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"Eigentlich wollte ich heute Abend noch zum Sport."
In diesem Satz versteckt sich natürlich das, was in Moppel-Ich-Postillen immer noch gerne und zwinkernd der „innere Schweinehund“ genannt wird. Also jenes retardierende Moment, das uns Dinge, die wir tun sollten, nicht tun lässt wg. allgemeiner und vermutlich kosmischer Trägheit. Der Satz wird für gewöhnlich gegen Mittag in Telefonhörer gesprochen, mit jener bedauernden Stimmfarbe, die dem Gesprächspartner deutlich machen soll, dass „zum Sport“ durchaus eine ernst gemeinte Alternative gewesen wäre und wir ergo so eine Art vernünftiges Leben auf die Beine gestellt haben.
Wäre – weil im Moment in dem der Satz fällt, ist natürlich klar, dass wir heute Abend nicht zum Sport gehen, egal wie sehr wir die ganzen letzten Tage noch vorgaben zu wollen, wie oft wir uns selbst im Stillen darauf hingewiesen haben und der Umgebung ungefragt bestätigten, dass am Donnerstag endlich wieder „Sport“ sei. Ach, es tut so gut, irgendwo am Ende der Woche einen solchen „Sport“ mit sich zu tragen. Außerdem ist der Satz anerkanntes Gemeingut unter Erwachsenen – jeder hat irgendeinen „Sport“ oder ein „Training“ oder „Laufen“ oder „TaeBo mit Bändern“, das er eigentlich heute Abend noch wollte. In all diesen Fällen markiert der kleine Satz mit dem „Eigentlich“ die Wende, er ist der schmutzige Grenzstein zwischen braver Utopie und schmutziger Realität. Einmal ausgesprochen lassen wir bereitwillig alle Hoffnungen fahren, beziehungsweise die Wahrheiten zu, die vorher mühsam niedergekämpft wurden:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Klar haben wir eigentlich keine Lust, mit dem ranzigen Bus zum Fitnessstudio zu fahren. Klar hat es eigentlich letztes Mal in der Umkleide so komisch gerochen. Und klar ist dieser urbane „Sport“ doch eigentlich nur der Religionsersatz und ergo Opium fürs agnostische Volk. Dann doch lieber richtiges Opium! So denken wir und schon ist die Idee vom Sport heute Abend weit weg und wir nähern uns gedanklich rasend schnell den herrlichen Dingen, die vom Schweinehund erfunden wurden: Sofas, Bierhumpen und Schuhe davon schleudern ohne Schnürsenkel zu öffnen. All das aber, jeder müßig ausgelassene „Sport“ zahlt auf unsere höchsteigene BadBank ein, das wissen wir. Und nur daher resultiert dieses seltsame Wohlgefühl, wenn wir doch mal wieder dort waren, in der muffigen Umkleide. Einmal den Satz nicht gesagt, einmal nicht dem Bierhumpen nachgegeben, hurra, her mit der Moppel-Ich-Postille!
Text: max-scharnigg - Illustration: Katharina Bitzl