Als Hilfe durch den Orthographiedschungel haben wir die zehn häufigsten Irrtümer richtiggestellt, die durch Reform und Reform der Reform entstanden sind.
1. Richtiggestellt schreibt man doch auseinander.
Stimmt. Noch. Die Empfehlungen des Rechtsschreiberats sagen aber, dass zusammengeschrieben wird, wenn Adjektiv und Verb miteinander eine neue Bedeutung ergeben, die sich nicht aus den Teilen erschließen lässt. Das Gleiche gilt auch für krankschreiben, schwerfallen und freisprechen.
2. Verbindungen aus einem Verb und einem Wort, das -einander oder -wärts enthält, werden immer auseinander geschrieben (z.B. auseinander schreiben).
Hier gehen die neuen Vorschläge einen anderen Weg und setzen auf den Wortakzent als Kriterium: Wenn die Betonung auf dem Verb liegt, schreibt man in zwei Wörtern (aufeinander achten), wenn sie auf dem Partikel liegt, in einem (abwärtsfahren).
3. Vor und muss man doch nie ein Komma setzen.
Die Konjunktion und erzwingt zwar kein Komma - aber es ist gut möglich, dass davor gerade ein Nebensatz aufgehört hat, und dann muss ein Komma gesetzt werden. Zum Beispiel hier: Es ist gut möglich, dass davor gerade ein Nebensatz aufgehört hat, und dann muss ein Komma gesetzt werden.
4. Vor Infinitiven muss auch kein Komma stehen.
Hier heißt es ebenfalls: Manchmal schon. Nämlich dann, wenn der Infinitiv durch ein Wort angekündigt wird (Ich denke daran, dir ein Geschenk mitzubringen.) oder von einem Substantiv abhängt (Wir haben nur einen Versuch, ein Tor zu schießen.). Der Rechtschreibrat ergänzt jetzt: Das Komma soll auch verpflichtend werden, wenn der Infinitiv mit um, ohne, statt, anstatt, außer, oder als eingeleitet wird.
5. Ich schreib' einfach alles mit zwei s. Eszett gibt es nach den neuen Regeln doch gar nicht mehr.
Gibt es wohl, auch wenn man es dem internationalisierten E-Mail-Verkehr nicht mehr anmerkt. Trotzdem ist es wichtig, ob du mit den Kumpels an der Theke über die Maße deiner Traumfrau redest oder über ihre Masse.
Die Regel in der Kurzfassung: Ist der s-Laut stimmhaft, schreibt man einfaches s. Ist er stimmlos, schreibt man nach langen Vokalen und Doppelvokalen ß, nach kurzen Vokalen doppeltes s. Einzige Ausnahme, bei der das Buckel-s nie benutzt wird: Wenn man alles in Großbuchstaben schreibt. Dann sieht ein kleines ß dazwischen nämlich blöd aus.
6. Orthographie, Orthografie: Bei den meisten reformierten Wörtern sind doch sowieso mehrere Schreibweisen erlaubt.
Manchmal wird man aber auch gezwungen: Stop heißt jetzt immer Stopp, Tip immer Tipp und das As aus Skat und Tennis heißt jetzt Ass. Auch Neuschreibungen aufgrund der Wortabstammung sind verpflichtend: Es muss Gräuel heißen und Stängel, der Plural von Gams ist Gämse.
7. Eingedeutschte Anglizismen schreibe ich klein und mit Bindestrich.
Bei zusammengesetzten Wörtern wie High Society, Electronic Banking oder New Economy müssen beide Wortteile großgeschrieben werden. Die Frage der Zusammenschreibung legen die Experten jetzt über die Betonung fest: Liegt der Hauptakzent auf dem adjektivischen Bestandteil, darf man zusammenschreiben (Softdrink, Hightech).
8. Ich trenne Wörter sowieso nie, also sind mir die Regeln für Wortrennung egal.
Problem nur: Wenn man doch mal möglichst viel Text auf wenig Platz unterbringen will, muss man trennen. Und dann hat man plötzlich keine Ahnung mehr, wo es erlaubt ist und wo nicht. Getrennt wird natürlich so, wie sich die Wörter bei langsamem Sprechen in Silben zerlegen lassen: eu-ro-pä-ische.
Wenn zwischen zwei Silben, die man trennen möchte, mehrere Konsonanten stehen, kommt immer der letzte und nur der letzte Konsonant in die neue Zeile. Also nicht hüpf-en, sondern hüp-fen. Die Reformatoren der Reform ergänzen jetzt, dass keine einzelnen Vokale abgetrennt werden dürfen: E-sel und A-bend sind also wieder verboten. Außerdem soll im Regelwerk stärker betont werden, dass irreführende Trennungen nicht erwünscht sind: Lieblingsformulierungen Pubertierender wie Urin-stinkt und Anal-phabet sollen also aus dem Schriftbild ebenso verschwinden wie Spargel-der und Altbauer-haltung.
9. Adjektive vor Nomen muss man nach den neuen Regeln immer kleinschreiben, auch wenn es feste Wendungen sind.
Nein, folgt man den neuen Empfehlungen, darf man bei Verbindungen mit ganz eigener Bedeutung das Adjektiv wieder großschreiben, zum Beispiel das Schwarze Brett, den Weißen Tod, die Rote Karte beim Fußball und die Erste Hilfe am Unfallort. Immer großgeschrieben werden mussten feste Wendungen wie der Regierende Bürgermeister oder der Technische Direktor.
10. Meine brieflichen Liebesbekundungen haben gar keinen Erfolg mehr, seit ich das du kleinschreiben muss: Ich liebe dich sieht einfach nicht schön aus.
Deswegen wurde in den Empfehlungen zur Reform der Reform auch beschlossen, dass die Großschreibung von du, dich, dir und dein als Anrede in Briefen wieder erlaubt werden soll.