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Der Bildungs-#Aufschrei
Gutes Lernen mit gutem Sex zu vergleichen ergibt, vorsichtig ausgedrückt, ein schiefes Bild, aber was tut man nicht alles, um schon mal vorab Werbung für ein neues Buch zu machen, schließlich heißt es doch: Sex sells. So etwas in der Art muss sich Richard David Precht gedacht haben. In der aktuellen „Zeit“, auf der er neben der Überschrift „Stellt die Schule auf den Kopf!“ als „Covermodel“ abgebildet ist, begründet er seinen Vergleich damit, dass es jeweils nicht ums Tempo und die Frequenz gehe, sondern um „Eindringlichkeit, die individuelle Variation und den nachhaltigen positiven Effekt auf unsere Psyche“.
Sex hin oder her, das Titelthema der „Zeit“ ist alles andere als provokant. Wieder eine Diskussion über Lernen fürs Leben, Noten und Sitzenbleiben, denkt man gleich, und am Ende werden noch die Schuluniformen wieder rausgekramt, über die man schon in der achten Klasse eine Erörterung schreiben musste. Und genauso kommt es in dem Interview und den zehn wichtigsten Thesen aus seinem neuen Buch, die der Philosoph dann auch noch auf einer weiteren Seite vorstellt. Aber zum Glück endet die Geschichte nicht mit einem enttäuschten Weiterblättern.
Noch bevor die Abonnenten ihre „Zeit“ im Briefkasten hatten, kam auf Twitter bereits die Antwort.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
So beginnt der Hashtag #brevolt (für Bildungsrevolution) am Mittwoch. „Eine Art #Aufschrei“ (unter dem Hashtag wurden vor kurzem Erfahrungen mit Sexismus gesammelt, mehr Informationen gibt es hier) soll es werden, schreibt der User @BildungsRevolte, und vor allem soll die Diskussion von denen geführt werden, die es betrifft: der jungen Generation.
Genau das tun die etwa 50 Schüler und Studenten, die sich bei der Initiative „Was bildet ihr uns ein“ engagieren und hinter dem Twitter-Account @BildungsRevolte stecken, schon seit 2012. Sie kritisieren wie Precht das deutsche Bildungssystem, aber aus ihrer und in dem Fall relevanten Sicht. Nachlesen kann man das in ihrem Buch „Was bildet ihr uns ein? Eine Generation fordert die Bildungsrevolution“, das im Sommer 2012 erschienen ist. Darin erzählen Schüler, Studenten und Promovierende in Selbstporträts von den Hürden, die ihnen im deutschen Bildungssystem begegnen und begegnet sind.
Das könnte unter dem neuen Hashtag fortgeführt werden, noch ist allerdings nicht besonders viel und vor allem nicht viel Neues zu finden, dafür zum Teil sehr konkrete Forderungen, zum Beispiel, das Kooperationsverbot im Grundgesetz abzuschaffen, damit der Bund den Ländern und Kommunen bei der Finanzierung von Bildung helfen kann, oder dass kulturelle, religiöse und sexuelle Diversität in den Schulen und Unterrichtsmaterialien ankommt. Eine Userin schlägt einen Rechtsanspruch auf muttersprachlichen Unterricht wie in Kanada vor. Manche kritisieren, dass in der Schule zu wenig politische Bildung vermittelt wird, und viele, dass in Deutschland die Bildung vom Elternhaus abhängig ist:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
An manchen Stellen geht die Idee mit dem Hashtag ganz gut auf: Wenn man sich die Tweets durchliest, merkt man, was Schüler und Studenten gerade ganz konkret beschäftigt: die knappen Master-Plätze, Massenseminare und Referatemarathons.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Und man erfährt, wie bei dem Abiturienten @Dominik_Hass, Vorsitzender der Jusos in Lüdenscheid, von ganz persönlichen Schwierigkeiten:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Solche persönlichen Ansichten wünscht man sich noch mehr unter diesem Hashtag oder auch unter den „Konkurrenten“ #Bildungsrevolution und #Bildungssystem. Und auch, dass Reaktionen kommen, wenn man Politikern wie Peer Steinbrück, die sich gerne und oft über Bildung äußern, entsprechend antwortet.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Unsere Forderung ist also im Mainstream angekommen“, steht in einem Aufruf auf dem Blog von „Was bildet ihr uns ein“. Da wäre schon mal eine Gemeinsamkeit zur Debatte, die der Hashtag #Aufschrei ausgelöst hat. #Aufschrei hat die Diskussion über Sexismus salonfähig gemacht. Ob aus #brevolt wirklich eine „digitale Bildungsrevolution“ wird, wie es in dem Eintrag heißt, werden wir noch sehen. Auf jeden Fall wäre es schön, wenn die Bildungsdebatte mal nicht aus der Sicht von Politikern (die JU hat sich nach dem „Zeit“-Aufmacher auch schon gemeldet), Lehrern oder Eltern geführt wird – und vor allem nicht von Pop-Philosophen.
Text: kathrin-hollmer - Foto: ohneski /photocase.com