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"Pofalla beendet den Unterricht, nicht die Glocke!"

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Als Politiker muss man ziemlich vorsichtig sein. Jeder Satz, ja, jedes Wort, das man sagt, kann fatale Folgen nach sich ziehen. Klar, das war früher auch schon so, heute erreicht das Ganze aber eine nie gekannte Rasanz. Zwei Beispiele: Beim FDP-Parteitag im März in Berlin sagte Philipp Rösler in seiner Rede: "Deutschland ist das coolste Land der Welt." Es dauerte keinen Tag, schon bewiesen die Twitter-User unter dem Hashtag #ImCoolstenLandDerWelt das Gegenteil. Als Angela Merkel während Obamas Berlin-Besuch im Juni sagte "Das Internet ist für uns alle Neuland", folgten die Witze und Empörungen nur Minuten später unter dem Hashtag #Neuland.  

Nun geht es Ronald Pofalla so. Der Kanzleramtsminister äußerte sich am Montag im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestags zu den Vorwürfen der flächendeckenden Ausspähung Deutscher durch US-amerikanische und britische Geheimdienste. Für die Bundesregierung seien diese Vorwürfe entkräftet und "vom Tisch", sagte er. "Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung."  
"Vom Tisch", einfach so? Nach der Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ja der Begriff "Ausmerkeln" benannt, das Aussitzen einer problematischen Situation. Auch keine Lösung. Aber die Ausspäh-Affäre einfach als "vom Tisch" erklären? Da macht es sich der Politiker doch zu leicht. Und die Netzgemeinde, die ja oft etwas empfindlich reagiert und sich an Kleinigkeiten aufhängt, regt sich dieses Mal zu Recht auf.  

Zunächst konnte man Pofallas Ansprache am Montag unter dem Hashtag #pofalla verfolgen. Die Reaktionen auf sein "vom Tisch" waren wütend bis ausfallend, die Mem-Fähigkeit schnell erkannt. "#Pofalla erklärt die #NSA Affäre für beendet. Rofl", schrieb @Tillide, und @p1ddly: "Hiermit erkläre ich die Amtszeit von #Pofalla für beendet." Wenige Minuten später startete der Twitter-User @kindermann_r den Hashtag #pofallabeendetdinge mit diesen beiden Tweets:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Seitdem beendet der Kanzleramtsminister so einiges (dass er gar nicht wörtlich von "beenden" sprach, stört dabei niemanden). Die Olympischen Spiele, den Internet Explorer, die Mückenplage, die Beziehung. "Hiermit erkläre ich den Vormittag für beendet. Mahlzeit", schrieb @TurnieGC. In den Tweets geht es um Banales wie das Wetter oder die Arbeitswoche, die Pofalla doch beenden könnte, aber auch um Aktuelles und Kritisches wie "den Justizskandal #Mollath", Kinderarmut oder den Nahost-Konflikt.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Der Hashtag funktioniert, ähnlich wie #ImCoolstenLandDerWelt oder auch #Aufschrei, als Sammelstelle für den Unmut der User über das, was in der Politik oder der Gesellschaft diskutiert wird, geplant ist oder passiert. Das ist wichtig und im Fall von #pofallabeendetdinge oft sehr unterhaltsam. Es geht um die Diskussion über die Privatsphäre im Internet und den Veggie-Day, genauso wie um die Diätenerhöhung im Bundestag, die Verspätungen bei der Bahn und die Bahn-Angestellten, die vielleicht aus dem Urlaub zurückgeholt werden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Die Twitter-User lassen Pofalla auch viel Unsinn beenden. Die Star-Wars-Saga zum Beispiel, die Ausdehnung des Universums, die "Unendliche Geschichte" oder gleich die Unendlichkeit selbst. Der User @knarf_e schlägt vor: "Neu im App Store Pofalla Task Manager". Typischer Hashtag-Humor sind auch Serien- und Filmwitze, Anspielungen auf Jack Bauer aus "24" und "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" sowie den Film "Die Schlussmacher" fehlen auch bei Pofalla nicht. Insgesamt erinnert das Ganze sehr an die beliebten Chuck-Norris-Witze. Viele Tweets drehen sich sogar um Chuck Norris und Ronald Pofalla. 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

 

Ebenfalls über den Hashtag, auch auf Facebook, verbreitet sich der Tumblr "Pofalla beendet Dinge" (übrigens nicht sein erster), der den Kanzleramtsminister seit Montagabend Dinge als beendet, tot oder obsolet erklären lässt. Den Veggie-Day ebenso wie die Bundesliga ("Bayern ist und bleibt Meister") und die Schnapp-Schildkröte Lotti.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



In Wort und Bild funktioniert es noch besser, die Botschaft rüberzubringen, für die auch der Hashtag #pofallabeendetdinge steht: So einfach geht das nicht, Politiker! Oder, wie es @fsckflow getwittert hat:
"… und jetzt ist alles wieder gut, es war nichts und wir haben uns alle wieder lieb… ".

Text: kathrin-hollmer - Screenshots: Twitter, Pofallabeendetdinge.tumblr.com

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