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Der einfachste Einkauf?
Die Menge an Bargeld, mit der man tagtäglich hantiert, wird immer kleiner. Das Online-Banking nutzt man mindestens genauso oft wie den Geldautomaten, die meisten Läden und Restaurants akzeptieren alle Karten, die man so zur Verfügung hat, und im Internet zahlt man ohnehin per Kreditkarte oder Bankeinzug oder nutzt Anbieter wie PayPal. Die Bezahlsysteme werden außerdem laufend weiterentwickelt. Zukunftsvisionen vom bargeldlosen Bezahlen per Handy werden immer wieder beschworen. Auch die Sozialen Netzwerke mischen mit. Auf Facebook zum Beispiel gab es bis zum Sommer des vergangenen Jahres die sogenannten „Facebook Credits", eine eigene Währung innerhalb des Netzwerks. Gerade wird ein Button eingeführt, der es ermöglichen soll, über Facebook Tickets für Veranstaltungen zu kaufen. Und jetzt hat auch Twitter einen Weg gefunden, Einkäufe über die eigene Plattform laufen zu lassen: In Kooperation mit der Kreditkartenfirma American Express besteht seit Montag die Möglichkeit, per Hashtag zu bezahlen.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Zur Zeit ist die Funktion nur für US-Kunden von American Express nutzbar. Diese müssen sich auf einer speziellen Seite des Kreditkartenanbieters einloggen und dort ihre Karteninformationen hinterlegen, die dann automatisch mit dem Twitteraccount verbunden werden. Der Amex-Twitter-Account veröffentlicht und retweetet Tweets mit Rabattaktionen, die man nutzen kann, indem man selbst den dazugehörigen Hashtag twittert – also zum Beispiel #BuyAmexGiftCard25, wenn man eine 25-Dollar-Geschenkkarte für 15 Dollar kaufen möchte. Demnächst sollen unter anderem ein Tablet und eine Digitalkamera angeboten werden.
Seit der Bekanntmachung der Kooperation am Montag freuen sich die Twitterer. In Verbindung mit dem Gift-Card-Hashtag fallen zuhauf Begriffe wie „cool", „awesome" und „nice deal". „Gotta give props Amex for being innovative on mobile payments!", schreibt @alvenmei. Ein Nutzer namens @Ali_Chap twittert (vielleicht begeistert, vielleicht ironisch): „Wait, stop! I can buy stuff with a # now? Oh Internet, my children won't believe we ever got on without you." Klar: Bezahlen per Hashtag wirkt im ersten Moment so leicht, als müsse man nur mit Finger schnippen und das Geld würde vom Konto abgebucht. Auf den zweiten Blick ist das System aber nicht unkomplizierter als andere online-Bezahlmethoden wie etwa PayPal. CNN beschreibt die Transaktion so: Nachdem man den Aktions-Hashtag getwittert hat, erhält man einen Bestätigungs-Tweet und wird aufgefordert, diesen wiederum zu twittern. Anschließend bekommt man eine Mail von Amex und muss anhand dieser innerhalb von 15 Minuten noch einmal den Kauf bestätigen. Wenn man sich umschaut, herrscht aber anscheinend noch etwas Verwirrung über den Ablauf: Spiegel Online erwähnt nur die Bestätigungs-Mail, Zeit Online nur den Bestätigungs-Hashtag – und das
und das Amex-Präsentationsvideo selbst tut so, als müsse man allein den ersten Schritt, das Twittern des Aktions-Hashtags, ausführen.
Wie auch immer es nun abläuft, am Ende stellt es für den Nutzer keine große Erleichterung dar. Außer natürlich, dass er Rabatte nutzen kann (am Ende aber vielleicht auch mehr davon wahrnimmt als er sich eigentlich leisten kann). Den größten Vorteil von der Kooperation haben Amex und die Shops, die an den Rabattaktionen beteiligt sind. Wenn Millionen Twitterer ihr angebotenes Produkt per Hashtag verbreiten, beziehungsweise transparent machen, dass sie es gut finden und kaufen, ist das die günstigste Werbung, die man sich vorstellen kann. Und Twitter wird daraus schließlich auch Profit schlagen können. Bisher hat das Netzwerk wenig Einnahmen über Werbetweets erwirtschaftet, weil es sehr schwer zu messen ist, ob eine solche Anzeige zu einem Kauf führt. Die Kooperation mit Amex sorgt für überprüfbare Verkaufszahlen, sodass Twitter in Zukunft eventuell an den Gewinnen beteiligt wird. Beide Unternehmen haben sich allerdings noch nicht zu den finanziellen Rahmenbedingungen ihrer Partnerschaft geäußert, berichtet das Wall Street Journal .
Während die ersten Nutzerreaktionen aus den USA ziemlich positiv ausfielen, schlägt man hierzulande gewohnheitsgemäß eher die Hände über dem Kopf zusammen oder gibt sich zumindest kritischer. „Datenschützer dürften entsetzt sein", mutmaßt pcwelt.de , „Will man seine Kreditkartennummer wirklich mit seinen Social Media-Accounts verknüpfen?", fragt eine Autorin von t3n . Ja, will man das? Natürlich verspricht Amex Sicherheit, indem man seine Daten auf einer externen Seite eingibt. Und ein Amazon-Konto ist auch nicht sicherer vor Hackern als eines bei Twitter. Aber was vielleicht kritischer zu sehen ist als die Verknüpfung der Kreditkarte mit dem Twitteraccount ist die Tatsache, dass man beim Kauf per Hashtag in die Welt ruft, was man gerade gekauft hat (geschützte Accounts können zum Beispiel gar nicht erst mit der Kreditkarte synchronisiert werden). Wenn man eines der Angebote annimmt, wird man augenblicklich von Shops und Unternehmen als Plakatwand benutzt und legt allen, die einem folgen, seinen Konsum offen. Wen das nicht stört, der kann sicher ein paar Schnäppchen machen. Aber eventuell verliert er auch ein paar Follower, die keine Lust auf Werbung haben."
Text: nadja-schlueter