Nur einmal, und beim Gedanken daran wird das flauschig warme Herz ganz kalt und starr, da ging das daneben. Auf die wirklich blödeste, banalste Art; und ich hasse mein noch nicht mal pickeliges, früheres Ich dafür, dass es so ein kleines, ekliges Würstchen war, das seine Enttäuschung nicht besser verbarg. Zumal es ja auch selbst schuld war! Denn woher, bitte, sollen Eltern denn wissen, dass es zwei verfluchte Formel-1-Spiele von Nintendo gibt, eines, bei dem man die Autos von hinten, und eines, bei dem man sie von oben sieht? Und woher sollen sie wissen, dass nur das erste das richtige ist? Dass es „F-1 Race“ und nicht „F-1 Spirit“ heißt? Und dass es ja auch nur das richtige ist, weil’s irgendein anderes verzogenes Sau-Kind hatte?  

Leider haben Kinder an sich selten ein Pokerface. Und ich gleich zehnmal nicht. Und selbst, wenn ich es gehabt hätte: In dem Moment, in dem ich das falsche Spiel aus der Tüte zog, machte es derart laut „Knack“ in meiner Brust, dass es durch den Raum gehallt haben muss und spitz von der Raufasertapete zurückgeworfen wurde. So laut, dass auch meine Eltern es hörten.  

Furchtbar. Furchtbar unfair auch. Aber damals bekam ich eine Idee davon, dass wenig so traurig ist, wie das falsche Geschenk. Nicht das überflüssige Notgeschenk, das eilig bei Aral mitgenommen wurde. Das ruft nur Gleichgültigkeit hervor. Aber nirgends klaffen Anspruch und Wirklichkeit beziehungsweise Absicht und Ergebnis so weit auseinander, wie bei einem ehrlich durchdachten Geschenk, das nicht gefällt. Weil es ja sagt: „Ich habe lange drüber nachgedacht, was dir gefallen könnte, was du gerne hättest, was du brauchst.“ Weil es im Nachfassen vor allem sagt: „Ich kenne dich. Ich weiß, wie du bist.“ Und weil es viel zu deutlich zeigt, dass das nicht stimmt.  

Der Sprung im dummen Kinderherz wurde ein paar Wochen später übrigens mit den richtigen Autos gekittet. Denen, die man von hinten sieht. Das Kind vergaß schnell. Man kann das in dem Alter noch. Wenn der Erwachsene heute aber daran zurückdenkt, wenn ihm bewusst wird, wie seine Eltern erst fragend dann traurig schauten ob des Fehlgriffs, für den sie ja nichts konnten, dann knackt gleich noch ein Donnerschlag durch den achten Stock des Glasturmes. Denn ein falsches Geschenk bricht ja auch das Herz des Schenkenden. Es ist sehr gefährlich, das alles.

Text: elias-steffensen - Illustration: katharina-bitzl

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