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Der Ruf nach Gerechtigkeit

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Seit Montag haben sich bereits unzählige Leute mit Daisy Coleman und ihrer Freundin solidarisiert. Unter dem Hashtag #OpMaryville, der am 14. Oktober von Anonymous das erste Mal genutzt wurde, äußern sich seitdem Menschen aus der ganzen Welt. Sie sprechen über die Vorkommnisse im Januar 2013, als Daisy Coleman, 14, und eine Freundin, 13, von zwei 17-Jährigen, Matthew Barnett und Jordan Zech, aus dem Highschool Footballteam vergewaltigt wurden.

Doch mit dem Hashtag, der zur Solidarisierung aufruft, werden nun nicht nur die Opfer unterstützt, sondern auch die mutßamlichen Täter, die bis heute nicht vor Gericht standen, beschimpft. Auf Twitter kommt es zu wüsten Beleidigungen und Drohungen. Ein Aufschrei der Netzgemeinschaft, wie ihn beinahe jeder mitfühlende und aufgeklärte Mensch ausstoßen möchte, wenn er von der Tat hört. Doch der Twitterer Anonymous Operations geht noch weiter und nutzt die Plattform als digitalen Pranger. Er oder sie twittert die Usernamen der Jungen und auch Bilder von ihnen und wird von anderen Twitterern tatkräftig unterstützt. Die Accounts der beiden sind inzwischen gelöscht. Man könnte von einer Hetzjagd sprechen, vergleichbar mit dem Mordfall Lena in Emden, nach dem in den sozialen Netzwerken zur Selbstjustiz gegen einen mutmaßlichen Täter und Unschuldigen aufgerufen wurde.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Doch eben diesem Hass im Internet war auch Daisy Coleman ausgesetzt, nachdem bekannt wurde, dass sie Matthew Barnett angezeigt hatte. Sie wurde aus dem Cheerleader-Team geworfen, ihre Mutter entlassen, ihre Familie aus der Stadt vertrieben, das Haus angezündet und im Internet gegen sie gehetzt. Seit den Ereignissen hat sie zwei Mal versucht, sich umzubringen. Dennoch fand man auf Twitter bis vor Kurzem Sympathisanten der Vergewaltiger. Nun sind auch sie von der Plattform verschwunden, ihre Tweets nur noch als Screenshots zu finden. Besonders unter #jordanandmattarefree findet man diese Beiträge:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



#jordanandmattarefree wurde besonders in der Anfangszeit, als die beiden Jugendlichen gerade aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, von ihren Freunden genutzt. Man feierte ihre Rückkehr, ihre Straffreiheit, dass sie nicht einmal vor Gericht standen. Matthews Großvater ist State Representative. Jordans Familie besitzt eine große Firma, die für die Region wichtig ist. Im Internet wird darüber spekuliert, ob es wohl deshalb nie zu einem Prozess kam.

Die Twitter-Gemeinschaft scheint sich geradezu in diese Frage zu verrennen. Unter dem Hashtag, der eigentlich ein Zeichen der Solidarität werden sollte, um die Mädchen zu unterstützen, werden die Opfer augenscheinlich zur Nebensache: Viel häufiger wird das Rechtssystem und die Vetternwirtschaft kritisiert, die zwei Sexualverbrecher laufen lassen. Auch das ist ein ehrenwerter Gedanke, für den Anonymous eine Anleitung online gestellt hat. Aber trotzdem werden hier zwei Dinge ganz klar mit einander vermischt und nehmen den Opfern und ihrem Schicksal die Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Hilfe, die diese benötigen.

Außerdem ist es keine Lösung, private Telefonnummern zu veröffentlichen, und zum Telefonterror aufzurufen, Fotos online zu stellen und so die Chancen für Selbstjustiz zu erhöhen, nach der immer wieder auch auf Twitter gerufen wird. Diese Wut ist nicht produktiv. Sie nimmt dem Hashtag das Potenzial, Opfern sexueller Gewalt eine Stimme zu geben oder Solidarität zu zeigen.

Einen weniger üblen Beigeschmack hat der Hashtag #Justice4Daisy und die Facebookseite Justice for Daisy. Hier organisiert eine Frauenrechtsaktivistin seit Montag eine Demonstration. Über 600 Zusagen gibt es bereits. Die Menschen wollen sich vor dem Gericht in Maryville versammeln und mit Gänseblümchen, daisies, in den Händen gegen die Ungerechtigkeit demonstrieren, die den beiden Mädchen angetan und vom Staat „übersehen“ wurde.

http://www.youtube.com/watch?v=vFCrZSPw7Uc&feature=youtu.be

Text: johannes-drosdowski - Bild: Screenshots von Twitter

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