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Ich bin der Picknicker
Illustration: heike-winter Die Bürgerlichen haben es sonntags nach der Kirche getan, die Adeligen haben es getan, wann immer sie Lust hatten, der Kanzler macht es mit seinem Kabinett: Picknicken. Damit auch du es bald tun kannst, eine kleine Anleitung zum perfekten Picknick. 1. Die Hardware Egal ob am See oder im Park, ein gutes Picknick findet unter einem Baum statt, im Schatten, wo der Käse nicht zerläuft und der Wein nicht so schnell betrunken macht. Bevor du die Köstlichkeiten einpackst, die du, deine Freunde und Heerscharen von Ameisen verspeisen werden, solltest du dich um die Hardware kümmern. Becher, Besteck und Teller, am besten für jeden Teilnehmer ein Set. Und nimm nicht das Meißener Porzellan von Mutti. Wenn ihr nach dem Essen mit den Tellern Frisbee spielt, ist sie sicher nicht begeistert. Das ganze packst du – schön in Küchenhandtücher gewickelt – ganz unten in den Picknickkorb. Hier empfiehlt sich das Dickdraht-Modell aus dem örtlichen Supermarkt: großes Fassungsvolumen, für nur einen Euro verfügbar und auch noch Rollen unten dran. 2. Die Software Das Wichtigste: Essen, und zwar in rauen Mengen. Fang am besten am Vorabend an, und brate für dich und deine sechs Gäste um die zwanzig Frikadellen. Schmecken auch kalt lecker und gehen immer weg. Neben diversen Brot- und Käsesorten solltest du auch eine bescheidene Auswahl an ungarischer Salami, spanischem Serrano-Schinken und französischer Gänseleberpastete haben. Klotzen, nicht kleckern. Pfeffer- und Salzmühle, verschiedene Senfe und Saucen runden die Vorspeise ab. Absolute Pflicht sind auch Nudel-, Kartoffel- und Blattsalat. Als Nachtisch empfiehlt sich ein Obstsalat aus frischen Sommerfrüchten, vielleicht noch etwas Mousse au Chocolat. 3. Zum Runterspülen Getränke nicht vergessen! Freunde des bodenständigeren Picknicks (einen Kasten Bier und eine Packung Kippen) werden zwar meckern, wenn du die erste von sechs Flaschen leichten, spritzigen Weißweins öffnest, doch nichts anderes macht mittags bei der Hitze so angenehm blöd im Kopf. Wenn alle etwas angeschäkert sind, legst du mit einem oder fünf schweren Roten nach – dann wird bald gedöst und verdaut werden. 4. Nicht noch mal heim laufen Picknickdecke nicht vergessen! Hier empfiehlt es sich, nicht das schicke Kaschmere-Modell zu nehmen, auch wenn es so flauschig ist. Echten Profis nehmen isolierbeschichtete Picknickdecken mit Karo-Muster, wie es sie inzwischen fast überall zu kaufen gibt. Die sind zwar nicht so weich, dafür perlt aber jede Art von Schmutz machtlos an ihnen ab. 5. Reviermarkierung Die Vögel machen es vor, du machst es nach. Damit du auch am Wochenende ungestört mit deinen Freunden im Park picknicken kannst, solltest du euer Revier markieren. Hol den Monster-Ghetto-Blaster aus den 80ern vom Speicher. Der frisst zwar Batterien wie du bald Buletten, dafür kannst du dir sicher sein, die Wiese allein zu haben, wenn AC/DC in voller Lautstärke den „Highway to Hell“ empfehlen. 6. Nachbereitung Hast du doch einen Sonnenbrand bekommen? Haben dich Mücken und Ameisen zerbissen? Ist alles aufgegessen? Hat sich dein Kopf angefühlt, als würde er zerplatzen, als du von deinem Verdauungsschläfchen aufgewacht bist? Haben sich alle deine Freunde inzwischen aus dem Staub gemacht, ohne die vereinbarten fünf Euro für das Picknick beizusteuern? Dann hast du alles richtig gemacht. Jetzt schnell alle Schüsseln, Teller und Essensreste in den Einkaufswagen schmeißen und ab nach Hause. Halt! Müll nicht vergessen! Wir sind nur zu Gast bei Mutter Natur.