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„Geh doch einfach mal zum Arzt.“
Dieser Satz ist eine ziemlich elegante Art, jemandem zu sagen, dass man sein Jammern oder Husten nicht mehr hören kann. In Tateinheit mit dem Satz muss der Gesunde immer so tun, als ob es ihm wirklich schwer gefallen wäre, auf diese letzte aller Möglichkeiten zu kommen. Er wird also dem vermeintlich Kranken lange in die Augen sehen und dann mit einer Penatencreme -Stimme sagen: „Du, ich an deiner Stelle würde einfach mal zum Arzt gehen.“ Der Kranke muss daraufhin sehr dankbar und ermutigt nicken, obwohl er dabei doch niemals etwas anderes denkt also: Schönen Dank, für den saublöden Hinweis.
Denn mit nichts hadern wir als Kranke doch früher, als mit dem Gedanken, unsere Pusteln, Schwellungen oder die entzündete Fontanelle zum Doktor tragen zu müssen. Wir denken es schon bei der ersten kleinen Pustel und haben fortan Angst davor, uns irgendwann eingestehen zu müssen, dass es der entstandene Schaden oder die auftretenden Fehlfunktion diesmal nicht von selbst verschwinden. Diese Ungewissheit ist ja das eigentlich Unangenehme beim Kranksein. Männer heißt es immer in Frauenzeitschriften, wären Arztmuffel. Ich würde das anders ausdrücken, ich würde sagen wir Männer sind Immunsystem-Fans. Was haben wir mit dieser wunderbaren Selbstheilung nicht schon alles erlebt: Nachts vom Mofa vollspann in den Gartenzaun geschleudert und zum Sterben ins Bett geschleppt, morgens dann nur schnell die Krusten vom Kissen gefegt und gleich wieder lustig auf den Jahrmarkt. Oder mit Verdacht auf Hirnhautentzündung und Blutvergiftung ins Flugzeug gestiegen und mit einem Cola-Rum-Rausch und einer neuen Freundin in Sydney angekommen. Wir haben uns nie was anmerken lassen und wie durch ein Wunder haben die meisten Verletzungen und Krankheiten darauf reagiert wie bettelnde Hunde: Irgendwann sind sie wieder abgezogen.
Es fällt uns deswegen schwer, es nicht persönlich zu nehmen, wenn sich ein Zipperlein partout nicht schleichen möchte. Und fuchsig werden wir, wenn alle Welt dann mit dem Arzt ankommt, den man doch einfach mal besuchen soll. Einfach mal, als wäre ein Internist ein Drive-In-Automat! Herrgott, wir sind ja (in den meisten Fällen) nicht auf den Kopf gefallen, wir wissen, dass es Ärzte gibt und aus welchem Grund. Aber wir wollen den Satz nicht hören, weil er mit seinem neckischen „einfach mal“ so gar nicht zu der Schlacht passt, die wir mit uns vor einem Arztbesuch ausfechten müssten. Viel lieber wäre es uns, wenn die anderen sagen würden: „Och, da könnte ein Arzt jetzt auch nur schienen und eingipsen, wenn du dein Bein beim Fernsehen zwei Stunden lang hochlegst, kommt das doch auf’s Gleiche raus.“ Das würden wir sofort und sehr gewissenhaft beherzigen.