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Der Lift-Horror

Illustration: Daniela Rudolf

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Lebensaufgabe Sozialkompetenz! So wichtig wie Wasser und Brot, so kompliziert wie eine Operation am offenen Herzen. In der Serie "Hilfe, Menschen!" berichten wir von unseren Sozialphobien. Heute: Die Aufzugfahrt.

Der Weg ins Büro jeden Morgen ist schon schlimm genug: Ich stehe zu spät auf, muss deshalb gestresst den heißen Kaffee runterkippen und hetze zum vollen Bus. Aber das alles ist nichts im Vergleich zu der Herausforderung, die mich gleich zu Beginn jedes Arbeitstags im Bürogebäude erwartet: der Aufzug.

Der Aufzug könnte ein schöner Ort sein. Eine magische Kabine, die mich ohne Anstrengung in den achten Stock bringt. Ein Ort, an dem ich noch einmal tief durchatmen kann, bevor der Alltagsstress losgeht. Und ein Ort, an dem ich mich noch einmal genau im Spiegel betrachten kann, bevor ich auf meine Kollegen treffe. Aber das ist er nicht. Denn die Fahrten laufen meistens so ab:

Zehn Menschen stehen bereits im Lift. Wenn sich die Tür öffnet begrüßen sie mich mit einem kollektiven „Servus!“. „Einer geht noch“, sagt der Mann, der am nächsten bei der Tür steht. Damit meint er mich und meinen zweifelnden Blick, als ich überlege, ob ich noch einsteigen soll. Ich dränge mich in die Kabine. Weil sie so voll ist, stehe ich wie erstarrt da und kann weder meine Arme noch meine Beine bewegen. Im Aufzug ist es so eng, dass sich die dicke Jacke der Frau hinter mir an meinem Rücken reibt und meine Haare dadurch elektrisch aufgeladen werden. Der Schirm des Mannes neben mir tropft einstweilen auf meine Schuhe. Ich versuche auch, meinen Kopf stillzuhalten, um den anderen Leuten nicht meine Haare ins Gesicht zu werfen. Ich fühle mich, als wäre ich gefangen.

Im zweiten Stock folgt dann der erste Zwischenstopp. „Jetzt wird es kuschelig“, sagt eine Dame zu den „Neueinsteigern“. Bei jedem Stockwerk folgt ein Kommentar, dazwischen wird übers Wetter geredet. Die anderen lachen und nicken. So geht das die ganze Fahrt lang weiter, bis wir endlich im achten Stock angekommen sind und ich wieder aussteigen kann. Die Menschen im Aufzug sind ja alle nett – in der Caféteria würde ich jederzeit mit ihnen plaudern wollen. Doch bei so vielen Menschen auf engem Raum fühle ich mich einfach schnell unwohl. Deswegen ist die Aufzugfahrt doppelt schlimm: Es geht mir nicht gut, weil alles so beengt ist und zusätzlich fühle ich mich schlecht, weil ich nicht mit den anderen Smalltalk führen möchte.

Auch meine Vermeidungsstrategie, mit Kopfhörern einzusteigen und Musik zu hören, hilft nicht. Viele Mitfahrer fangen trotzdem an zu reden. Das macht die Fahrt noch unangenehmer. So muss ich erst einmal die Musik stoppen und die Kopfhörer aus den Ohren nehmen, nur um auf meine Nachfrage hin zu hören: „Brr, heute ist es aber kalt.“

Zu Hause ist Aufzug fahren auch nicht besser. Die Kabinen sind kleiner und enger, in manchen Häusern hat man schon zu zweit zu wenig Platz. Man kommt dem Nachbarn aus dem vierten Stock viel zu nahe und versucht, Blickkontakt zu vermeiden. Wenn man einander doch unabsichtlich in die Augen schaut, muss man schnell etwas Unverfängliches sagen. Einerseits soll daraus keine längere Diskussion über die Hausordnung entstehen, andererseits muss das Gesprächsthema bis in den letzten Stock ausreichen. Fällt einem kein passendes Thema ein, steht man schweigend da, lächelt einander verlegen an und spielt Fahrstuhlmusik im Kopf ab.

Es gibt einfach keine gute Art, gemeinsam mit anderen Leuten im Lift zu stehen. Weder Smalltalk noch Schweigen macht die Fahrt mit dem Aufzug angenehm. Die einzige Möglichkeit um dieser Situation auszuweichen, ist, die Treppe zu nehmen. Das ist ohnehin viel gesünder. Und wenn man einmal alleine im Lift ist, drückt man einfach heimlich den „Tür-zu“-Knopf, bevor jemand anders die Chance hat, noch einzusteigen. Hoffentlich hat das dann niemand gesehen.

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