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Feindliche Übernahme
Vergangenen Donnerstag erklärte ein Berufungsgericht in den USA den „Defense of Marriage Act (Doma) für verfassungswidrig. Das Gesetz von 1996 definiert eine Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau, diskriminiert also die gleichgeschlechtliche Ehe, obwohl diese in einigen Bundesstaaten zugelassen ist. Mit diesem Urteil wird es ein Stück wahrscheinlicher, dass sich irgendwann der oberste Gerichtshof der USA des Themas annehmen muss, um die unklare Gesetzeslage eindeutig zu machen.
Dieses Urteil am Donnerstag scheint ziemlich vielen Menschen nicht gefallen zu haben. Das zumindest legt eine Entwicklung auf Twitter nahe. Denn am Donnerstag tauchte irgendwann der Hashtag #SignsYoSonIsGay unter den Twitter-Trends auf, also den Themen, zu denen viele Menschen Tweets absenden. Die meisten davon waren abfälliger Natur, plumpe Witze mischten sich mit Klischees über Schwule und schwulenfeindlichen Äußerungen. Dass so ein Müll es unter die meistgenutzten Hastags schafft, ist erschreckend, denn es zeigt, dass es immer noch ziemlich viele homophobe Menschen gibt. Allerdings ist das nur der erste Teil der Geschichte dieses Hashtags. Und der zweite Teil ist wiederum ziemlich erfreulich.
Denn die Existenz und der Erfolg des homophobe Hashtags begann einige andere Twitter-User zu nerven. Unter die schwulenverachtenden Tweets mischten sich baldvereinzelte Gegenreden. Sie beschwerten sich über die homophoben Äußerungen, schrieben, dass es ihnen vollkommen egal wäre, wenn ihr Sohn schwul wäre, und äußerten Bedenken darüber, dass so ein Hashtag so viel Zuspruch erhält.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Und es blieb nicht bei einzelnen Zwischenrufen. Nach und nach kippte die Stimmung, die homophoben Tweets gerieten deutlich in die Unterzahl, ihre Engstirnigkeit wurde in immer neuen Kommentaren ironisch gebrochen und bloßgestellt.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Am Freitag war von der ursprünglichen Schwulenfeindlichkeit nichts mehr übrig. Der Hashtag war gekapert, erobert von denjenigen, die eigentlich die Opfer der Anfeindungen sein sollten, und ihren Unterstützern. Eine spontane digitale Gegendemonstration in 140-Zeichen-Form.
Etwas ganz Ähnliches ist erst vor kurzem passiert, als das Magazin Newsweek sein „Muslim Rage“-Titel veröffentlichte. Das Cover zeigte wütende Männer mit Bart und Turban und war wohl als provozierender Auflagengenerator gedacht. Die Newsweek-Redaktion erfand den Hashtag #Muslimrage und rief dazu auf, darüber zu diskutieren, ob und wie man diese Wut stoppen könnte. Binnen kurzer Zeit hatten Twitternutzer den Hashtag gekapert. Wieder war ein Diskurs aus der Bahn gerissen worden, die seine Urheber vorgesehen hatten. Es würde nicht mehr über Muslime diskutiert, die Muslime hatten sich selbst zu Wort gemeldet und die Diskussion an sich gerissen.
Das Netz macht es leicht, auch falsche oder fragwürdige Botschaften zu verbreiten. Zum Glück erleichtert das Netz auch Widerspruch. Der Hashtag #signsyosonisgay ist ein weiteres eindrucksvolles Beispiel, dass Schwarmintelligenz tatsächlich funktionieren kann. Wobei man in diesem Fall vielleicht eher von Schwarm-Zivilcourage sprechen müsste.
Text: christian-helten - Illustration: Torben Schnieber